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Ein ganzes halbes Jahr

Ein ganzes halbes Jahr

Titel: Ein ganzes halbes Jahr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jojo Moyes
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Entweder ist es das, oder du hast irgend so einen verqueren Florence-Nightingale-Komplex entwickelt.»
    «Glaub mir, so ist es garantiert nicht.»
    Wir starrten weiter zur Decke hinauf.
    «Aber es ist schon ein bisschen verrückt zu denken, man wäre in jemanden verliebt, der nicht … du weißt schon, der dich nicht zurücklieben kann. Vielleicht ist das alles nur eine Panikreaktion darauf, dass du endlich mit Patrick zusammengezogen bist.»
    «Ich weiß. Du hast recht.»
    «Und ihr seid schon ewig zusammen. Kein Wunder, dass du dich da in jemand anderen verknallst.»
    «Ganz besonders, da Patrick davon besessen ist, zum Marathon-König aufzusteigen.»
    «Und vielleicht hast du Will ja schon bald wieder satt. Ich weiß noch genau, dass du am Anfang gefunden hast, er wäre ein Scheusal.»
    «Das tue ich immer noch ab und zu.»
    Meine Schwester angelte sich ein Papiertaschentuch und tupfte mir die Augen ab. Dann tippte sie mir mit dem Finger auf die Wange.
    «Davon abgesehen – die Idee mit der Uni ist gut. Weil – ehrlich gesagt –, ob es jetzt mit Will den Bach runtergeht oder nicht, du brauchst auf jeden Fall einen richtigen Beruf. Du willst schließlich nicht für immer Pflegehilfe bleiben.»
    «Es geht mit Will nicht ‹den Bach runter›, wie du es ausdrückst. Er … es wird ihm gutgehen.»
    «Ja klar.»
    Mum rief nach Thomas. Wir hörten sie, wie sie unter uns in der Küche sang: «Thomas. Tomtomtomtom Thomas …»
    Treena rieb sich seufzend über die Augen. «Gehst du heute Abend zu Patrick?»
    «Ja.»
    «Sollen wir kurz was im Spotted Dog trinken, und du zeigst mir diese Pläne? Ich frage Mum, ob sie Thomas für mich ins Bett bringt. Los, komm schon, und du kannst mich einladen, nachdem du jetzt reich genug bist, um studieren zu gehen.»

    Als ich bei Patrick ankam, war es Viertel vor zehn.
    Meine Reisepläne waren bei Katrina erstaunlicherweise auf volle Zustimmung gestoßen. Sie hatte nicht mal ihre üblichen Ergänzungsvorschläge nach dem Motto ‹Ja, aber es wäre noch besser, wenn du …› gemacht. Irgendwann hatte ich mich sogar gefragt, ob sie einfach bloß nett zu mir sein wollte, weil ich offenkundig ein bisschen durchgeknallt war. Aber sie sagte dauernd Sachen wie: «Wow, ich fasse es nicht, wie du darauf gekommen bist! Du musst ihn unbedingt beim Bungee-Jumping fotografieren.» Und: «Stell dir mal sein Gesicht vor, wenn du ihm von dem Fallschirmsprung erzählst! Das wird super.»
    Ein zufälliger Beobachter im Pub hätte uns tatsächlich für zwei Freundinnen halten können, die sich richtig mochten.
    Während ich noch darüber nachdachte, schloss ich leise auf. Von draußen hatte ich kein Licht in der Wohnung gesehen, und ich fragte mich, ob Patrick wegen seines Intensivtrainings früh schlafen gegangen war. Ich ließ meine Tasche im Flur fallen, schob die Wohnzimmertür auf und dachte dabei, dass es nett von ihm war, die kleine Lampe für mich angeschaltet zu haben.
    Und da sah ich ihn. Er saß an einem Tisch, der für zwei gedeckt war. Zwischen den beiden Tellern flackerte eine Kerze. Als ich die Tür hinter mir zumachte, stand er auf. Die Kerze war halb heruntergebrannt.
    «Es tut mir leid», sagte er.
    Ich starrte ihn an.
    «Ich war ein Idiot. Du hast recht. Dein Job geht nur sechs Monate, und ich habe mich kindisch benommen. Ich sollte stolz auf dich sein, weil du etwas so Verantwortungsvolles machst und es so ernst nimmst. Ich war einfach ein bisschen … enttäuscht. Es tut mir leid. Ehrlich.»
    Er streckte die Hand aus. Ich nahm sie.
    «Es ist gut, dass du versuchst, ihm zu helfen. Es ist sogar bewundernswert.»
    «Danke.» Ich drückte seine Hand.
    Als er weitersprach, hatte er einen kurzen Seufzer ausgestoßen, als hätte er eine einstudierte Rede erfolgreich hinter sich gebracht. «Ich habe etwas zum Abendessen gemacht. Ich fürchte, es ist wieder Salat. Ich verspreche, dass wir uns in irgendeinem Restaurant so richtig den Bauch vollschlagen, wenn der Viking vorbei ist. Oder vielleicht, wenn ich auf Carboloading bin. Ich …» Er blies die Backen auf. «Ich schätze, in letzter Zeit konnte ich kaum an etwas anderes denken. Das war vermutlich Teil des Problems. Und du hast recht. Es gibt keinen Grund, aus dem du mitkommen müsstest. Es ist mein Ding. Du hast jedes Recht, stattdessen zu arbeiten.»
    «Patrick …», sagte ich.
    «Ich will nicht mit dir streiten, Lou. Verzeihst du mir?»
    Sein Blick war beunruhigt, und er roch nach Eau de Cologne. Diese beiden Tatsachen

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