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Ein ganzes halbes Jahr

Ein ganzes halbes Jahr

Titel: Ein ganzes halbes Jahr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jojo Moyes
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sage, ich gehe auf eine Fitness-Tagung mit … keine Ahnung … Leanne von den Terrors, weil sie ein bisschen Aufheiterung braucht?»
    «Aufheiterung?» Ich dachte an Leanne, mit ihrem blonden Haar und ihren perfekten Beinen, und einen Augenblick fragte ich mich, warum ihm ihr Name als erster eingefallen war.
    «Und wie würdest du dich fühlen, wenn ich sage, ich gehe die ganze Zeit zusammen mit ihr essen und setze mich vielleicht mit ihr in den Whirlpool oder übernachte mit ihr woanders. Irgendwo sechstausend Meilen weit weg, bloß weil sie ein bisschen down war. Würde dir das tatsächlich nichts ausmachen?»
    «Er ist nicht ‹ein bisschen down›, Pat. Er will sich umbringen. Er will zu Dignitas und mit seinem Leben Schluss machen, verdammt.» Ich hörte das Blut in meinen Ohren rauschen. «Und du kannst nicht einfach so eine Kehrtwende hinlegen. Du warst derjenige, der Will einen Krüppel genannt hat. Du warst derjenige, der die Bemerkung gemacht hat, er könnte keine Bedrohung für dich sein. ‹Der perfekte Chef›, hast du gesagt. Jemand, über den man sich keinerlei Gedanken machen muss.»
    Er legte den Hefter auf die Arbeitsfläche.
    «Tja, Lou … jetzt mache ich mir aber Gedanken.»
    Ich ließ den Kopf in die Hände sinken. Draußen im Treppenhaus hörte ich eine Feuertür aufschwingen und Stimmen, die verschluckt wurden, als sich die Tür hinter ihnen wieder schloss.
    Patrick fuhr mit der Hand am Rand der Küchenschränke vor und zurück. Ein kleiner Muskel zuckte in seinem Kiefer. «Willst du wissen, wie sich das anfühlt, Lou? Es fühlt sich an, als würde ich ständig rennen und trotzdem immer ein bisschen hinter dem Hauptfeld zurückliegen. Es fühlt sich an …» Er atmete tief ein, als wollte er sich beherrschen. «Es fühlt sich an, als läge hinter der nächsten Kurve etwas Schlimmes, und alle wissen, was es ist, nur ich nicht.»
    Er sah mir in die Augen. «Ich glaube nicht, dass ich überreagiere. Aber ich will nicht, dass du mit ihm fährst. Es ist mir egal, wenn du nicht zu dem Viking mitkommst, aber ich will nicht, dass du diesen … diesen Urlaub machst. Mit ihm.»
    «Aber ich …»
    «Wir sind jetzt beinahe sieben Jahre zusammen. Und du kennst diesen Mann, hast diesen Job seit fünf Monaten. Fünf Monate. Wenn du mit ihm fährst, sagst du mir damit etwas über unsere Beziehung. Darüber, was du von uns hältst.»
    «Das ist nicht fair. Es sagt gar nichts über uns», widersprach ich.
    «Tut es doch, wenn ich all das sagen kann und du trotzdem noch mit ihm fahren willst.»
    In der kleinen Wohnung schien es auf einmal unglaublich ruhig zu sein. Er sah mich mit einem Ausdruck an, den ich noch nie an ihm gesehen hatte.
    Als ich schließlich etwas sagte, war meine Stimme kaum mehr als ein Flüstern. «Aber er braucht mich.»
    Sobald ich diese Worte ausgesprochen hatte, gehört hatte, wie sie aufstiegen und sich in der Luft zusammensetzten, wusste ich, wie ich mich fühlen würde, wenn Patrick dasselbe zu mir gesagt hätte.
    Er schluckte und schüttelte den Kopf, als hätte er nicht richtig verstanden, was ich da sagte. Seine Hand erstarrte an der Seite der Arbeitsfläche, und dann sah er mich an.
    «Egal, was ich sage, es ändert nichts, oder?»
    Das war typisch Patrick. Er war immer schlauer, als ich es ihm zutraute.
    «Patrick, ich …»
    Er schloss ganz kurz die Augen, und dann drehte er sich um, ging quer durchs Wohnzimmer und ließ den letzten schmutzigen Teller auf dem Sideboard stehen.

[zur Inhaltsübersicht]
    Kapitel 21
    Steven
    D as Mädchen zog am Wochenende ein. Will sagte Camilla und mir nichts davon, aber als ich am Samstagmorgen im Pyjama in den Anbau hinüberging, um festzustellen, ob Will Hilfe brauchte, weil Nathan gesagt hatte, er würde später kommen, war Louisa da, ging mit einer Schale Müsli in der einen und der Zeitung in der anderen Hand durch den Flur. Sie wurde rot, als sie mich sah. Ich weiß nicht, warum – ich trug meinen Morgenmantel über dem Pyjama, alles war vollkommen respektabel. Später ging mir durch den Kopf, dass es eine Zeit gegeben hatte, zu der es völlig normal gewesen war, morgens hübsche junge Dinger aus Wills Schlafzimmer schleichen zu sehen.
    «Ich bringe Will nur seine Post», sagte ich und wedelte damit herum.
    «Er ist noch nicht auf. Soll ich ihn wecken?» Sie hob die Zeitung vor die Brust wie einen Schutzschild. Sie trug ein Minnie-Mouse-T-Shirt und eine von den bestickten Hosen, die man früher von den Chinesinnen in Hongkong

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