Ein feuriger Verehrer
wirklich attraktiv gewesen.
Sie hatte nach wie vor eine ansprechende Figur, um den Mund und ihre Augen herum jedoch hatten sich tiefe Falten in die Haut gegraben, ihr Ausdruck war verbittert, und sie hatte schlecht geschnittenes, ungepflegtes, graues Haar.
»Sie lebt in Maine.« Eve spitzte nachdenklich die Lippen. »Allein und ohne Anstellung. Bekommt eine Pension als professionelle Mutter. Ich wette, um diese Zeit des Jahres ist es in Maine entsetzlich kalt.«
»Am besten ziehst du also lange Unterhosen an.«
»Ja. Aber es dürfte sich lohnen, ein bisschen zu frieren, wenn ich dafür mit Monica sprechen kann. Wo stecken die Kinder?«
Roarke rief die Informationen auf, und Eve zog überrascht die Brauen in die Höhe. »Sie werden für tot gehalten. Alle beide? Vermutlicher Todestag identisch? Darüber brauche ich noch mehr.«
»Eine Sekunde. Sicher fällt dir auf«, fügte er, während er ein paar Knöpfe seines Keyboards drückte, in ruhigem Ton hinzu, »dass sie angeblich am selben Tag gestorben sind, an dem James Rowan getötet worden ist.«
»Am 8. Februar 2024. Das habe ich gesehen.«
»Durch eine Explosion. Anders als öffentlich behauptet wurde, hat jedoch nicht er selbst, sondern das FBI sein Haus in die Luft gesprengt.« Er hob den Kopf und sah Eve stirnrunzelnd an. »Es steht alles hier in der Akte – der genaue Zeitpunkt, die auf den Job angesetzte Einheit und die Erlaubnis, ihn zu töten. Sieht aus, als hätte er in jener Stunde seine beiden Kinder bei sich im Haus gehabt.«
»Willst du mir etwa erzählen, das FBI hätte in dem Bestreben, ihn zu eliminieren, auch gleich zwei Kinder mit umgebracht?«
»Rowan, seine Kinder, die Frau, die er sich als Geliebte genommen hatte, einen seiner Topleute und drei andere Mitglieder von Apollo.« Roarke stand auf, trat vor den AutoChef und bestellte zwei weitere Tassen dampfend heißen Kaffee. »Lies die Akte, Eve. Sie haben ihn gesucht. Sie machten Jagd auf ihn, seit seine Gruppe die Verantwortung für die Bombardierung des Pentagon übernommen hatte. Die Regierung wollte, dass er dafür bezahlt, und hat in ihrem Zorn keine Gefangenen gemacht.«
Er hielt ihr die frische Kaffeetasse hin. »Er war untergetaucht und wechselte die Unterschlupfe genauso oft wie seinen Namen und, wenn nötig, sein Gesicht.« Roarke stellte sich hinter sie, und gemeinsam lasen sie die Akte durch. »Er schaffte es tatsächlich noch, seine Videos zu drehen und anschließend zu senden. Über mehrere Monate hinweg war er seinen Verfolgern immer ein, zwei Schritte voraus.«
»Mit seinen Kindern«, murmelte sie.
»Angeblich hatte er sie stets dicht in seiner Nähe. Dann hat das FBI ihn schließlich entdeckt, das Haus umstellt und ihn erledigt. Sie wollten ihn aus dem Verkehr ziehen, um seiner Gruppe dadurch das Rückgrat zu brechen. Genau das ist ihnen gelungen.«
»Dabei hätten sie auch anders vorgehen können.«
»Ja.« Er zuckte resigniert die Achseln. »Aber in einem Krieg wird an die unschuldigen Opfer nur sehr selten gedacht.«
Warum hatten sie sich nicht bei ihrer Mutter aufgehalten?, war der erste Gedanke, der Eve durch den Kopf ging, bevor sie sich die Frage stellte, was sie selbst von Müttern wusste. Schließlich hatte ihre eigene Mutter sie in den Händen des Mannes gelassen, von dem sie während ihrer Kindheit ständig geschlagen, missbraucht und vergewaltigt worden war.
Ob die Frau, die sie geboren hatte, wohl ebenso verbittert ausgesehen hatte wie die Frau auf dem Bildschirm? Ob sie ebenso verhärtet und verhärmt gewesen war?
Aber weshalb stellte sie sich diese Fragen überhaupt?
Sie verdrängte den Gedanken an ihre eigene Mutter und trank, um sich zu stärken, einen Schluck Kaffee. Doch zum allerersten Mal hatte diese wunderbare Bohnenmischung einen leicht bitteren Geschmack.
»Rache«, sagte sie. »Wenn der Tüftler Recht hatte und Rache eins der Motive unserer Täter ist, könnte hier die Wurzel dafür liegen. ›Wir sind loyal‹«, murmelte sie. »Dieser Satz fand sich bisher in jeder Botschaft, die uns übermittelt worden ist. Loyal gegenüber Rowan? Gegenüber der Erinnerung an ihn?«
»Klingt zumindest logisch.«
»Henson. Feeney hat gesagt, dass einer der Topleute von Apollo ein Mann namens William Henson gewesen ist. Haben wir vielleicht eine Liste aller derer, die gestorben sind?«
Roarke rief die Liste auf. »Gütiger Himmel«, entfuhr es ihm bei ihrem Anblick. »Das sind ja Hunderte.«
»Nach allem, was man mir erzählt hat, hat die
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