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Ein ganzes halbes Jahr

Ein ganzes halbes Jahr

Titel: Ein ganzes halbes Jahr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jojo Moyes
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senkten sich wie ein Tonnengewicht auf meine Schultern.
    «Setz dich doch», sagte er. «Essen wir, und dann … ich weiß nicht. Machen wir uns einen schönen Abend. Unterhalten uns über irgendwas. Aber nicht übers Laufen.» Er lachte gezwungen.
    Ich setzte mich und schaute auf den Tisch.
    Dann lächelte ich. «Das sieht ja gut aus», sagte ich.
    Patrick kannte wirklich hundertundeine Art, Putenbrust zuzubereiten.
    Wir aßen den grünen Salat, den Nudelsalat und den Meeresfrüchtesalat und einen exotischen Fruchtsalat, den er als Nachtisch gemacht hatte. Ich trank Wein, während er bei Wasser blieb. Wir brauchten eine Weile, aber dann begannen wir uns zu entspannen. Dort, vor mir, saß ein Patrick, den ich schon lange nicht mehr erlebt hatte. Er war humorvoll und aufmerksam. Er hielt sich schwer unter Kontrolle, damit er nichts über das Lauftraining oder Marathons sagte, und er lachte jedes Mal, wenn er sich dabei ertappte, dass sich das Gespräch trotzdem in diese Richtung bewegte. Ich spürte, wie sich unter dem Tisch sein Fuß an meinen herantastete, wie wir unsere Beine verschränkten, und langsam löste sich das angespannte, unbehagliche Gefühl in meiner Brust.
    Meine Schwester hatte recht. Mein Leben war merkwürdig geworden und hatte die Verbindung zu allen Menschen verloren, die ich kannte. Wills Situation und sein Geheimnis hatten mich eingesaugt wie ein Sumpfloch. Ich musste dafür sorgen, dass der Rest von mir nicht auch noch darin unterging.
    Ich bekam Schuldgefühle wegen des Gesprächs mit meiner Schwester. Patrick wollte mich nicht aufstehen lassen, nicht einmal die Teller durfte ich abräumen. Um Viertel nach elf räumte er das Geschirr in die kleine Küche und belud die Geschirrspülmaschine. Ich saß da, und er redete von der Küche aus weiter mit mir. Ich rieb mir die Stelle, wo der Hals in die Schulter übergeht, um die verhärteten Muskeln zu lockern. Ich schloss die Augen, versuchte mich zu entspannen, sodass ein paar Minuten vergingen, bevor mir bewusst wurde, dass das Gespräch versiegt war.
    Ich schlug die Augen auf. Patrick stand mit meinem Ferien-Hefter an der Tür. Er hob ein paar Blätter hoch. «Was ist das?»
    «Das ist … die Reise. Die, von der ich dir erzählt habe.»
    Er blätterte durch die Seiten, die ich meiner Schwester gezeigt hatte, betrachtete den Reiseplan, die Bilder, den kalifornischen Strand.
    «Ich dachte …» Als er endlich etwas sagte, klang seine Stimme merkwürdig erstickt. «Ich dachte, du redest von Lourdes.»
    «Wie bitte?»
    «Oder … ich weiß auch nicht … die Paralympics … was in der Art. Als du gesagt hast, du kannst nicht mitkommen, weil du ihm helfen musst, dachte ich, es geht um richtige Arbeit. Physiotherapie oder Wunderheilung oder so was. Aber das hier sieht aus …» Er schüttelte ungläubig den Kopf. «Das sieht aus wie der tollste Urlaub aller Zeiten.»
    «Na ja … das stimmt auch in gewisser Hinsicht. Aber nicht für mich. Für ihn.»
    Patrick verzog das Gesicht. «Nein …», sagte er und schüttelte wieder den Kopf, «du würdest das alles kein bisschen genießen. Den Whirlpool unterm Sternenhimmel oder mit Delfinen zu schwimmen … Oh, sieh mal, ‹Fünf-Sterne-Luxus› und ‹Rund-um-die-Uhr-Zimmerservice›.» Er sah mich an. «Das ist keine Arbeitsreise. Das sind verdammte Flitterwochen.»
    «Das ist nicht fair!»
    «Und das, was du vorhast, soll also fair sein? Erwartest du wirklich von mir, dass ich hier in aller Ruhe sitzen bleibe, während du mit einem anderen Mann einen solchen Urlaub verbringst?»
    «Sein Pfleger kommt auch mit.»
    «Oh. O ja, Nathan . Das ändert natürlich alles.»
    «Patrick, komm schon … es ist alles nicht so einfach.»
    «Dann erklär es mir.» Er hielt mir die Blätter vor die Nase. «Erklär mir das, Lou. Erklär es auf ganz allgemeinverständliche Art.»
    «Es ist wichtig, dass Will seinen Lebensmut wiederfindet, dass er etwas Gutes in seiner Zukunft sieht.»
    «Und dieses Gute würde dich einschließen?»
    «Das ist nicht fair. Sieh mal, habe ich dich je gebeten, mit der Arbeit aufzuhören, die du so gerne machst?»
    «Zu meiner Arbeit gehören keine Whirlpoolsitzungen mit fremden Männern.»
    «Tja, das wäre mir egal. Von mir aus könntest du mit fremden Männern in den Whirlpool steigen! So oft du willst!» Ich versuchte zu lächeln und hoffte, er würde es auch tun.
    Aber er wollte nichts davon wissen. «Wie würdest du dir vorkommen, Lou? Wie würdest du dir vorkommen, wenn ich

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