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Ein Ganz Besonderer Fall

Ein Ganz Besonderer Fall

Titel: Ein Ganz Besonderer Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellis Peters
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hinauf zu den Bäumen, die den Wind abhielten, und dort in den Feldern des Landsitzes stand das kleine, aber gut unterhaltene Gutshaus von Salton in seinem runden Zaun, umringt von Scheunen und Ställen. Es war ein niedriges, bescheidenes Haus, nicht mehr als eine Halle und eine kleine Kammer über einer steinernen Kammer und eine abgetrennte Küche im Hof. Draußen hinter dem Zaun gab es einen kleinen Obstgarten, und in der kühleren Luft unter den Apfelbäumen stand eine Holzbank. Dort setzen sie Humilis ab, mit Decken und Kissen versehen, damit seine kaum von Fleisch bedeckten Knochen bequem lagerten, und rannten eifrig hin und her, um ihn mit Ale, Früchten, frisch gebackenem Brot und allem zu versorgen, was sie sonst anzubieten hatten. Die Frau kam geschmeichelt und schüchtern heraus und versuchte, ihren Schrecken und ihr Bedauern so gut wie möglich zu verbergen. Zwei große Söhne kamen, der ältere etwa dreißig, der jüngere gewiß geboren, nachdem ein oder zwei Kinder verloren worden waren, denn er war fünfzehn Jahre jünger. Der ältere Sohn brachte eine junge Frau mit, die neben ihm die Ehrenbezeugungen machte. Sie war ein dunkles, elfenhaftes Mädchen, und sie war schwanger.
    Fidelis saß unter den Apfelbäumen schweigend im Gras und überließ Gast und Gastgebern die Bank, während Aelred mit ungewohnter Redseligkeit von lange vergangenen Zeiten berichtete und alles erzählte, was seitdem geschehen war. Ein stilles, ruhiges, arbeitsreiches Leben hatte er geführt, während die Kreuzfahrer durch die Welt streiften und kinderlos, unfruchtbar und verstümmelt nach Hause kamen. Und Humilis lauschte mit leisem, zufriedenem Lächeln und sagte immer weniger, denn er wurde müde, und die aufregenden Erlebnisse verloren ihre aufregende Wirkung. Die Sonne stand im Zenit, immer noch dunstig und zornig, doch im Westen sammelten sich Wolkenfetzen.
    »Laßt uns nun eine Weile allein«, sagte Humilis, »denn ich ermüde rasch, und ich will auch Euch nicht erschöpfen.
    Vielleicht kann ich schlafen. Fidelis wird bei mir wachen.«
    Als sie allein waren, holte er tief Luft und schwieg lange Zeit, doch er schlief nicht. Er streckte eine schlanke Hand aus, um Fidelis am Ärmel zu zupfen, damit dieser sich neben ihn setzte, an den Platz, den Aelred freigegeben hatte. Aus den Ställen kam ein leises, schläfriges Muhen. Die Bienen, die einen hektischen Sommer gehabt hatten, summten eifrig; sie hatten Schwerarbeit geleistet, um die Blumen abzuernten, die so üppig blühten und so schnell verwelkten. Am Ende des Obstgartens standen drei Bienenstöcke. In der Vorratskammer gab es sicher einen guten Vorrat an Honig.
    »Fidelis…« Die Stimme, die unsicher und schwankend geworden war, hatte ihre Klarheit und Ruhe zurückgewonnen.
    Sie klang nur etwas distanzierter, als wäre er bereits im Fortgehen begriffen. »Mein Lieber, ich habe dich mit mir genommen, dich allein von allen Menschen der Welt, an diesen Ort, an dem mein Leben begann. Niemand außer dir soll hören, was ich nun zu sagen habe. Ich kenne dich besser als meine eigene Seele. Ich schätze dich wie meine eigene Seele und meine Hoffnung auf den Himmel. Ich liebe dich wie kein anderes Geschöpf auf der Erde. Oh… still!«
    Der Arm, auf dem seine Hand so sachte lag, war zurückgezuckt und hatte sich verkrampft, und aus der stummen Kehle kam ein kleines Geräusch, das einem Schluchzen ähnelte.
    »Gott verhüte, daß ich dir je einen Schmerz zufüge, nicht einmal dadurch, daß ich allzu freimütig spreche, aber die Zeit drängt. Das wissen wir beide. Und ich habe einiges zu sagen, solange ich noch Zeit habe. Fidelis… deine süße Gegenwart war mir ein Segen, der Segen und die Freude und der Trost in meinen letzten Lebensjahren. Ich kann es dir nicht anders vergelten als dadurch, daß ich dich ebenso liebe, wie du mich geliebt hast. Und das tue ich. Mehr kann ich nicht geben.
    Erinnere dich daran, wenn ich fort bin und wisse, daß ich frohlockend gehe, denn ich kenne dich, wie du mich kennst, und ich liebe dich, wie du mich geliebt hast.«
    Neben ihm saß Fidelis reglos und stumm wie ein Stein, aber Steine weinen nicht, und Fidelis weinte, denn als Humilis sich niederbeugte und seine Wange küßte, schmeckte er die Tränen.
    Das war alles, was sich zutrug. Kurz darauf stand Madog vor ihnen und sagte ganz sachlich, daß sich ein Sturm zusammenbraue und sie sich besser überlegen sollten, ob sie bleiben wollten, wo sie waren, oder ob sie sofort an Bord gehen und mit

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