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Ein Garten im Winter

Ein Garten im Winter

Titel: Ein Garten im Winter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristin Hannah
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unendlich müde. Sie hatte es satt. Es überraschte sie kaum, dass ihre letzten Fotos Müll waren. Sie war zu ausgelaugt, um sich zu konzentrieren, und wenn sie endlich einschlafen konnte, rissen sie Träume von ihrem Vater wieder aus dem Schlaf.
    In letzter Zeit musste sie immer an seine letzten Worte denken, an das Versprechen, das er ihr abgerungen hatte. Vielleicht konnte sie sich deswegen nicht konzentrieren.
    Sie hatte dieses Versprechen nicht gehalten.
    Kein Wunder, dass sie ihr Mojo, ihren Glücksbringer, verloren hatte.
    Es war noch in Belije Notschi, in den Händen einer Frau, die sie versprochen hatte kennenzulernen.
    In der ersten Maiwoche – nur ein paar Tage früher als geplant – fuhr Nina kurz nach sieben Uhr morgens ins Wenatchee Valley. Die gezackte Silhouette der Cascade Mountain Range war immer noch schneebedeckt, doch alles andere zeigte bereits sein Frühlingsgewand.
    In Belije Notschi stand die Apfelplantage in voller Blüte. Blühende Bäume, wohin man auch sah. Als Nina zum Haus fuhr, erinnerte sie sich daran, wie ihr Vater stolz durch die Reihen geschritten war und ein kleines, schwarzhaariges Mädchen an der Hand gehalten hatte, das ihm unablässig Fragen stellte. Sind die Äpfel bald fertig, Dad? Ich habe Hunger.
    Sie sind fertig, wenn sie reif sind, Neener Beaner. Manchmal muss man Geduld haben.
    Sie war zwischen diesen Bäumen aufgewachsen, hatte dabei entdeckt, dass sie kein geduldiger Mensch war und Apfelanbau sie nicht interessierte, und dass sie das Lebenswerk ihres Vaters nicht fortsetzen würde.
    In der Einfahrt fuhr sie bis zur Garage und parkte.
    Auf der Plantage wimmelte es von Arbeitern, die durch die Bäume streiften und sie auf Käfer, Pilz oder sonst was untersuchten.
    Nina schwang sich ihre Fototasche über die Schulter und ging zum Haus. Der Garten war so leuchtend grün, dass es schon fast blendete. Am Zaun und zu beiden Seiten des Gehwegs prangten jede Menge weißer Blumen.
    Am Haus hielt sie sich nicht mit Klopfen auf. »Mom?«, rief sie, schaltete das Flurlicht ein und zog die Stiefel aus.
    Keine Antwort.
    Sie ging in die Küche.
    Das Haus roch muffig und unbewohnt. Oben war es so leer und still wie unten.
    Nina wehrte sich gegen ihre Enttäuschung. Sie hatte gewusst, dass ihre Entscheidung, Mom und Meredith zu überraschen, etwas riskant war.
    Sie ging zurück zum Mietwagen und fuhr die Straße hinauf zum Haus ihrer Schwester. An der Biegung kam ihr ein Lieferwagen entgegen.
    Sie fuhr rechts heran und wartete.
    Der Wagen wurde langsamer und hielt neben ihr. Jeff saß darin und kurbelte das Fenster herunter. »Hey, Neens. Das nenne ich eine Überraschung.«
    »Du kennst mich doch, Jeff. Heute hier, morgen dort. Wo ist Mom?«
    Jeff warf einen Blick in den Rückspiegel, als nahte von hinten ein Wagen.
    »Jeff? Was ist?«
    »Hat Meredith es dir nicht gesagt?«
    »Was denn?«
    Da sah er sie endlich an. »Sie hatte keine andere Wahl.«
    »Jeff«, sagte Nina scharf. »Ich hab keine Ahnung, wovon du redest. Wo ist meine Mutter?«
    »Im Parkview.«
    »Im Pflegeheim? Soll das ein Witz sein?«
    »Zieh keine voreiligen Schlüsse, Nina. Meredith dachte –«
    Nina trat aufs Gas, wendete den Wagen auf dem Feld und brauste los. Nach nicht mal zwanzig Minuten bog sie in die Kieseinfahrt des Pflegeheims und hielt an. Sie schnappte sich die schwere Fototasche vom Beifahrersitz und marschierte quer über den Parkplatz zum Gebäude.
    Drinnen empfing sie eine betont fröhlich gehaltene Eingangshalle mit unpassend leuchtenden Farben. Fluoreszierende, an Glühwürmchen erinnernde Lampen erstreckten sich über die Decke. Zur Linken gab es ein Wartezimmer – mit einem alten Fernseher und Stühlen in Rot, Blau und Grün. Direkt vor ihr befand sich ein großer Holzschreibtisch. Dahinter saß eine Frau mit starker Dauerwelle und telefonierte angeregt. Dabei ließ sie ihre leuchtend lackierten Fingernägel auf der Schreibtischplatte klackern.
    »Im Ernst, Margene, sie hat wirklich zugelegt –«
    »Verzeihung«, sagte Nina bestimmt. »Ich suche Anja Whitsons Zimmer. Ich bin ihre Tochter.«
    Die Empfangsdame unterbrach ihr Telefonat gerade lange genug, um »Zimmer 146, nach links« zu sagen, und widmete sich dann wieder ihrem Gespräch.
    Nina ging den breiten Gang entlang. Er wurde zu beiden Seiten von meist geschlossenen Türen gesäumt; die wenigen offenen zeigten kleine Zimmer wie im Krankenhaus, in denen jeweils zwei alte Menschen lagen. Sie erinnerte sich noch an die Zeit, als Tante

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