Ein Gebet für die Verdammten
und dann antwortete ihm einer und noch einer, bis das Echo ihres Geheuls wie ein Geisterchor die Täler füllte. Die drei Brüder schritten an den Scheiterhaufen und stießen die brennende Fackel hinein. Die zwischen die Holzscheite gestapelten trockenen Zweige und Äste fingen sofort Feuer, und binnen kurzem schlugen gewaltige Flammen zum nächtlichen Himmel empor.
KAPITEL 19
Gegen Mittag erschallte das Horn der Torwächter. Erleichtert schaute Fidelma von dem
brandubh- Brett
hoch, auf dem sie mit ihrem Vetter, dem Abt Laisran von Durrow, eine Partie spielte. Der pausbäckige Geistliche sah belustigt, wie sich ihre Gesichtszüge entspannten, und lächelte ihr über dem hölzernen Spielbrett zu.
»Ich vermute, die Hornsignale melden Bruder Eadulfs Rückkehr.«
Fidelma erhob sich betont lässig und schritt zum Fenster,von dem aus man auf den Burghof blickte. Sie mühte sich, ruhig und gleichgültig zu wirken und ihre innere Erregung zu unterdrücken. In den großen Innenhof zog eine Kavalkade von Reitern ein. Fidelma tat, als nähme sie es ungerührt zur Kenntnis.
Eadulf und Gormán ritten an der Spitze des Zuges; ihnen folgte Schwester Marga mit dem Krieger, den sie zum Schutz der jungen Nonne ins Eatharlaí-Tal geschickt hatte. Danach kamen die drei angelsächsischen Brüder Berrihert, Pecanum und Noavan, und den Schluß bildeten Miach, der Stammesfürst der Uí Cuileann, und zwei seiner Krieger.
Fidelma wandte sich wieder dem Abt zu und setzte sich ans
brandubh- Spiel
. Was ihn verwunderte.
»Eadulf ist zurück«, bestätigte sie seine unausgesprochene Frage.
»Dann können wir unsere Partie auch später beenden«, schlug Laisran vor.
»So sehr lenkt mich das nicht ab, mein lieber Vetter, daß ich das Spiel nicht gewinnen könnte, bevor ich gehe und ihn begrüße.«
Ihr Partner gluckste vergnügt, schaute aufs Brett und prüfte die Stellung der Steine. »Noch ist meine Position ungefährdet. Du dürftest eine Weile brauchen, um mich zu schwächen.«
»Ich mache drei Züge, und deine Angreifer können meinem Hochkönig nichts mehr anhaben.«
Er runzelte die Stirn, beugte sich vor und blickte angestrengt aufs Brettspiel. »Das wollen wir doch mal sehen …«
»Du hast keinen Vorteil«, erklärte sie. »Du kannst nicht anders, du mußt deinen Angriff von hier beginnen, und ich ziehe dahin und dann …«
Sie zeigte auf die Felder des
brandubh-
Spielbretts, und erbegriff sofort, was sie vorhatte. Es war logisch. Kein Wunder, sie ging immer logisch vor. Er seufzte und suchte sich zu erinnern, wann er in einem Spiel gegen seine junge Verwandte das letzte Mal gesiegt hatte.
»Da muß ich mich wohl geschlagen geben, du hast gewonnen«, gestand er ihr mit vorgetäuschter Trauermiene.
Fidelma zögerte, hatte sie sich taktlos benommen? Aber schon lachte der Abt wieder.
»Bedeutet Eadulfs Rückkehr, daß nun des Rätsels Lösung in greifbare Nähe rückt?«
»Ich glaube, ja. Alle, die mit den Fällen zu tun haben, sind wieder in Cashel. Gleich nach dem Mittag werde ich meine Lösung vortragen, wie ich es dem Obersten Richter Barrán versprochen habe.«
Der Abt hob die Brauen. »Demnach weißt du bereits, wer Bischof Ultán und Muirchertach Nár ermordet hat?«
Fidelma stand auf. »Ich bin mir ziemlich sicher, doch die Wahrheit in diesen Dingen herauszufiltern ist wie eine Partie
brandubh
spielen.«
»Das verstehe ich nicht.«
Sie zeigte auf das Brett. »Nehmen wir mal an, die Figuren stellen die Beteiligten an den Vorgängen dar. Hier haben wir das Spielbrett mit sieben mal sieben Quadraten, also neunundvierzig Feldern insgesamt. Auf diesem Brett bewegen sich der Mörder und die Tatverdächtigen in dieser oder jener Richtung. Die Figur des Hochkönigs stellt den Mörder dar. Die vier Verteidiger-Steine sind die fälschlich Verdächtigten, die am Ende schuldlos sind. Unsere Nachforschungen beginnen von den vier Seiten des Brettes. Vier Angreifer-Steine betrachten wir als Fahnder. Die Angreifer-Steine können sich nur in logischen Linien vorwärtsbewegen; die Verteidiger, also unsere Tatverdächtigen, können beliebig ziehen. DerMörder im Mittelpunkt kann auch in verschiedene Richtungen gehen, aber nicht so weit wie die Verteidiger. Er darf sich immer nur jeweils ein Feld weiter bewegen. Der Mörder ist eingeschränkt und behindert.«
Abt Laisran blickte aufs Spielbrett und versuchte ihrer Logik zu folgen. »Gut, deine Rollenverteilung begreife ich. Und wie geht’s weiter?«
Fidelma beugte sich über das
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