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Ein Ganz Besonderer Fall

Ein Ganz Besonderer Fall

Titel: Ein Ganz Besonderer Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellis Peters
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bat, und habe einige Ältere und Verletzte nach Hause gebracht. Und ich kam mit ihm zurück, als er wußte, daß er nicht mehr nützlich war.«
    »Hier bei uns«, sagte Cadfael mit einem Fuß auf der obersten Stufe, »kann er noch lange nützlich sein. Es gibt hier jüngere Männer, die in seinem Glanz heller strahlen - natürlich unter dem Licht, unter dem wir alle brennen. Ihr findet vielleicht gerade zwei dieser Jungen bei ihm. Wenn einer von ihnen bleiben will, dann laßt ihn, er hat das Recht dazu. Das ist sein Gefährte aus Hyde.«
    Sie betraten den Flur, der durchs ganze Dormitorium an den abgeteilten Zellen entlang verlief, und blieben vor dem düsteren, winzigen Raum stehen, der Humilis zugewiesen worden war.
    »Geht nur hinein«, sagte Cadfael. »Ihr braucht keinen Herold, um willkommen zu sein.«

4. Kapitel
    Die kleine Leselampe in der Zelle brannte nicht, denn einer der beiden jungen Pfleger konnte nicht lesen, und der andere konnte nicht sprechen. Der Kranke selbst saß, von Kissen gestützt, aufrecht in seinem Bett und war offenbar noch viel zu schwach, um ein schweres Buch zu halten. Aber auch wenn Rhun nicht gut lesen konnte, so konnte er doch auswendig lernen und die Dinge, die er sich gemerkt hatte, voller Inbrunst und Wärme vortragen. Er war gerade mitten in einem Gebet des heiligen Augustin, das Bruder Paul ihn gelehrt hatte, als er plötzlich spürte, daß sich sein Publikum erheblich vergrößert hatte. Er unterbrach sich, verstummte und wandte sich dem offenen Zelleneingang zu.
    Nicholas Harnage blieb zögernd im Eingang stehen, bis sich seine Augen ans Zwielicht gewöhnt hatten. Bruder Humilis hatte verwundert die Augen aufgeschlagen, als Rhun seinen Vortrag unterbrochen hatte. Er sah den liebsten und vertrauenswürdigsten seiner ehemaligen Knappen fast schüchtern am Fußende des Bettes stehen.
    »Nicholas?« sagte er unsicher, zweifelnd und staunend. Er richtete sich etwas auf, um besser zu sehen.
    Bruder Fidelis beugte sich sogleich vor, um ihn zu stützen und ihm aufzuhelfen und die Kissen in seinem Rücken neu aufzubauen. Dann zog er sich schweigsam wie immer in die Ecke der Zelle zurück, um dem Besucher das Feld zu überlassen.
    »Nicholas! Ihr seid es wirklich!«
    Der junge Mann trat vor und fiel auf die Knie, um die ausgestreckte schmale Hand zu fassen und zu küssen.
    »Nicholas, was tut Ihr hier? Ihr seid willkommen wie der Morgen, aber ich hätte nie erwartet, Euch hier zu sehen. Es war wirklich freundlich, mich an einer so fernen Zuflucht aufzusuchen. Kommt, setzt Euch zu mir, damit ich Euch von nahem ansehen kann!«
    Rhun hatte sich still entfernt. In der Tür machte er eine kleine Ehrenbezeugung, ehe er verschwand. Fidelis machte Anstalten, ihm zu folgen, doch Humilis legte ihm eine Hand auf den Arm und hielt ihn zurück.
    »Nein, bleib hier! Laß uns nicht allein. Nicholas, diesem jungen Bruder verdanke ich mehr, als ich je wieder gutmachen kann. Er dient mir in dieser Welt genauso treu, wie Ihr mir bei den Waffen gedient habt.«
    »Alle, die wie ich zu Euren Männern zählten, werden es ihm danken«, erwiderte Nicholas inbrünstig. Er blickte zu dem Gesicht hoch, das stumm im Schatten der Kapuze lag und im Halbdunkel nicht zu erkennen war. Er wunderte sich darüber, daß er keine Antwort bekam und neigte leicht den Kopf, doch er tat die Verwunderung mit einem Achselzucken ab, denn es war ihm nicht wichtig, mit jemand näher bekannt zu werden, den er wahrscheinlich niemals wiedersehen würde. Er zog den Hocker nahe ans Bett und musterte mit tiefer Sorge das ausgezehrte Gesicht seines Herrn.
    »Man sagte mir, daß Ihr Euch gut erholt. Aber Ihr kommt mir schmaler und hinfälliger vor als damals, als ich Euch in Hyde verließ, um Euren Auftrag zu erledigen. Ich mußte lange in Winchester suchen, bis ich Euren Prior fand und erfuhr, wohin Ihr gegangen wart. Mußtet Ihr wirklich so weit reisen? Der Bischof hätte Euch doch sicher mit Freuden ins Alte Münster aufgenommen.«
    »Aber ich bezweifle, daß ich mich über die Nähe des Bischofs gefreut hätte«, gab Bruder Humilis mit einem trockenen Lächeln zurück. »Nein, ich hatte meine Gründe, so weit in den Norden zu gehen. Ich kenne diese Grafschaft und diese Stadt aus meiner Kindheit. Es waren nur wenige Jahre, aber genau an diese Jahre erinnert sich ein Mann später im Leben. Macht Euch keine Sorgen um mich, Nick, ich bin hier ebensogut aufgehoben wie an jedem anderen Ort, sogar besser als an den meisten anderen. Laßt uns

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