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Ein Ganz Besonderer Fall

Ein Ganz Besonderer Fall

Titel: Ein Ganz Besonderer Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellis Peters
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der größeren Katen des Weilers, mit einem Küchengarten vor dem Haus und einem kleinen Obstgarten dahinter. Dort hängte ein Mädchen mit zerzausten Haaren, das einen Flickenrock trug, nasse Wäsche auf die Hecke. Im Gras des Obstgartens liefen Hühner herum, und eine angepflockte Ziege graste. Edric war dem Vernehmen nach ein freier Mann, der für das Land, das er bestellte, seinem Herrn Pacht zahlen konnte; ein immer seltener zu sehendes Phänomen in diesem Land, denn die Bauern, die das Land bestellten, waren häufig Leibeigene. Diese Heriets mußten gute Wirtschafter und harte Arbeiter sein, wenn sie ihr Land halten und davon leben konnten. Solche Familien konnten einen jüngeren Sohn gut gebrauchen, denn jede Hand, die sich rühren konnte, mußte mit anpacken. Adam war sicher aus eigenem Willen davongegangen, um für Geld zu dienen und das Waffenhandwerk, die Arbeit eines Försters und Jägers zu lernen, statt sich um das Land zu kümmern.
    Ein großer, strohblonder und zottiger Kerl in einem ausgefransten Ledermantel kam geduckt aus dem niedrigen Stall, als Hugh mit seinen Offizieren am Tor Halt machte. Er starrte sie an, erschrak und baute sich mit besorgtem Gesicht vor ihnen auf. Er erkannte die Abzeichen des Amtes, doch nicht den Mann, der sie trug.
    »Was wollt Ihr, meine Herren?« Verbindlich, aber nicht unterwürfig. Der Mann musterte ihn mit schmalen Augen und stellte sich wie ein Wächter vor sein Tor.
    Hugh begrüßte ihn mit der ganz besonderen Liebenswürdigkeit, die er bei unsicheren armen Männern einsetzte, die sich ihres Nachteils genau bewußt sind. »Ihr seid sicher Edric Heriet. Wir suchen einen mit Namen Adam aus Eurer Familie, der Euer Onkel sein müßte. Da Ihr sein einziger Verwandter seid, könnt Ihr uns vielleicht sagen, wo wir ihn finden können. Das ist alles, guter Mann.«
    Der große junge Mann, der höchstes dreißig Jahre alt war und vermutlich der Gatte des zerzausten, aber hübschen Mädchens im Obstgarten und Vater des Kindes, das irgendwo auf dem Hof schrie, trat unsicher von einem Fuß auf den anderen. Dann entschied er sich, blieb ruhig stehen, und sein Gesicht hellte sich auf.
    »Ich bin Edric Heriet. Was wollt Ihr von meinem Onkel? Was hat er getan?«
    Hugh war nicht unerfreut darüber. Vielleicht herrschte zwischen ihnen wenig verwandtschaftliche Wärme, aber dieser Mann würde erst den Mund öffnen, wenn er wußte, worum es ging. Beim Anzeichen von Gefahr und Angriff wurde Blut schnell dicker.
    »Soweit ich weiß, gar nichts. Aber wir brauchen ihn als Zeugen in einer Angelegenheit, die schon mehrere Jahre zurückliegt. Sein Herr aus Lai schickte ihn damals auf einen Botengang. Ich weiß, daß er danach in den Dienst des Grafen von Worcester eintrat, und da die Zeiten so unruhig sind, ist es dort vielleicht schwer, ihn zu finden. Wenn Ihr von ihm gehört habt oder uns sagen könnt, wo wir ihn finden können, dann werden wir Euch dankbar sein.«
    Er war neugierig, aber immer noch unsicher. »Ich habe nur einen Onkel, und sein Name ist in der Tat Adam. Ja, er war Jäger in Lai, und ich hörte von meinem Vater, daß er in den Waffendienst des Lehnsherren trat, wenn ich auch nicht weiß, wer das ist. Aber soweit ich mich erinnere, kam er nie hierher.
    Als ich ihn das letzte Mal sah, war ich noch ein Kind und scheuchte die Vögel vom Ackerland. Die beiden Brüder haben sich nie gut verstanden. Es tut mir leid, mein Herr«, sagte er, und obwohl die Aufrichtigkeit seines Bedauerns zu bezweifeln war, schien die Wahrheit seiner Worte und seine Unwissenheit offensichtlich. »Ich weiß beim besten Willen nicht, wo er jetzt sein könnte und wo er die letzten Jahre verbracht hat.«
    Hugh akzeptierte notgedrungen diese Information und dachte einen Augenblick nach. »Zwei Brüder waren sie? Nicht mehr?
    Gab es vielleicht noch eine Schwester zwischen ihnen? Oder andere Bande, die ihn in diese Grafschaft zurückziehen könnten?«
    »Ich habe noch eine Tante, Herr, nur die eine. Wir waren eine kleine Familie. Mein Vater mußte hart arbeiten, um nach dem Fortgang seines Bruders das Land zu bestellen, bis ich alt genug war und nach mir meine beiden jüngeren Brüder. Wir verstehen uns gut. Tante Elfrid war die jüngste der drei. Sie heiratete einen Küfer, einen verfluchten Normannen, einen dunklen kleinen Burschen aus Brigge mit Namen Walter.« Er blickte auf und war sich gar nicht der Peinlichkeit gegenüber dem kleinen dunklen Normannen auf dem großen, grobknochigen Schecken bewußt. Er

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