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Ein froehliches Begraebnis

Ein froehliches Begraebnis

Titel: Ein froehliches Begraebnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ljudmila Ulitzkaja
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Hebräisch – über mangelnde Fähigkeiten konnte sie nicht klagen, ihr fiel alles leicht. Sie ging regelmäßig in die Synagoge und genoß das Familienleben. Eines Morgens wachte sie auf und erkannte, daß sie sich zu Tode langweilte. Sie packte wahllos ein, was ihr in die Hände fiel, und zog sofort aus. Ljowa hinterließ sie einen Zettel mit drei Worten: Ich gehe weg. Später, als er sie bei alten Freunden gefunden hatte und versuchte, die Familie wiederherzustellen, antwortete sie nur eines: Ich hab es satt, Ljowa, ich hab’s satt. Das war ihre letzte Laune, vielleicht auch eine Art emotionaler Rebellion. Danach erlaubte sie sich keine derartigen Extravaganzen mehr.
    Sie zog nach Kalifornien. Wie sie in diesen Jahren lebte, wußten ihre New Yorker Freunde nicht. Einige nahmen an, sie habe Ersparnisse gehabt, andere vermuteten, sie wurde von einem Liebhaber ausgehalten. Genau wußte es niemand. Tagsüber trug sie klassische Kostüme aus Leinen und Seide, abends aber trat sie, in Federn und Glimmer gehüllt, mit ihrer Akrobatennummer in einem extravaganten Etablissement für reiche Idioten auf. Die Artistik war schließlich kein Klacks, das war ein richtiger Beruf, was anderes als eine Philologie-Dissertation. Dank diesem Beruf rotierten nachts ihre Beine und tagsüber ihre grauen Zellen bei der Juristenausbildung. Eines schönen Tages schloß sie die ab, nachdem sie alle vorgeschriebenen Fächer absolviert und gelernt hatte, um halb sieben aufzustehen, drei Minuten zu duschen, statt eine Dreiviertelstunde zu baden, und nicht ans Telefon zu gehen, ehe der Anrufbeantworter sie wissen ließ, wer da anrief. Sie wurde Assistentin in einem etablierten Büro.
    Sie lebte in Los Angeles, hatte kaum Kontakt zu Emigranten und sprach mit leichtem britischen Akzent, den sie sich absichtlich zugelegt hatte. Er galt sogar als schick. Wer etwas davon versteht, weiß, daß es schwieriger ist, seinen Akzent abzulegen, als ihn zu verändern. Ihren unscheinbaren russischen Familiennamen hatte sie in weiser Voraussicht schon ändern lassen, als sie ihre ersten amerikanischen Papiere bekam.
    Aus der Zeit ihrer Show-Karriere hatte sie noch Verbindungen, und so brachte sie auch Klienten ins Büro. Keine besonders berühmten, aber ihr Chef wußte das dennoch zu schätzen. Mit der Zeit ließ er sie selbständig arbeiten. Sie gewann für ihn ein paar unbedeutende Fälle. Für einen jungen Amerikaner wäre das eine ganz passable Karriere gewesen. Für eine vierzigjährige Zirkusartistin aus Rußland war sie sensationell.
    Auch ihrem Exmann Ljowa bekam die Scheidung gut. Er heiratete ein richtiges jüdisches Mädchen aus Mogiljow, das weder die Erfahrung einer Zirkusakrobatin besaß noch überhaupt irgendeine. Sie war groß, dick und breitärschig und gebar ihm in sieben Jahren fünf Kinder; das versöhnte Ljowa vollkommen mit dem Verlust Irinas. Seine vernünftige Frau sagte zu ihren Freundinnen:
    »Ihr wißt doch, alle unsere Männer mögen Schicksen, aber nur so lange, bis sie eine richtige jüdische Frau haben.«
    Diese große Weisheit war das Äußerste, wozu sie fähig war, doch Ljowa würde sie nicht bestritten haben.
    Irina fand Ljowa mühelos im Telefonbuch, aber als sie ihn um ein Treffen bat, war er ganz verstört. Die zwei Stunden, die sie für den Weg zu ihm in die Bronx brauchte, wand er sich im Vorgefühl einer großen Unannehmlichkeit oder zumindest Peinlichkeit, die sie ihm verursachen würde.
    Sein Büro war ziemlich unansehnlich, aber das Geschäft, das hier lief, war Irinas Einfall gewesen. Ihr praktischer Verstand, gepaart mit lässiger Gleichgültigkeit, hatte Ljowa seinerzeit Glück gebracht. Irina hatte ihn ganz zu Beginn ihrer kurzen Ehe überredet, sein ganzes Geld, mühselig zusammengekratzte fünftausend Dollar, in ein riskantes Vorhaben zu stecken, das sich schließlich großartig rentierte: die Produktion von koscherer Kosmetik. Damals war Irina noch im Stadium ihrer kurzen Romanze mit dem Judentum, das zwar ziemlich gemäßigt und reformiert war, aber noch immer festhielt am dramatischen Verhältnis von Milch und Fleisch, besonders, wenn das zu Lebzeiten gegrunzt hatte.
    Ljowas Kosmetik fand gerade die ersten Abnehmer, als Irina ihn verließ, bemalt mit schillernder amerikanischer Kosmetik. Ljowa trat in eine neue Phase seines Lebens ein, wechselte bald die Orientierung und lief von den Reformern zu den Orthodoxen über. Die hatten ihre eigenen politischen Grundsätze. Er mußte auf die Herstellung der

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