Ein Ganz Besonderer Fall
der Strömung, die es in diesem trägen Wasser noch gab, so schnell wie möglich nach Shrewsbury zurückkehren wollten.
Der Tag gehörte Humilis, und so traf er die Entscheidung. Er blickte zum Westhimmel hinauf, der sich zu einem bedrohlichen Zwielicht verdunkelt hatte, sah zu seinem Gefährten, der abwesend und unbeteiligt dasaß wie ein Mensch, der noch halb in einem Traum gefangen ist, und sagte lächelnd, daß sie aufbrechen sollten.
Aelreds Söhne trugen ihn zum Ufer hinunter. Aelred hob ihn auf seinen alten Platz im Bett aus Teppichen im Boot, und Fidelis setzte sich hinter ihn, um ihn zu stützen und zu versorgen. Im Osten hatte sich eine fahle Helligkeit gehalten, und sie fuhren dem Licht entgegen. Hinter ihnen sammelten sich rasch die drohend schwarzen Wolken und wölbten sich hervor wie pralle Euter voller giftiger Milch. In dieser Dunkelheit war von Wales nichts mehr zu sehen, und der Blick reichte nicht weiter als drei oder vier Meilen. Irgendwo im Westen hatten die ersten Regengüsse begonnen. Die ersten brodelnden Vorboten der Sturmfluten krochen heimtückisch heran und brachten Schlammfahnen mit, während sie zielstrebig stromabwärts flossen.
Sie hatten die Feuchtwiesen gerade erreicht, als es plötzlich auch im Osten auf einen Schlag dunkel wurde, ein Spiegelbild der purpurnen Schwärze im Westen. Das Licht verblaßte, es wurde düster, und der grollende Donner erhob seine Stimme und kam rasch von Westen heran, als würden sie von heftig gerührten Trommeln verfolgt oder vom Gebell von Jagdhunden, die in einer Jagd von Halbgöttern eine Spur aufgenommen hatten. Madog, der sich keine großen Sorgen machte, weil er auf alles vorbereitet war, zog die Ruder ein und entfaltete das Wachstuch, das er sonst benutzte, um seine Waren zu bedecken. Er breitete es über Humilis und dem Rest des Bootes aus, so daß ein Baldachin über Humilis’ Kopf entstand.
Fidelis hielt die Plane mit den Händen hoch, damit sie nicht den Atem des kranken Mannes behinderte.
Dann begann der Regen, zuerst mit einzelnen, großen und schweren Tropfen, die schwer wie Steine auf das Tuch prasselten. Dann öffnete der Himmel seine Schleusen und ließ die Wasser herabfallen, nach denen sich die gebleichte Erde so lange gesehnt hatte. Es war ein Guß, der den Severn brodeln ließ, als kochte sein Wasser, und an den Ufern spritzten Fontänen aus Sand und Erde in die Luft. Fidelis bedeckte seinen Kopf und beugte sich vor, um Humilis zu schützen.
Madog steuerte in die Mitte des Stroms, denn die Blitze, die dem Lauf des Flusses folgten, schlugen zuerst und am häufigsten in die Dinge ein, die sich am Ufer am höchsten erhoben.
Er war im Nu durchnäßt, doch er schüttelte das Wasser so fröhlich ab wie ein Fisch, denn er war in diesem Element ebenso daheim wie direkt neben ihm. Er war schon oft in Stürmen gefahren, die so plötzlich und dramatisch gekommen waren wie dieser. So wild er sich auch gebärdete, er würde nicht lange dauern.
Doch irgendwo stromauf hatte es ebenfalls schwer geregnet.
Das Wasser kam in einer gewaltigen, stinkenden, braunen Woge, die sie vor sich herschob. Madog ließ das Boot mit ihr laufen und benutzte die Ruder nur, um das Gefährt in der Mitte des Stroms zu halten. Beständig und heftig fiel der Regen, und das Grollen und Knallen der Donnerschläge jagte sie gen Shrewsbury. Die Blitze, die dem Donner auf den Fersen waren, zuckten und brannten und liefen im Zickzack über ihren Weg und waren die einzige Beleuchtung in der heulenden Dunkelheit. Sie konnten die Ufer nur sehen, wenn gerade ein Blitz aus den Wolken brach, und die Dunkelheit, nachdem er verloschen war, machte den nächsten Blitz um so blendender.
Vor Nässe glänzend wie ein Seehund schüttelte Fidelis nach beiden Seiten das Wasser ab und hielt mit gespannten, schmerzenden Unterarmen die Decke über Humilis’ Kopf. Er hatte vor den Regenfluten fest die Augen geschlossen und öffnete sie nur ab und zu einen Spalt, um durch den Guß nach vorn zu blicken. Er wußte nicht, wo sie waren, und immer wieder brannten blendende Blitze selbst durch die geschlossenen Lider und zwangen ihn, heftig zu blinzeln. Einer dieser Blitze zeigte ihm schiefstehende Bäume, hager und finster, vergrößert durch das bleiche Licht, bevor sie von der Dunkelheit verschluckt wurden. Also hatten sie die offenen Feuchtwiesen schon hinter sich, die inzwischen durch den schweren Regen wohl Moraste voller Tümpel geworden waren.
Sie wurden schnell zwischen den Bäumen
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