Ein ganzes Leben mit dem Asperger-Syndrom

komorbide Störungen zurückzuführen sind, zum Beispiel
Depressionen,
Angstzustände oder
Verhaltensstörungen.
    Möglicherweise beeinträchtigt eine solche Störung die Lebensqualität aktuell am stärksten und es wäre ratsam, sie zu behandeln.
Die Diagnosezusammenfassung aufnehmen
    Von der Zusammenfassung der Diagnose fertige ich eine Tonbandaufnahme für den Klienten bzw. für seine Familie an, sodass sich alle Beteiligten die Erklärung mehrmals anhören können, um alle Informationen und deren Auswirkungen erfassen zu können. Andere Familienmitglieder und Lehrer, die an der diagnostischen Beurteilung nicht teilnehmen konnten, können später ebenfalls die Tonbandaufnahme abhören, um den Hintergrund für die Diagnose besser zu verstehen. Mir ist auch aufgefallen, dass die Aufnahme dieser Zusammenfassung die Wahrscheinlichkeit verringert, missverstanden oder falsch zitiert zu werden, wenn andere über die Diagnose und den Schweregrad informiert werden.
Wie es weitergeht
    Die nächste Stufe ist dann die Besprechung der bekannten Ursachen des Asperger-Syndroms, empfehlenswerte einzelne Programme, die Möglichkeit staatlicher Unterstützung, Selbsthilfegruppen, wichtige Veröffentlichungen zum Thema, die wahrscheinliche Prognose der künftigen Entwicklung des Syndroms und die Beobachtung der Fortschritte, die gemacht werden. Dies alles aber wird in einer Reihe von aufeinander folgenden Terminen erledigt, sobald die Bedeutung der Diagnose verstanden und anerkannt worden ist.

Wie sicher ist die Diagnose?
    Meine klinische Auffassung und die von anderen Spezialisten ist die, dass eine Diagnose mit relativ großer Sicherheit bei einem über fünf Jahre alten Kind gestellt werden kann. Bei Kindern im vorschulischen Alter besteht nicht das gleiche Maß an Sicherheit, da in diesem Alter naturgemäß eine große Bandbreite möglicher Fähigkeiten besteht. Hier muss man immer davon ausgehen, dass einige Kinder eine Zeit lang in ihren sozialen, sprachlichen und kognitiven Fähigkeiten hinterherhinken können. Ein Profil, das dem Asperger-Syndrom ähnelt, kann sich somit nach einiger Zeit auch wieder »auflösen«. Doch auch so ein »falsch positiv« diagnostiziertes Kind kann von Programmen profitieren, die für Kinder mit Asperger-Syndrom gedacht sind, um seine Fähigkeiten des sozialen Verständnisses und der Konversation zu verbessern. Mit der Zeit wird dann das klinische bzw. diagnostische Bild klarer. Wir sind jedoch auch gerade dabei, diagnostische Beurteilungsverfahren für Kinder im vorschulischen Alter zu entwickeln. 55 Fachkräfte können einige der Beschreibungen der folgenden Abschnitte in ihr Beurteilungsverfahren für sehr junge Kinder einfügen, die möglicherweise erste Anzeichen des Asperger-Syndroms entwickeln.
Wenn sie erst im Erwachsenenalter gestellt wird
    Die Sicherheit der diagnostischen Beurteilung Erwachsener kann auch durch das unzureichende Maß an Ehrlichkeit und Korrektheit bei den Antworten des Klienten beeinträchtigt sein. Dieser kann in der Lage sein, ein Ergebnis »vorzutäuschen«, indem er Defizite bei der sozialen Kompetenz leugnet und seinen Intellekt dazu nutzt, in der künstlichen Situation eines Behandlungszimmers Antworten zu geben, wie sie für einen normalen Erwachsenen typisch sind, während er in Wahrheit offensichtliche Schwächen bei der alltäglichen sozialen Interaktion hat.
    Es gibt einen Unterschied zwischen einem Wissen auf intellektueller Ebene und der tatsächlichen Ausübung im realen Leben.
    Einige Erwachsene haben vielleicht einige Symptome, aber nicht die klinisch bedeutsame Beeinträchtigung, die notwendig ist, um die DSM-IV-Kriterien zu erfüllen. Probleme beim sozialen Verständnis sind auf ein subklinisches Maß beschränkt, weil ein Partner da ist, der die nötige Hilfestellung im Umgang mit Verhaltensregeln bietet und der Handlungen erklärt oder wieder geradebiegt, die für andere Menschen verwirrend oder unangemessen sind.
Wann ist eine Diagnose überhaupt nötig?
    Das Arbeitsumfeld kann positiv sein, weil verständnisvolle Kollegen und Vorgesetzte vorhanden sind. Unter solchen Umständen muss der Spezialist möglicherweise überlegen, inwieweit die Person, die offenbar relativ gut klarkommt und die womöglich erfolgreich im Beruf steht und einen Partner hat, überhaupt einer Diagnose Asperger-Syndrom bedarf. 56 Zum Zeitpunkt der diagnostischen Beurteilung benötigt eine solche Person vielleicht keine Behandlung durch einen Psychiater und auch keine