Ein ganzes Leben mit dem Asperger-Syndrom
es bei ganz kleinen Kindern beobachtet.
Phase 1: Freundschaften im Alter von 3–6 Jahren
Normale Kinder im Alter von drei bis sechs haben eine funktionale und egozentrische Vorstellung von Freundschaft. Fragt man sie, warum ein bestimmtes Kind ihr Freund ist, antworten sie meist, dass es nebenan wohnt oder am selben Tisch sitzt oder dass es tolle Spielsachen hat. Spielzeug und gemeinsames Spielen stehen im Mittelpunkt der Freundschaft. Das Kind bewegt sich über das vorwiegend parallele Spielen hin zu der Erkenntnis, dass für bestimmte Aktivitäten Teilen und Gegenseitigkeit erforderlich sind.
Das Spielzeug ist das Wichtigste
Die kooperativen Fähigkeiten sind jedoch begrenzt, die wesentlichen Kennzeichen, die einen Freund definieren, sind einseitig und egozentrisch (er hilft mir oder sie mag mich). Konflikte beziehen sich meist auf den Besitz oder Gebrauch von Gegenständen und auf die Nichtbeachtung persönlicher Distanzen und Freiräume. Doch in den letzten ein oder zwei Jahren dieser Phase drehen sich die Konflikte zunehmend um Spielregeln und darum, wer gewinnt. Das Kind löst Probleme, indem es dem anderen droht oder körperliche Gewalt einsetzt. Ein Elternteil wird selten zur Vermittlung herangezogen. Kinder haben bestimmte Vorstellungen, wie sie einem in Not befindlichen Freund helfen oder wie sie ihn trösten können, betrachten im Übrigen aber das Trösten als die Aufgabe der Eltern oder der Lehrer, nicht als die eigene.
Wenn Kinder im Alter von drei bis vier Jahren gefragt werden, was sie an dem Tag unternommen haben, beschreiben sie meist, womit sie gespielt haben, während Kinder, die älter sind als vier Jahre, außerdem berichten, mit wem sie gespielt haben. Das soziale Spiel besteht nach und nach aus mehr als nur aus dem Aufbau und dem Abschluss einer gemeinsamen Handlung. Freundschaften sind in diesem Alter aber meist nur kurzlebig und das Kind hat meist ganz eigene Vorstellungen, was es tun will und wie es das tun will.
Asperger-Kinder erstreben Vorhersagbarkeit und Kontrolle
Kinder mit Asperger-Syndrom in dem Alter stellen sich ein klares Endprodukt vor, wenn sie mit Spielsachen spielen; allerdings kann es sein, dass sie dies einem Spielkameraden nicht richtig mitteilen können oder es fällt ihnen schwer, die Vorschläge des anderen Kindes zu tolerieren oder in das Spiel zu integrieren, da dies zu einem unvorhersehbaren Ergebnis führen würde. Wenn etwa das Kind mit Asperger-Syndrom beim Spiel mit Bauklötzen ein bestimmtes Bild davon im Kopf hat, wie die Struktur am Ende aussehen soll, dann wird es ihn sehr aufregen, wenn ein anderes Kind ein Bauklötzchen dorthin platziert, wo in der Vorstellung des Kindes keines hingehört. Das normale Kind dagegen wird nicht verstehen, warum sein Versuch der Zusammenarbeit zurückgewiesen wird.
Das Kind mit Asperger-Syndrom erstrebt meist Vorhersagbarkeit und Kontrolle beim Spielen, während normale Kinder eher Spontaneität und Zusammenarbeit anstreben.
Asperger-Kinder verhalten sich oft sehr bestimmend
Andere Kinder glauben oft, dass das Kind mit Asperger-Syndrom, das oft lieber allein spielt, sie nicht mag. Wenn andere Kinder ins Spiel einbezogen werden, kann das Kind mit Asperger-Syndrom diktatorisch reagieren und sich nicht an die üblichen Regeln halten und es betrachtet die anderen Kinder als Untergebene. Ein solches Verhalten wird von den anderen Kindern als arrogant empfunden und entspricht für sie mehr dem Verhalten eines Lehrers als dem eines Freundes. Somit wird das Kind mit Asperger-Syndrom, das schließlich von den anderen Kindern gemieden wird, ohne es zu wollen, unbeliebt. Es fehlen dann die Gelegenheiten, Fähigkeiten in Bezug auf Freundschaften zu gebrauchen oder zu entwickeln.
So können Sie das Kind in Phase 1 unterstützen
Einem Kind mit Asperger-Syndrom, das vielleicht nicht am Spiel mit Gleichaltrigen interessiert ist, das aber dazu motiviert werden kann, mit Erwachsenen zu spielen, kann das soziale Spiel von einem Erwachsenen beigebracht werden, der »die Rolle« eines Gleichaltrigen übernimmt. Ganz ähnlich wie Schauspieler in einem Theaterstück die Schauspielkunst lernen und ihre Rollen einüben, kann das Kind lernen, wie das wechselseitige Spielen funktioniert. Der erwachsene »Freund« wird in einer solchen Situation seine Fähigkeiten so anpassen, dass sie denen eines Kindes im selben Alter wie das Asperger-Kind entsprechen. Zweck dabei ist es, das wechselseitige Spiel zwischen Gleichrangigen zu proben, bei denen
Weitere Kostenlose Bücher