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Ein Gebet für die Verdammten

Ein Gebet für die Verdammten

Titel: Ein Gebet für die Verdammten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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Unschuld bezeugen können?«
    »Nicht ohne mich selbst verdächtig zu machen oder zu enthüllen, daß Marga die Mörderin war.«
    »Wann hast du Schwester Sétach davon erzählt?« fragte Fidelma. »Wann hast du ihr aufgetragen, das Gemach des Abts zu durchsuchen?«
    Abermals war Bruder Drón höchst erstaunt, wie gut sie Bescheid wußte.
    »Du weißt sehr wohl, daß Schwester Sétach am Tag nach dem Mord zu Ultáns Gemach ging«, erklärte ihm Fidelma.»Der Wachposten verwehrte ihr den Zutritt. Sie sollte aber etwas ganz Wichtiges holen. In ihrer Verzweiflung kletterte sie auf den Mauersims, der außen am Gebäude entlangläuft, und tastete sich von der Nische im Gang bis zum Fenster von Ultáns Zimmer vor. Ich vermute, du hattest ihr erzählt, wie Ultán ums Leben gekommen war. Wonach sollte sie dort suchen?«
    Bruder Drón fiel es schwer zu antworten. »Am nächsten Tag wußte ja jeder von dem Mord, und daß Muirchertach Nár der Tatverdächtige war. Morgens in der Kapelle habe ich Schwester Sétach beiseite genommen und ihr erzählt, was ich wußte – Schwester Marga hat Abt Ultán ermordet. Ich habe ihr gesagt, ich wolle Marga nach Cill Ria schaffen, sobald es möglich ist, von hier wegzukommen. In ihrer Klostergemeinschaft, unter den Augen ihrer Mitschwestern, würden wir sie mit der ganzen Strenge der Pönitenzvorschriften abstrafen.«
    »Und Muirchertach Nár trotzdem die Schuld an dem Mord anlasten?« Fidelma war über sein Eingeständnis entsetzt.
    Bruder Drón zuckte die Achseln. »Das war Gottes Richtspruch über den Mann. Er war kein Freund der Abtei Cill Ria oder der Ansichten, die wir vertreten. Ich frohlocke über seinen Tod.«
    »Es fällt mir schwer, zu begreifen, wie du nicht nur die Gesetze des Landes mißachten konntest, sondern auch das Gebot der Barmherzigkeit des Glaubens, den du vorgibst so eifrig zu verfechten. Weshalb also sollte Schwester Sétach an dem Abend in Abt Ultáns Gemach eindringen?«
    »Wir erachteten es als unsere Pflicht, sicherzustellen, daß keinerlei Beweise dort verblieben, die Abt Ultán in Verbindung mit Schwester Marga bloßstellen konnten. Ich befürchtete,daß sich in Ultáns Sachen etwas Verräterisches befinden könnte, das Schlüsse auf Marga zuließ. Schwester Sétach erbot sich, diese Aufgabe zu übernehmen. Doch kaum hatte sie begonnen, den Raum zu durchsuchen, da bist du ihr leider mit dem angelsächsischen Bruder in die Quere gekommen. Zunächst war sie ratlos, dann glaubte sie, euren Verdacht zerstreut zu haben, indem sie euch erzählte, was annähernd der Wahrheit entsprach.«
    Fidelma lächelte spöttisch. »Sie hat lediglich unsere Verdachtsmomente verstärkt. Bei all dem will es mir nicht in den Kopf, wie du, ein ergebener Mönch, es zulassen konntest, einem Unschuldigen die Schuld anzulasten, und Ränke schmiedetest, damit eine Person, die du des Mordes für schuldig hältst, dem Gesetz entrinnt …«
    »Nicht dem Gesetz entrinnt«, rief Bruder Drón dazwischen, »sondern einem höheren Gesetz unterworfen wird und alle Qualen erleidet, die einer Hexe und Mörderin zukommen.«
    Fanatischer Eifer verzerrte sein Gesicht, und Fidelma begriff, daß er wirklich an das glaubte, was er da sagte.
    »Gott sei Dank, daß die Pönitenzvorschriften in diesem Lande nicht gelten. Immerhin wirst du dich den Gesetzen zu unterwerfen haben, die uns leiten«, sagte Fidelma bestimmt und erhob sich.
    Bruder Drón ließ sich nicht in die Schranken weisen. »Du magst Zuflucht in deinen von Menschen gemachten Regeln suchen. Aber vergiß nicht, Schwester Fidelma, du selbst wirst dich eines Tages nach den Regeln des Glaubens zu verantworten haben.«
    »Und welche Regeln sind das? Etwa die Pönitenzvorschriften? Wer hat die aufgestellt? Sind sie nicht auch von Menschen gemacht?«
    »Sie sind das Gesetz! Das Gesetz des Glaubens!« schleuderte ihr Bruder Drón entgegen.
    »Bei der Auslegung des Wortes ›Gesetz‹ solltest du Vorsicht walten lassen.«
    »Christus hat gesagt, er sei gekommen, um das Gesetz zu erfüllen, das Gesetz währe ewiglich und die Menschen müßten ihm gehorchen«, knurrte Bruder Drón.
    »Und dieses Gesetz war das Mosaische Gesetz, waren die zehn Gebote, nicht deine Pönitenzvorschriften, die erdacht worden sind, um der Menschheit Leiden aufzuerlegen. Christus hat nach den Geboten gelebt, aber die von Menschen gemachten Gesetze hat er nicht geachtet. Hat er sich nicht gegen Verhaltensregeln seines eigenen Volkes gewendet, wie rituelle Waschungen oder

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