Ein ganzes Leben mit dem Asperger-Syndrom
schließlich auch nach einem Lebenspartner. Dieser Partner, den sie suchen, ist jemand, der sie versteht und ihnen emotionale Unterstützung und Halt in der sozialen Welt bietet – jemand, der als »Mutterfigur« und Mentor dient.
Heranwachsende Gleichaltrige sind in aller Regel viel reifer und haben mehr Wissen, wenn es darum geht, einen potenziellen Partner zu finden und sie entwickeln und praktizieren die entsprechenden Beziehungsfähigkeiten. Der Jugendliche mit Asperger-Syndrom dagegen wird oft verzweifelt fragen: »Wie finde ich eine Freundin?« Versuche, eine Beziehung zu entwickeln, die über eine platonische Freundschaft hinausgeht, können zu Zurückweisung führen oder dazu, dass sich über ihn lustig gemacht wird und zu Fehlinterpretationen von Absichten. Der Jugendliche mit Asperger-Syndrom kann sich daraufhin sozial noch verwirrter, unreifer und isolierter fühlen, als er es ohnehin schon tut.
Eine Beziehung eingehen
Später dann, wenn die betreffende Person emotional und sozial reifer geworden ist, findet sie möglicherweise einen Lebenspartner. Beide Partner können jedoch von einer Beziehungsberatung profitieren, die helfen kann, die Anpassungen zu identifizieren und zu fördern, die nötig sind, um eine solche unkonventionelle Partnerschaft für beide Seiten erfolgreich werden lassen. Heutzutage gibt es Fachbücher über Beziehungsberatung für solche Paare, bei denen ein Partner das Asperger-Syndrom hat. Im Serviceteil finden Sie eine Liste mit empfehlenswerten Büchern, Internetseiten und Institutionen.
Warum sind Freundschaften so wichtig?
Freunde zu haben, bringt einem Menschen offenbar Vorteile. Die Forschung zeigt, dass Kinder ohne Freunde später eher anfällig für Probleme werden und sich ihre soziale und emotionale Entwicklung eher verzögert, ihr Selbstwertgefühl leidet und sie als Erwachsene eher Angststörungen und Depressionen entwickeln. 7 Freunde zu haben, ist also auch eine Vorsorgemaßnahme gegen affektive Störungen.
Ein weiterer Vorteil kann darin liegen, dass dadurch die Lösung von Problemen verbessert wird. 8 Wenn eine Gruppe von Kindern gemeinsam an einer Aufgabe arbeitet, kann sie von den unterschiedlichen Perspektiven und Ideen und auch von den vermehrten körperlichen Fähigkeiten profitieren.
Schutz vor »Feinden«
Isoliert zu sein und keine Freunde zu haben macht das Kind anfällig für Hänseleien und Mobbing. Die »Jäger« in der Schule werden sich vornehmlich solche Mitschüler als Opfer suchen, die alleine und verletzlich sind und die weniger von Gleichaltrigen beschützt werden. Mehr Freunde zu haben, bedeutet also meist auch, weniger Feinde zu haben.
Freunde als Berater
Akzeptanz bei Gleichaltrigen und Freundschaften können für das Kind in dem Sinne von Vorteil sein, dass es eine weitere Meinung im Hinblick auf die Motive und Absichten anderer hinzuziehen kann, sodass der eigenen Paranoia entgegengewirkt werden kann. Freunde können einen effektiven emotionalen Beobachtungs- und Trostmechanismus bieten, insbesondere für solche Gefühle wie Angst, Wut und Depression. Freunde können Hilfestellung bei der Frage bieten, welches soziale Verhalten angemessen ist, sie können beim Aufbau des Selbstbildes und Selbstvertrauens helfen und sie können als persönliche Berater und Psychologen agieren. Deborah ist eine Erwachsene mit Asperger-Syndrom, die mir schrieb, dass »die beste Therapie bei einem geringen Selbstwertgefühl Freundschaft« ist. Das gilt besonders in der Zeit als Jugendlicher.
Teamfähigkeit einüben
Alle Eigenschaften eines guten Freundes sind auch die Eigenschaften eines guten Teammitglieds und damit wichtige Merkmale für die spätere Beschäftigung. Ich kenne Erwachsene mit Asperger-Syndrom, die beeindruckende akademische Qualifikationen vorweisen können, doch ihr Mangel an Teamfähigkeiten hat mit zu ihren Schwierigkeiten bei der Suche nach einer Arbeitsstelle oder dabei, diese Stelle zu behalten, beigetragen.
Freundschaften zu haben und Fähigkeiten in Bezug auf Freundschaften zu entwickeln kann also maßgeblich dafür sein, ob eine Person die zwischenmenschlichen Fähigkeiten entwickeln kann, um eine erfolgreiche Beschäftigung zu erlangen.
AUS DEM LEBEN
»Ohne Freunde bin ich von jeder Hilfe abgeschnitten«
Chee, ein junger Mann mit Asperger-Syndrom, schrieb dazu Folgendes:
»Das größte Problem in meinem Leben ist es, mit anderen zurechtzukommen. Ich kann keine Freundschaften schließen und ich sehne mich sehr nach Freunden.
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