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Ein Gebet für die Verdammten

Ein Gebet für die Verdammten

Titel: Ein Gebet für die Verdammten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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brauchte meinen Rat.«
    »Und wie weiter?« drängte ihn Fidelma.
    »Er forderte mich auf, gegen Mitternacht in sein Gemach zu kommen und die theologischen Begründungen durchzusehen, die er vortragen wollte. Gleich beim Verlassen meiner Kammer sah ich, Abt Ultáns Tür stand offen. Seine Tür ging ja auf denselben Gang wie meine. Dann erschien Schwester Marga; sie bemerkte mich nicht, und ich machte sofort einen Schritt zurück in mein Zimmer, denn zu der Stunde schien es mir nicht angebracht, Abt Ultán oder Schwester Marga mitbekommen zu lassen, daß ich um ihr dunkles Geheimnis wußte.«
    »Dein Gespür für Schicklichkeiten ist in der Tat sonderbar, Bruder Drón«, flocht Eadulf nüchtern ein. »Du wußtest, er hat eine Schwäche für Frauen, du kanntest sogar die dunkleren Geheimnisse seiner Seele, wie etwa seinen Hang zum Sadismus, zum Zu-Tode-Prügeln seiner Opfer … Ich denke an das arme angelsächsische Weib auf Colmáns Insel. Über solche Dinge konntest du hinwegsehen. Doch nun sollen wir dir glauben, du wärest um seine Empfindsamkeiten besorgt gewesen oder hättest Margas Gefühle nicht verletzen wollen. Was für ein Spiel hast du da getrieben?«
    Bruder Drón wurde puterrot. »Ich habe keinerlei Spiel getrieben. Ich …«
    »Vielleicht hast du überlegt, wie sich die Situation am besten für deine Zwecke nutzen ließ.«
    Der Hieb saß, dem Klosterbruder verschlug es die Sprache.
    »Mach weiter«, forderte Fidelma. »Du hast gesehen, wie Marga aus Ultáns Gemach kam. Was geschah dann?«
    »Ich blieb eine Weile da, wo ich war, wollte Abt Ultán genügend Zeit lassen. Er sollte keine Befürchtungen haben, ich hätte gesehen, daß jemand sein Gemach verließ.«
    »Wie lange hast du gewartet?« fragte Fidelma. Immerhin bestätigte Dróns Geschichte die von Fergus Fanat, dachte sie.
    »Nicht lange. Ich glaube nicht, daß meine Kerze mehr als ein
gráinne
heruntergebrannt war.« Damit deutete er das kleinste irische Maß an, nämlich die Länge eines Weizenkorns.
    »Und dann hast du dich in Ultáns Gemach begeben?«
    »Die Tür war zu. Ich klopfte. Doch niemand antwortete. Zu meiner Überraschung stellte ich fest, daß die Tür nicht verriegelt war. Ich ging also hinein und sah Abt Ultán rücklings auf dem Bett liegen. Mir war klar, was sich abgespielt hatte. Schwester Marga hatte ihn erdolcht. So schnell ich konnte, verließ ich den Raum, schloß die Tür und rannte den Gang entlang, um Schwester Marga zur Rede zu stellen.«
    »In deiner Hast bist du gestolpert und hingefallen«, unterbrach ihn Fidelma.
    Verblüfft schaute er sie an. »Woher weißt du …«, fing er an, nickte aber gleich. »Ah, von Dúnchad Muirisci. Ich fiel vor seiner Tür hin, er öffnete und sah, wie ich mich gerade aufrappelte. Ich bin gestolpert, habe ich ihm nur gesagt. Aber der Sturz brachte mich zur Besinnung. Es wäre unserem höheren Zweck nicht dienlich gewesen, Marga jetzt gleich wegen Ultáns Tod zu beschuldigen. Weshalb sollte man das tun?«
    »Der Gerechtigkeit wegen?« warf Eadulf zynisch ein.
    Bruder Drón überhörte das. »Ich überlegte mir, daß wir sie besser nach Cill Ria zurückschaffen sollten, wo man ihren Glaubensbrüdern und -schwestern schildern würde, was sie verbrochen hatte, und wo man sie der Bestrafung unterwerfen würde, die unsere Regeln vorsehen. Man konnte sie nichtmit einer einfachen Geldbuße davonkommen lassen, wie es die Gesetze der Brehons vorschreiben. Ich verzog mich in meine Kammer und überdachte die entstandene Lage.«
    »Und wann bekamst du mit, daß man Muirchertach Nár der Ermordung von Abt Ultán verdächtigte? Warum hast du deine Erkenntnisse für dich behalten?«
    »Aus eben dem Grund. Schwester Marga mußte zur Bestrafung nach Cill Ria gebracht werden.«
    »Wann hast du erfahren, daß Muirchertach beschuldigt wurde?«
    »Ich habe großen Lärm auf dem Gang gehört und schnappte auf, wie ein Wächter einem anderen sagte, man hätte Muirchertach Nár aus Ultáns Gemach fliehen sehen, kurz bevor der Abt ermordet aufgefunden wurde. Ich konnte mir denken, was passiert war. Bald, nachdem ich in meine Kammer zurückgekehrt war, hatte Muirchertach Nár Ultán aufgesucht und wahrscheinlich ähnlich ahnungslos wie ich die Tür geöffnet. Er sah den toten Ultán, machte kehrt und floh, doch im selben Moment kamen Brehon Baithen und einer von der Leibwache den Gang entlang. Sie zogen natürlich die Schlußfolgerung, die auf der Hand lag.«
    »Demnach hättest du sofort Muirchertach Nárs

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