Ein Feuer Auf Der Tiefe
Geruch in der Luft. Zu ihrer Linken lagen ein winziger Wasserfall und ein Pfad, der ins Tal hinab führte – der Pfad, den ihr Besucher zu benutzen sich bereit erklärt hatte. Ackerland nannte Wanderer den Talgrund. In Ravnas Augen war es ein ungeordnetes Chaos. Die Klauenwesen bauten verschiedene Pflanzen zusammen auf denselben Feldern an, und sie sah keine Zäune, nicht einmal, um Wild zurückzuhalten. Hier und da standen Holzhütten mit steilen Dächern und nach außen gekrümmten Wänden – wie man es in einem Gebiet mit schneereichen Wintern erwarten konnte.
»Eine ziemliche Meute da unten«, sagte Pilger.
Ihr kam es nicht eng vor: kleine Klümpchen, jedes ein Rudel, jedes deutlich von den anderen getrennt. Sie sammelten sich um die Hütten. Andere waren über die Felder verstreut. Holzschnitzerins Soldaten standen entlang der kleinen Straße, die das Tal durchquerte.
Sie fühlte, wie sich neben ihr Pilger spannte. Ein Kopf streckte sich an ihrer Hüfte vorbei, zeigte nach vorn. »Das muss er sein. Ganz allein, wie versprochen. Und…« – ein Teil von ihm schaute durch ein Fernrohr – »also das ist eine Überraschung.«
Ein einzelnes Rudel kam langsam die Straße entlang, an Holzschnitzerins Wachen vorbei. Es zog einen kleinen Wagen – der anscheinend eins von seinen Gliedern enthielt. Einen Krüppel?
Die Bauern strömten an die Feldränder und gingen neben dem einzelnen Rudel her. Sie hörte das Kollern der Klauensprache. Wenn sie laut sein wollten, dann konnten sie sehr, sehr laut sein. Die Soldaten bewegten sich, um jeden Einheimischen zurückzutreiben, der sich der Straße zu weit näherte.
»Ich denke, sie sind uns dankbar?« Von allem, was sie seit der Schlacht gesehen hatte, kam dies der Gewalt am nächsten.
»Sind sie auch. Die meisten von ihnen schreien nach Flensers Tod.«
Flenser, Schneider, das Rudel, das Jefri Olsndot gerettet hatte. »So sehr können sie ein einziges Rudel hassen?«
»Lieben und hassen und fürchten, alles zugleich. Seit mehr als einem Jahrhundert sind sie unter seinem Messer gewesen. Und nun ist er hier, halb verkrüppelt und ohne seine Soldaten. Und dennoch haben sie immer noch Angst. Da unten gibt es genug Bauern, um unsere Wachen zu überwältigen, aber der Druck ist nicht besonders groß. Dies war Flensers Reich, und er hat es behandelt, wie ein guter Bauer vielleicht seinen Hof behandelt. Schlimmer, er hat die Leute und das Land als eine Art gewaltiges Experiment behandelt. Nach dem, was ich im Datio lese, ist er ein Ungeheuer, das seiner Zeit voraus ist. Da draußen gibt es manche, die immer noch für ihren Herrn töten würden, und niemand weiß sicher, wer sie sind…« Er hielt eine Weile inne und beobachtete nur.
»Und weißt du, was der Hauptgrund für ihre Furcht ist? Dass er so ganz allein hierher kommt, so weit entfernt von aller Hilfe, die wir ausmachen können.«
So. Ravna schob Phams Pistole am Gürtel nach vorn. Es war ein grobschlächtiges, aufdringliches Ding – und sie war froh, sie zu haben. Sie blickte nach Westen zur Verborgenen Insel hin. Die ADR war sicher auf den Zinnen der Burg dort gelandet. Wenn Grünmuschel das Programm nicht grundlegend ändern konnte, würde das Schiff nie wieder fliegen. Und Grünmuschel war in dieser Frage nicht zuversichtlich. Doch sie und Ravna hatten die Strahlenkanone in einer der Frachtkammern aufgebaut, und deren Fernsteuerung war einfach und todsicher. Flenser mochte seine Überraschungen haben, Ravna aber auch.
Das Fünfsam verschwand unterhalb des Hangs.
»Es wird noch eine Weile dauern«, sagte Pilger. Einer von seinen Welpen stand auf seinen Schultern und lehnte sich an Ravnas Arm. Sie grinste: ihre private Informationsquelle. Sie hob ihn hoch und legte ihn sich auf die Schulter. Die übrigen von Wanderer setzten sich hin und hielten erwartungsvoll Ausschau.
Ravna schaute nach den anderen vom Gefolge der Königin. Holzschnitzerin hatte links und rechts von sich Armbrustrudel postiert. Flenser würde direkt vor ihr und ein weniger tiefer sitzen. Ravna schien es, als bemerkte sie Nervosität bei Holzschnitzerin. Die Glieder leckten sich immerzu die Lippen, wobei die schmalen rosa Zungen mit schlangengleicher Geschwindigkeit heraus und hinein schnellten. Die Königin hatte sich wie für ein Gruppenporträt aufgebaut, die größeren Glieder hinten und davor aufrecht sitzend die beiden kleinen. Ihre meisten Blicke schienen auf die Lücke in der Geländekante gerichtet zu sein, wo der Pfad von unten her
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