Ein ganzes halbes Jahr
erfordert, nicht wahr, Treen?»
«Wir necken dich doch nur, Schatz», sagte Dad und hob seinen Teebecher. «Es ist großartig, dass du eine Arbeit hast. Wir sind jetzt schon ganz stolz auf dich. Und ich wette mit dir, sobald du deine Füße unter dem Tisch in diesem Herrenhaus hast, wollen dich diese Scheißer nicht mehr hergeben.»
«Scheißer», sagte Thomas.
«Ich doch nicht», sagte Dad kauend, bevor Mum den Mund aufmachen konnte.
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Kapitel 3
D as ist der Anbau. Früher waren hier die Stallungen, aber weil alles auf einer Ebene liegt, haben wir sie für Will umbauen lassen. Und das hier ist das Gästezimmer, in dem Nathan übernachtet, falls es erforderlich wird. Am Anfang haben wir häufig einen Pfleger für die Nächte gebraucht.»
Mrs. Traynor ging energisch durch den Flur und deutete bei ihren Erklärungen auf die Türen, ohne sich umzudrehen. Ihre Absätze hallten laut auf dem Fliesenboden. Anscheinend ging sie automatisch davon aus, dass ich mit ihr Schritt hielt.
«Und hier sind die Autoschlüssel. Ich habe Sie bei unserer Versicherung als Fahrerin angemeldet. Ich gehe davon aus, dass die persönlichen Angaben, die Sie uns gemacht haben, korrekt sind. Nathan wird Ihnen zeigen, wie die Rampe funktioniert. Sie müssen nur dafür sorgen, dass Wills Stuhl richtig positioniert ist, den Rest erledigt die Automatik. Allerdings ist er zurzeit … nicht gerade sehr darauf aus, das Haus zu verlassen.»
«Es ist auch ziemlich eisig draußen», sagte ich.
Mrs. Traynor schien mich nicht zu hören.
«Sie können sich in der Küche Tee und Kaffee kochen. Ich kümmere mich darum, dass immer genügend von allem da ist. Das Badezimmer ist da vorne …»
Sie öffnete die Tür, und ich starrte auf den Hebezug aus weißem Metall und Plastik über der Badewanne. Der Duschbereich war auf einer Ebene mit dem übrigen Fliesenboden, und daneben stand ein zusammengefalteter Rollstuhl. In der Ecke befand sich ein Schrank mit Glastüren, in dem säuberliche Stapel eingeschweißter Päckchen lagen. Ich konnte von der Tür aus nicht erkennen, was es war, aber über allem hing ein schwacher Geruch von Desinfektionsmittel.
Mrs. Traynor schloss die Tür und drehte sich kurz zu mir um. «Ich wiederhole noch einmal, wie wichtig es ist, dass Will ständig jemanden in der Nähe hat. Wir hatten einmal eine Pflegerin, die für ein paar Stunden verschwunden ist, um ihr Auto reparieren zu lassen, und Will hat sich während ihrer Abwesenheit … eine Verletzung zugezogen.» Sie schluckte bei der Erinnerung an das offensichtlich traumatisierende Geschehnis.
«Ich werde nirgends hingehen.»
«Natürlich brauchen Sie Ihre Pausen, um … auszutreten. Ich will nur deutlich machen, dass er nicht länger als, sagen wir, zehn oder fünfzehn Minuten allein gelassen werden darf. Sollte sich eine andere Notwendigkeit ergeben, melden Sie sich entweder über die Gegensprechanlage bei meinem Mann, falls er zu Hause ist, oder Sie rufen mich auf dem Handy an. Falls Sie freihaben möchten, wäre ich dankbar, wenn Sie es mir so früh wie möglich mitteilen. Es ist nicht immer leicht, eine Vertretung zu finden.»
«Ja.»
Mrs. Traynor öffnete einen Besenschrank in der Diele, damit ich hineinsehen konnte. Sie sprach wie jemand, der eine einstudierte Rede hielt.
Ich fragte mich kurz, wie viele Pfleger es vor mir schon gegeben hatte.
«Wenn Will beschäftigt ist, wäre es hilfreich, wenn Sie ein paar Haushaltsdinge erledigen könnten. Das Bettzeug waschen, mit dem Staubsauger durch die Wohnung gehen, so etwas. Die Putzmittel stehen unter der Spüle. Er will Sie vielleicht nicht die ganze Zeit um sich haben. Sie und er müssen selbst herausfinden, wie Sie am besten miteinander umgehen.»
Mrs. Traynor musterte meine Kleidung, als sähe sie mich zum ersten Mal. Ich trug die Zottelweste, von der mein Dad sagt, ich sähe darin aus wie ein Emu. Ich versuchte ein Lächeln. Es kostete viel Anstrengung.
«Ich hoffe natürlich, dass Sie … miteinander zurechtkommen. Es wäre schön, wenn er Sie mehr als Freundin und weniger als Angestellte betrachten könnte.»
«Geht klar. Was … mmh … macht er gerne?»
«Er schaut sich Filme an. Manchmal hört er eine Sendung im Radio oder Musik. Er hat ein Digitalgerät. Wenn Sie es nahe an seine Hand stellen, kann er es meistens selbst bedienen. Er kann die Finger etwas bewegen, allerdings fällt es ihm schwer, mit der Hand fest zuzufassen.»
Ich wurde etwas zuversichtlicher. Wenn
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