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Ein Ganz Besonderer Fall

Ein Ganz Besonderer Fall

Titel: Ein Ganz Besonderer Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellis Peters
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zwischen Wahrheit, Teilwahrheit und Lüge entscheiden. Hinter diesem festen, undurchdringlichen Gesicht konnte alles möglich gedacht werden.
    »Mein Herr«, sagte Adam, indem er bedächtig sein Schweigen brach, »ich kenne sie natürlich. Ich ritt mit ihr, ich und drei andere aus dem Hause ihres Vaters, als sie nach Wherwell ging, um ins Kloster einzutreten. Da ich in jener Gegend gedient habe, weiß ich natürlich, daß das Nonnenkloster niedergebrannt ist. Aber vor drei Jahren verschwunden? Wie ist das möglich, da ihre Verwandten doch genau wußten, wo sie lebte? In den heutigen Wirren verschwunden - ja, das könnte sein, denn ich habe seit dem Brand vergeblich nach ihr gefragt. Wenn Ihr mehr über meine Herrin Julian wißt als ich, dann bitte ich Euch, sagt es mir. Ich konnte nicht erfahren, ob sie lebt oder tot ist.«
    Es klang wahr, und doch hatte er gerade eben erst lange geschwiegen und sich sehr beherrscht. Vielleicht war es sogar mehr als die halbe Wahrheit. Wenn er ehrlich war, dann hatte er nach der Katastrophe nach ihr gesucht. Wenn er unehrlich war - nun, er wußte um die augenblicklichen Wirren und konnte sie zu seinem Vorteil nutzen.
    »Ihr seid mit ihr nach Wherwell gegangen«, sagte Hugh, ohne eine Antwort zu geben und sich festzulegen. »Habt Ihr sie sicher am Tor des Konvents abgeliefert?«
    Das Schweigen war kurz, aber vielsagend. Wenn er einfach Ja sagte, dann log er. Wenn nicht, erzählte er vielleicht die Wahrheit.
    »Nein, Herr, das habe ich nicht«, erwiderte Adam schwer.
    »Ich wünschte, ich hätte es getan, aber sie wollte es nicht. Wir rasteten die letzte Nacht in Andover, und am nächsten Morgen ritt ich die letzten Meilen mit ihr allein. Als wir noch eine Meile entfernt waren - das Kloster war noch nicht zu sehen, ein kleines Waldstück lag vor uns -, schickte sie mich zurück und sagte, sie wollte den letzten Teil des Weges allein gehen. Ich gehorchte. Ich habe ihr gehorcht, seit ich sie in meinen Armen trug, als sie kaum ein Jahr alt war«, fuhr er fort, und zum erstenmal zuckte ein Feuerschein in seinem dunklen Gesicht wie ein kurzer Blitz in dichten Wolken.
    »Und die anderen drei?« fragte Hugh freundlich.
    »Wir ließen sie in Andover zurück. Als ich zurückkehrte, machten wir uns auf den Heimweg.«
    Hugh sagte noch nichts über die Diskrepanz im Zeitablauf.
    Dies wollte er sich als Reserve aufbewahren, um den Mann damit zu konfrontieren, wenn er nicht mehr in der Geborgenheit seiner Familie war und seiner selbst nicht ganz so sicher.
    »Und seitdem habt Ihr nichts mehr von Julian Cruce gehört?«
    »Nein, Herr, nichts. Und wenn Ihr etwas gehört habt, dann laßt es mich in Gottes Namen wissen, ob es nun gute oder schlechte Nachrichten sind!«
    »Ihr wart dieser Dame ergeben?«
    »Ich wäre für sie gestorben, ich würde heute noch für sie sterben.«
    Dazu wirst du noch Gelegenheit haben, dachte Hugh, wenn sich herausstellt, daß du der beste Schauspieler mit einer falschen Maske warst, den es je gegeben hat. Er war unsicher über diesen Mann, dessen kurze leidenschaftliche Ausbrüche mit der Kraft der Wahrheit gekommen waren, und der dennoch seine Worte mit zögernder Vorsicht gewählt hatte.
    Warum, wenn er nichts zu verbergen hatte?
    »Habt Ihr hier ein Pferd, Adam?«
    Der Mann schenkte ihm einen langen, berechnenden Blick aus seinen tiefliegenden, unter buschigen Brauen verborgenen Augen. »Ja, Herr.«
    »Dann muß ich Euch bitten, es zu satteln und mit mir zu reiten.«
    Es war ein Wunsch, der nicht abgeschlagen werden konnte, und Adam Heriet wußte dies genau, doch wenigstens war er auf eine Weise vorgetragen worden, die es ihm ermöglichte, sich würdevoll zu erheben und zu gehen. Er schob die Bank zurück und stand mitten im Raum.
    »Wohin reiten wir, Herr?« Und zum sommersprossigen Jungen, der unsicher aus den Schatten zusah, sagte er: »Geh und sattle mein Pferd, Junge, mach dich nützlich.«
    Adam der Jüngere ging widerstrebend und mit einem langen Blick über die Schulter hinaus, und kurz danach pochten Hufe auf der festgetretenen Erde im Hof.
    »Ihr müßt alle Umstände kennen«, sagte Hugh, »unter denen die Dame sich entschied, ins Kloster zu gehen. Ihr wißt, daß sie schon als Kind mit Godfrid Marescot verlobt wurde, und daß dieser das Verlöbnis auflöste, um in Hyde Mead Mönch zu werden.«
    »Ja, das weiß ich.«
    »Nachdem Hyde niedergebrannt war, kam Godfrid Marescot in den darauffolgenden Wirren nach Shrewsbury. Und seitdem Wherwell zerstört wurde,

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