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Ein Ganz Besonderer Fall

Ein Ganz Besonderer Fall

Titel: Ein Ganz Besonderer Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellis Peters
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kann Humilis vorlesen; der eine, weil ihm die Stimme fehlt, der andere, weil er die Buchstaben nicht kennt.
    Aber er studiert, und er wird sie bald lernen. Bruder Paul hält große Stücke auf ihn.«
    Die beiden jungen Männer waren im Bogengang über der Treppe verschwunden, anscheinend unterwegs zur Zelle im Dormitorium, in der Bruder Humilis noch ans Bett gefesselt war.
    Wer wäre nicht ergriffen von Bruder Rhuns Anblick, der nach der Gewährung seines Herzenswunsches vor Freude strahlte?
    Und sie schien sehr angemessen, diese Freundschaft zwischen den beiden unfruchtbaren Körpern; der eine jungfräulich und unerweckt, der andere ausgezehrt und in der Blüte der Kraft verstümmelt. Zwei Männer, deren Samen nicht in dieser Welt aufgehen sollte.
    Noch am gleichen Nachmittag kam auf der Hauptstraße von London ein junger Mann im praktischen Reitzeug der Soldaten, den Mantel hinter dem Sattel zusammengerollt, nach St. Giles und erkundigte sich nach dem Weg zur Abtei von St. Peter und St. Paul. Er ritt trotz der Sonne mit unbedecktem Kopf, in Hemdsärmeln und mit nackter Brust. Gesicht und Oberkörper und die entblößten Unterarme waren braun wie nach einem noch heißeren Sommer als diesem; einem Sommer, der einer schon goldenen Haut einen noch tieferen Kupferton verliehen hatte. Ein gut gebauter junger Mann war es, der ein gutes Pferd ritt. Er hielt sich geübt im Sattel und führte das Pferd mit kundiger Hand. Über dem kühn geschnittenen, herben Gesicht erhob sich ein Büschel lockiger, dunkler Haare.
    Bruder Oswin beschrieb ihm den Weg und sah ihm neugierig nach. Er fragte sich, zu wem der Reiter wohl wollte. Offenbar ein Soldat, aber aus welcher Armee war er? Zu welchem Grafen gehörte er, daß er so zielstrebig zur Abtei von Shrewsbury wollte? Er hatte nicht nach der Stadt oder dem Sheriff gefragt, also ging es nicht um den Krieg im Süden.
    Oswin machte sich mit leisem Bedauern, nicht mehr erfahren zu haben, pflichtbewußt wieder an die Arbeit.
    Der Reiter, nun sicher, daß er sein Ziel fast erreicht hatte, ritt im Schritt durch die Vorstadt und musterte voller Interesse alles, was er sah: das gebleichte Gras auf dem Pferdemarkt, das immer noch nach Regen dürstete, den gemütlich vor seinem Wagen trottenden Fuhrmann, die tratschenden Nachbarn, die vor ihren Toren in der Sonne standen, die hohe, langgestreckte Mauer der Abtei zur Linken, das hohe Dach und den Turm der Kirche darüber und dahinter. Nun wußte er, daß er angekommen war. Er umrundete die Westecke der Kirche, deren große Gemeindetür offen stand, und schwenkte in den Bogengang des Torhauses ab.
    Der Pförtner begrüßte ihn freundlich und fragte nach seinem Begehren. Bruder Cadfael und Hugh Beringar, die in der Nähe noch mit gemächlichem Abschiednehmen beschäftigt waren, drehten sich um und betrachteten den Neuankömmling. Sie bemerkten das praktische, stark abgenutzte Zaumzeug und den Ledermantel, der hinter den Sattel geschlungen war, sie musterten das Schwert, das er trug, und hatten ihn nach wenigen Augenblicken richtig eingeschätzt. Hugh beobachtete ihn gespannt, denn ein Mann, der in der Kleidung eines Soldaten aus dem Süden kam, mochte Neuigkeiten bringen.
    Außerdem war einer, der allein und so gemütlich durch die dem König Stephen treuen Grafschaften ritt, höchstwahrscheinlich ein Verbündeter. Hugh trat vor, um sich dazu zu gesellen. Er musterte den Reiter von oben bis unten und ließ erkennen, daß ihm gefiel, was er sah.
    »Ihr wollt nicht zufällig zu mir, mein Freund? Hugh Beringar, zu Diensten.«
    »Das ist unser Herr Sheriff«, stellte der Bruder Pförtner ihn vor. Zu Hugh sagte er: »Der Reisende fragte nach Bruder Humilis - wenn auch unter seinem früheren Namen.«
    »Ich diente einige Jahre bei Godfrid Marescot«, ergänzte der Reiter. Er gab die Zügel frei und sprang zu ihnen herab. Er war einen halben Kopf größer als Hugh und kräftig gebaut, und sein braunes Gesicht, in dem strahlend blaue Augen blitzten, blickte offen und fröhlich. »Ich suchte ihn überall, nachdem die Brüder aus Winchester durch das Feuer in Hyde verstreut wurden.
    Man sagte mir, er habe sich entschlossen, hierher zu kommen.
    Ich habe hier im Norden der Grafschaft etwas zu erledigen, und dazu brauche ich seine Zustimmung. Um die Wahrheit zu sagen«, fuhr er mit einem verlegenen Lächeln fort, »ich hatte völlig den Namen vergessen, den er beim Eintritt in Hyde annahm. Für mich ist er immer noch mein Herr Godfrid.«
    »Das muß er für

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