Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ein Gebet für die Verdammten

Ein Gebet für die Verdammten

Titel: Ein Gebet für die Verdammten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
Vom Netzwerk:
fragendem Mienenspiel seinen Obersten Richter an, und der nickte ihm kaum merklich zu.
    »Es tut mir leid, Fidelma, aber wir müssen einen Entschluß fassen. Heute früh dachte ich noch, ich könnte dir soviel Zeit einräumen, wie du brauchst. Doch inzwischen haben die Mitglieder meines Rats mir deutlich gemacht, wie der Unwille aller hier Versammelten anwächst. Daher habe ich folgendes beschlossen: Wir lassen noch eine Nacht und einen Tag verstreichen, dann versammeln wir uns wieder. Und bis dahin müssen diese Fälle einer Lösung zugeführt werden. Ist das klar?«
    Brehon Ninnid erhob sich, und er und Fidelma verneigten sich vor dem Hochkönig und bekundeten damit ihr Einverständnis.
    Draußen vor dem Königsgemach machte Fidelma ihrem Ärger Luft. »Der Gerechtigkeit ist nicht gedient, wenn man einfach den Leuten nachgibt, weil sie mißmutig werden und nach Hause wollen.«
    »Oder heiraten wollen«, ergänzte Eadulf und grinste bei seinem Versuch, dem Gespräch eine heitere Note zu geben. Fidelmas Züge wurden einen Augenblick weich. »Auch Richter scheinen den tieferen Sinn unserer Gesetzgebung zu vergessen –
ius est ars boni et aequi

    »Rechtsprechung ist die Kunst des Guten und Gerechten«, übersetzte Eadulf. »Ich fürchte, unser Freund Ninnid glaubt eher, es sei die Kunst, sich Ansehen zu verschaffen. Egal, wasmachen wir jetzt? Es ist fast dunkel. Uns bleibt nur noch diese eine Nacht und der morgige Tag.«
    »Du gehst nach Hause und kümmerst dich um unseren kleinen Alchú und Muirgen. Laß dir etwas zu essen machen. Ich komme auch bald. Ich möchte noch einmal mit Abt Laisran reden.«
    »Laisran? Weshalb?«
    Fidelma lächelte. »In Zeiten der Bedrängnis ist er oft ein guter Ratgeber.«

KAPITEL 15
    Abt Laisran mit dem pausbäckigen, rosigen Gesicht schaute nicht so unbekümmert drein wie sonst. »Es tut mir leid«, begrüßte er seine Base, »daß auf den Tagen, die für dich eine Zeit der Glückseligkeit sein sollten, ein Fluch liegt.«
    »Auch diese Tage werden vorübergehen«, versicherte Fidelma ihm gleichmütig. »Bis morgen abend muß ich die Fälle gelöst haben.«
    Der Abt forderte sie mit einer Handbewegung auf, Platz zu nehmen. »Und? Bist du schon dicht dran?« erkundigte er sich.
    »So richtig nicht. Ich habe viele Fragen, finde aber nicht die rechten Leute, die sie beantworten. Deshalb komme ich auch zu dir.«
    Abt Laisran lehnte sich vor dem Kaminfeuer genüßlich zurück, faltete die Hände über seinem Bäuchlein und lächelte selbstzufrieden.
    »Du weißt ja, mir ist das Glück beschieden, Abt von Durrow zu sein. Studenten aus allen Ecken der Welt kommen dort hin und gehen nach ihrer Ausbildung wieder an ihre Heimatorte zurück. Es gibt kaum ein Gerücht, das nicht meine Ohren erreicht. Fragt sich, wie kann ich dir helfen? Duhast gewiß längst erfahren, daß Ultán von den Uí Thuirtrí nicht immer der fromme Glaubensbruder war, der zu sein er vorgab. Da dürften sich doch Anknüpfungspunkte für deine Nachforschungen finden.«
    »Das macht die Sache eher vertrackter. Viele haßten ihn, wie ich inzwischen weiß.«
    »Kann ich mir denken. Ein liebenswerter Geselle war er beileibe nicht. »
    »Da dem aber so ist, gibt es nicht wenige, die ihn am liebsten umgebracht hätten.«
    »Und soviel ich gehört habe, hatten etliche guten Grund dazu«, bekräftigte der Abt. »Es hat mich nicht einmal überrascht, als der Finger des Verdachts auf Muirchertach Nár wies.«
    Fidelma wurde hellhörig. »Was weißt du über ihn?«
    »Ach, der arme Muirchertach.« Laisran schüttelte den Kopf und mimte den Tiefbetrübten. »Wie ich höre, weilt er nicht mehr in diesem Jammertal. Man sagt ja
de mortuis nihil nisi bene …
Über die Toten redet man nur Gutes. Doch wenn im Gericht die guten und die schlechten Seiten eines Menschen untersucht werden, muß man wohl wahrheitsgemäß Auskunft geben. Im Grunde genommen war er übel dran. Er stand völlig im Schatten seines Vaters, des Königs Guaire. Als er König von Connacht wurde, mühte er sich, ihm nachzueifern. Ich möchte wetten, seine Frau … seine Witwe«, berichtigte er sich, »kannst du nicht ausstehen. Lady Aíbnat! Das ist weiß Gott eine seltsame Lady. Unter ihren Bediensteten geht das Wort um, wenn man sie in eine leere Kammer sperrte, würde sie sich selbst mit den Wänden streiten.«
    Fidelma gluckste belustigt. »Das kann ich mir gut vorstellen.«
    »Warum sie und Muirchertach geheiratet haben, ist mir unklar.Sie gehört zum Stamm der

Weitere Kostenlose Bücher