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Ein Freund aus alten Tagen

Ein Freund aus alten Tagen

Titel: Ein Freund aus alten Tagen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Magnus Montelius
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Geständnis ein verzweifeltes Ammenmärchen war. Widerwillig holte er nun den Kassettenrekorder heraus, es gab keinen anderen Weg. Schweigend lauschten sie Sjöhages Bekenntnis, und der stellvertretende Chefredakteur verriet mit keiner Miene, was er dachte. Als Meijtens den Kassettenrekorder ausgeschaltet hatte, lehnte Andersson sich zurück.
    »Du hast bestimmt eine wirklich gute Erklärung dafür, dass davon nichts in deinem Artikel steht.«
    Als Meijtens zu einer Antwort ansetzte, hob Andersson abwehrend die Hand.
    »Lass mich selbst versuchen, es zusammenzufassen. Du meinst, er hat das alles erfunden, um seine Chefs zu schützen. Aus Gründen, die wir nicht verstehen. Das liegt ja auf der Hand, weil es sonst nicht zu den Theorien über die Verwicklung des Stadtrats passt, die du hier in der Redaktion in den letzten Wochen verkauft hast. Ich korrigiere: in den letzten Monaten. Deshalb beschließt du, seine Äußerungen zu ignorieren, und schreibst den Artikel so, wie er deiner Meinung nach immer schon geschrieben werden sollte.«
    Bertil Andersson senkte die Stimme. Sie war jetzt trügerisch sanft.
    »Aber erst gehst du ein paar Stunden lang dem Unfalltod irgendeines Albaners nach, statt deinen Chef mit dem zu behelligen, was passiert ist. Glaub mir, das wird noch ein Nachspiel haben.«
    Der stellvertretende Chefredakteur stand auf und ging zu der Glaswand, die sein Büro vom Redaktionsgewimmel trennte. Sie schwiegen beide eine ganze Weile.
    Meijtens verschränkte die Arme und lehnte sich zurück. »Er ist nicht korrupt, das weiß ich.«
    Bertil Andersson ließ weiter den Blick über die Redaktion schweifen. Er war wie Chefredakteur Sverker Rydman und mehrere andere Journalisten der Redaktion von der Tageszeitung der Muttergesellschaft hierhergewechselt. Die langsamen Bewegungen seines massigen Körpers und die gedankenverlorenen Wanderungen seines blassblauen Blicks sprachen Bände darüber, wie bitter er es bereute, sich auf dieses neue Projekt eingelassen zu haben.
    »Ich weiß genau, wie das ist. Man folgt ihnen wochenlang, lernt sie kennen. Natürlich sind sie nicht automatisch Schurken, nur weil sie sich persönlich bereichert haben. Aber es ist nicht unser Job, sie freizusprechen oder zu verurteilen, sondern nur, darüber zu berichten, was wir wissen.«
    »Und ich weiß, dass es nicht so einfach ist.«
    Bertil Andersson schüttelte den Kopf, offenbar jedoch eher aus Mitgefühl als aus Ärger.
    »Du glaubst, dass du es weißt, weil du zu tief in die Sache eingestiegen bist. Das Problem ist, dass du allein an der Geschichte arbeitest, der Meinung bin ich schon die ganze Zeit gewesen.«
    Meijtens folgte Anderssons Blick, der einer jungen Frau galt, die soeben die Redaktion betreten hatte. Einige grüßten sie, und sie antwortete mit einem gemessenen Kopfnicken. Mit ihrem dunklen Pagenkopf und ihrer schwarzen, streng geschnittenen Kleidung sah sie vor dem Hintergrund des weißen Großraumbüros aus wie eine Silhouette. Als sie ihren Platz erreichte, warf sie den Mantel über ihren Stuhl und begann, einige Papiere durchzusehen, ohne sich zu setzen. Normalerweise kam sie als Letzte in die Redaktion, aber man erzählte sich, am Tag des Redaktionsschlusses komme sie immer früher, um den Platz für ihre Artikel zu bewachen und zu verteidigen.
    »Nein«, war alles, was Meijtens herausbrachte. Es gab zu viel zu sagen, und außerdem hatte er schon alles gesagt.
    »Jetzt wird es eine typische Petrini-Story.«
    »Ich will aber nicht, dass es so ein Artikel wird.«
    »Keiner zwingt dich, ihn zu schreiben, aber deine Version können wir nicht bringen. Sie ist zu dünn, und du kannst nicht noch mehr Zeit in die Sache investieren, wenn es nicht zu einem Artikel für die aktuelle Ausgabe reicht. Jedenfalls nicht allein, höchstens mit einem Partner. Wir geben heute die Artikel in Satz, und ich muss wissen, ob deiner erscheinen soll. Überleg es dir, und komm in einer Stunde wieder zu mir.«
    Als Meijtens seinen Artikel noch einmal durchlas, musste er einsehen, dass sein Chef recht hatte. Die Verantwortlichen hatten ihre Spuren mithilfe des loyalen Dezernenten gut verwischt. Dafür war eine Menge eleganter Arbeit hinter den Kulissen erforderlich gewesen, aber diese Menschen beherrschten die nötigen Tricks. In seinem Glaskasten diskutierte Andersson irgendetwas mit Natalie Petrini. Wenn er keine neue hieb- und stichfeste Version lieferte, würde man die Sache ihr übergeben, davon war er fest überzeugt.
    Plötzlich ärgerte

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