Ein ganzes Leben mit dem Asperger-Syndrom
(begrenzte repetitive und stereotype Verhaltensmuster, Interessen und Aktivitäten) gibt es das folgende zusätzliche Kriterium:
Neigung, Dinge schwarz oder weiß zu sehen (z. B. in der Politik oder im Moralverständnis) statt verschiedene Perspektiven flexibel zu betrachten.
Qualitative Beeinträchtigung bei der verbalen und nonverbalen Kommunikation, wobei mindestens drei der folgenden Symptome vorhanden sein müssen:
Tendenz, Gesprächsthemen auf sich selbst oder auf die eigenen Spezialinteressen zu lenken.
Deutliche Beeinträchtigung der Fähigkeit, ein Gespräch mit anderen in Gang zu bringen oder aufrechtzuerhalten. Sieht keinen Sinn in oberflächlichen sozialen Kontakten, Höflichkeiten oder darin, Zeit mit anderen zu verbringen, solange es keine klare Sachdiskussion oder Aktivität gibt.
Pedantische Redeweise oder Verwendung von zu vielen Details.
Unfähigkeit zu erkennen, wann der Zuhörer interessiert und wann er gelangweilt ist. Selbst wenn der Person gesagt wird, dass er nicht zu lange über bestimmte Spezialthemen reden soll, wird diese Schwierigkeit offenbar, wenn andere Themen zur Sprache kommen.
Häufige Tendenz, Dinge zu sagen, ohne die emotionalen Auswirkungen auf den Gesprächspartner zu berücksichtigen (Fauxpas).
Beeinträchtigung des Vorstellungsvermögens, wobei mindestens eins der folgenden Merkmale vorhanden sein muss. [Diese drei Kriterien beziehen sich auf die Kindheit.]
Mangel an variierendem, spontanem fantasievollem Spiel, das dem Alter angemessen ist.
Unfähigkeit, spontan fiktive Erzählungen ohne Vorgaben zu erzählen oder niederzuschreiben.
Entweder Mangel an Interesse an dem Alter entsprechenden fiktiven Geschichten (geschriebenen oder dramatisierten) oder Beschränkung des Interesses auf einen möglichen realen Ursprung (z. B. Science-Fiction, Geschichte, technische Aspekte des Films).
Das »Diagnosepuzzle« zusammensetzen
Am Ende der Untersuchung bietet der Facharzt oder Psychologe eine Zusammenfassung und einen Überblick über jene Merkmale der Entwicklungsgeschichte und des Fähigkeits- und Verhaltensprofils der betreffenden Person, die mit einer Diagnose Asperger-Syndrom übereinstimmen. Er beurteilt, inwieweit diese Anzeichen für eine solche Diagnose ausreichend sind.
Ich erkläre dem Klienten und der Familie die Diagnosestellung als eine Art Puzzle, das aus 100 Teilen besteht. Einige Teile des Puzzles (bzw. Merkmale des Asperger-Syndroms) sind wesentlich, etwa die Teile am Rand und an den Ecken. Wenn mehr als 80 dieser Puzzleteile miteinander verbunden sind, gilt das Puzzle als gelöst und die Diagnose wird bestätigt. Keines der Merkmale kommt jedoch ausschließlich beim Asperger-Syndrom vor. Ein normales Kind oder ein normaler Erwachsener wird ebenfalls über 10 oder 20 dieser Teile bzw. Merkmale verfügen. Die Person, die zur diagnostischen Beurteilung überwiesen wurde, hat vielleicht mehr dieser Teile als die Durchschnittsbevölkerung, manchmal aber nicht genug, oder aber es fehlen die Teile am Rand oder an den Ecken, um das Puzzle so zu vervollständigen, dass sich eine Diagnose Asperger-Syndrom ergibt.
Wenn das Puzzle nicht vollständig ist
Die Vorstellung der Diagnose als einem Puzzle kann helfen, den diagnostischen Begriff Pervasive Developmental Disorder Not Otherwise Specified bzw. PDDNOS zu erklären. [Im deutschsprachigen Raum verwenden Fachkräfte in diesen Fällen häufig den Begriff »autistische Züge«.] Dieser Begriff beschreibt jemanden, der viele der nötigen Puzzleteile zusammenbekommt, bei dem aber einige dieser Teile als atypisch oder untergrenzwertig bezeichnet werden. Es sind aber dennoch genügend Teile des Asperger-Syndroms vorhanden, dass man sagen kann, dass er das Ziel beinahe erreicht, sodass er Zugang zu den Hilfeleistungen für die Teile bekommen sollte, über die er verfügt.
Ein vollständiges Diagnosepuzzle
Kann die Diagnose Asperger-Syndrom bestätigt werden (sollte das Diagnosepuzzle also vollständig sein), so sollte der Spezialist
die positiven Eigenschaften des Asperger-Syndroms benennen, etwa, dass derjenige ein Experte auf einem bestimmten Gebiet ist;
den Grad beurteilen, zu dem sich jedes der Hauptmerkmale des Syndroms zeigt;
den gesamten Schweregrad beurteilen, aber auch
klarmachen, welche Merkmale im Fähigkeits- und Verhaltensprofil nicht auf das Asperger-Syndrom zurückzuführen sind.
Liegen noch andere Störungen vor?
Manchmal muss der Facharzt oder Psychologe auch auf Merkmale eingehen, die auf sekundäre oder
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