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Ein fremder Feind: Thriller (German Edition)

Ein fremder Feind: Thriller (German Edition)

Titel: Ein fremder Feind: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Isringhaus
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Lager. Wieder übersetzte Greiner.
    »Sie decken unsere Ausrüstung und den Proviant ab. Wenn ein Indianer irgendetwas sieht, was ihm gefällt, will er es unbedingt haben, sagen sie. Das könnte dann Ärger geben.«
    Der Indio hatte inzwischen am Ufer angelegt und stieg aus dem Einbaum. Er gab seinem bellenden Köter einen Klaps auf den Kopf. Das Tier verstummte. Hansen musterte den ersten echten Indianer seines Lebens aus der Nähe. Er war relativ klein, dabei aber stämmig, mit deutlich konturierten Muskeln und einer Haut wie aus Bronze. Die glatten schwarzen Haare fielen ihm bis über die Schultern, seine Haltung war die eines stolzen Kriegers. Misstrauisch begutachtete er aus schmalen Augen die merkwürdige Gesellschaft, auf die er so unverhofft gestoßen war.
    »Riecht ihr den Prachtkerl? Streng, würde ich sagen, aber nicht unangenehm«, sagte Schulz-Kampfhenkel zu Greiner und Hansen, während er den Indio anlächelte. Hansen war der Geruch schon aufgefallen, aber im Gegensatz zu seinem Chef wurde ihm leicht übel. Der Indianer brauchte mal ein richtiges Bad. Mit dem Schlammwasser des Jary allein war es nicht getan.
    Schulz-Kampfhenkel nickte höflich und machte eine einladende Geste zum Lager hin. Der Indio ließ sich nicht zweimal bitten und marschierte los, der restliche Trupp hinterher. Im Lager hatten die Caboclos einen Stuhl am Feuer bereitgestellt. Schulz-Kampfhenkel führte seinen Gast dorthin und bot ihm – wichtigtuerisch, wie Hansen fand – den Platz an. Der Indio setzte sich, seinem Gesichtsausdruck nach weiter skeptisch. Alle anderen hockten sich auf Kisten.
    »Gebt ihm etwas zu trinken und schmeißt ein Stück Hirschfleisch in die Pfanne«, ordnete Schulz-Kampfhenkel auf Portugiesisch an. »Raimundo, du versuchst, etwas aus ihm herauszubekommen. Frag ihn, wo er herkommt und wo er hinwollte.«
    Raimundo war der einzige der Caboclos, der einige Brocken Tupi beherrschte, die in dieser Region verbreitete Indianersprache. Er wechselte ein paar Worte mit dem Besucher. Während der Indio redete, blickte er wiederholt in die Runde und taxierte die Männer. Als wolle er unsere Stärke beurteilen, dachte Hansen. Raimundo gab dem Indianer zu verstehen, dass er das soeben Gehörte übersetzen wollte. Der Caboclo richtete das Wort an Schulz-Kampfhenkel.
    »Er sagt, er ist vom Stamm der Aparai und allein unterwegs. In seinem Dorf würde niemand mehr leben. Ein böser Geist, Furuparn, habe alle getötet, Frauen und Kinder.«
    Hansen glaubte der Rothaut kein Wort. Wahrscheinlich pirschte sich bereits eine Horde dieser Wilden heimlich an ihr Lager heran. Der Kerl hier sollte sie nur ablenken. Auch Greiner vermutete offensichtlich eine List. Während er seine Bedenken auf Deutsch formulierte, lächelte er den Indianer an.
    »Für mich hört sich das komisch an. Das könnte eine Falle sein. Vielleicht ist der Bursche ein Späher, und irgendwo weiter oben auf dem Fluss lauert ein ganzer Trupp von denen.«
    Einige der Caboclos teilten Greiners Befürchtungen. Niemand im Lager traute dem Indio, der ab und zu verlegen grinste, zumeist aber ausdruckslos dreinblickte. In Schulz-Kampfhenkel arbeitete es, das war deutlich zu sehen. Er brauchte die Hilfe dieses Indianers mehr als alles andere und wünschte sich mit jeder Faser seines Körpers, dass er es nicht mit einem Feind zu tun hatte. Als hätte der Indio verstanden, dass über ihn geredet wurde, sprang er plötzlich auf und ging zielstrebig zum Ufer, auf sein Kanu zu. Schulz-Kampfhenkel rannte hinterher und machte den Umstehenden dabei Zeichen, die Hansen als »Nun tut doch was!« interpretierte. Nur noch wenige Sekunden, und der Wilde könnte auf Nimmerwiedersehen verschwunden sein. Aber die Aufregung war umsonst. Der Indio lüpfte die Bastmatte seines Einbaums, zog ein Bananenbündelhervor, riss eine Frucht nach der anderen ab und überreichte sie den bedröppelt dastehenden Männern. Schulz-Kampfhenkel reagierte sofort, begriff die einmalige Chance, die sich ihm bot. Forsch hakte er sich bei dem Indianer unter und führte ihn zurück ins Lager, direkt zu einer mit einer Zeltplane überdachten Hütte. Hansen und Greiner folgten, einige der Caboclos im Schlepptau. Schulz-Kampfhenkel holte eine Kiste hervor und öffnete sie. Der Indio starrte wie versteinert auf den Inhalt. Hansen meinte, in den Augen des Indianers ein gieriges Glitzern zu sehen. Wie leicht diese Primitiven zu ködern waren. Ein paar billige Äxte und Messer, Hunderte bunte Glasperlen, Spiegel und

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