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Ein Freund aus alten Tagen

Ein Freund aus alten Tagen

Titel: Ein Freund aus alten Tagen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Magnus Montelius
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sie stets mit irgendeiner alten, aber entstaubten und verbesserten Geschichte. Eines Abends führte er seine Paradenummer auf: die Schlacht bei Breitenfeld aus dem Blickwinkel der Pferde. Er hatte Pfeile auf die Tischdecke gemalt und mithilfe einiger peinlich berührter Essensgäste Truppenbewegungen inszeniert. Hinterher waren alle der Meinung, dass er sie noch nie so gut erzählt hatte.
    Manchmal brach er zu vorgerückter Stunde mit seinen Prinzipien und spielte auf dem ungestimmten Klavier in der Bar. Seine Gedanken berührten dann flüchtig die Zukunft, die ihm offenstand. Eigentlich.

6 Sven Emanuel schaute sich in dem großen Empfangsbereich um. Was war das nur für ein Büro? Seltsame Lampen verbreiteten ein kaltes Licht, und er fragte sich, ob sie es wohl manchmal heller drehten, um die Besucher zu blenden. Seit er eingetreten war, hatte er drei verschiedene Kameras an der Decke ausgemacht und beschlossen, den Schal um seinen Kopf aufzubehalten. An der Wand stand eine Ledercouch, aber er blieb lieber stehen.
    Er hatte vorgehabt, den Zauberer in der Zeitungsredaktion zu besuchen, aber das musste noch warten. Erst wollte er den Schatten finden, denn dann mussten sie ihm ja glauben.
    Die Empfangsdame legte den Hörer auf und lächelte.
    »Tut mir leid, es meldet sich immer noch keiner. Eine Besprechung. Möchten Sie eine Nachricht hinterlassen?«
    Sven Emanuel dachte nach, schüttelte dann aber den Kopf. Jetzt wusste er, wo er anrufen musste, das reichte fürs Erste. Vielleicht sollte er sich bei dem Zauberer melden. Die vielen Telefonate würden ihn zwar ein paar Kronen kosten, aber das war die Sache unter Umständen wert. Er drehte sich um und wollte schon gehen, als die Empfangsdame ihm hinterherrief: »Soll ich nicht wenigstens Ihren Namen notieren? Haben Sie eine Visitenkarte?«
    Ein überlegenes Lächeln huschte über ihr Gesicht, und ihre Kollegin biss sich auf die Lippe, um nicht lachen zu müssen. Sven Emanuel zog die beiden Karten heraus, die er von dem Zauberer bekommen hatte, und reichte ihr eine davon. Das würde ihnen bestimmt einiges Kopfzerbrechen bescheren.
    Hanna versuchte ihn mit allen Mitteln dazu zu bewegen, über Sjöhage zu sprechen, aber seine Antworten blieben einsilbig. Wenn sie sich nach seinen Chancen erkundigte, bei 7Plus bleiben zu dürfen, lenkte er sie mit einem Scherz ab, und wenn sie ihn nach dem Honorar von Jagd und Hund fragte, blätterte er zerstreut in seiner Plattensammlung.
    Hatte er schon darüber nachgedacht, wie er diese andere Angelegenheit lösen wollte, wenn er keine feste Stelle bekam? Und traf er sich eigentlich mit diesem Coach, den Hannas Schwester empfohlen hatte? Nein, das hatte er nicht, und das tat er nicht.
    »Tobias, die Sache ist ernst.«
    Das stimmte natürlich. Aber er war gedanklich mit ganz anderen Dingen beschäftigt und hatte seine eigenen Notlügen satt. Am Ende hatte keiner von ihnen mehr die Kraft, so weiterzumachen.
    »Möchtest du, dass ich den Saxofonisten rausschmeiße?«, fragte er.
    Das war ihr Geheimcode. Sie hatten so oft darüber gesprochen auseinanderzuziehen, dass sie die abgedroschenen Worte nicht mehr aussprechen mochten. Stattdessen fragten sie einander, ob er den Saxofonisten hinauswerfen solle, also den Musiker, der Meijtens’ kleine Wohnung mietete und mit der Miete immer so im Rückstand war, dass ihm sehr kurzfristig gekündigt werden konnte.
    Hanna sah ihn mit Tränen in den Augen an, nickte am Ende aber.
    »Ja, vielleicht solltest du den Saxophonisten rausschmeißen. Jedenfalls eine Zeit lang, bis wir jeder für sich über alles nachgedacht haben.«
    Zwei Tage später zog Meijtens aus. Angesichts des traurigen Zustands seiner Mietzahlungen musste der Saxofonist die Kündigung widerspruchslos akzeptieren. Außerdem hatte er offenbar eine Freundin, bei der er wohnen konnte, weshalb er nicht sonderlich verzweifelt klang.
    Als Meijtens in seiner Wohnung eintraf, war sie zu seinem Erstaunen geputzt, aber statt der versprochenen Miete fand er einen Brief mit einer umständlichen Erklärung: Es ging um Gagen, die noch nicht auf dem Konto waren, da die Bank offenbar einen dicken Fehler gemacht hatte, und um diverse Komplikationen, aber die Sache würde natürlich später noch geregelt werden.
    Auf dem einzigen Tisch der Wohnung lag ein Stapel Post. Zahlungsaufforderungen, die er sich bewusst an diese Adresse hatte schicken lassen und die das Problem enthielten, über das Hanna und er nicht mehr sprachen. Er atmete tief durch und

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