Ein Gebet für die Verdammten
Brett. »Die Angreifer müssen erbarmungslos vorgehen und jeden Verteidiger ausschalten, ehe sie gegen den Hochkönig vorrücken, der letzten Endes festgesetzt, das heißt bewegungsunfähig wird. Die Fahnder müssen sich also jeden Verdächtigen vornehmen und im Ergebnis der Befragung von der Hauptverhandlung ausschließen. Erst dann können sie den Mörder einkreisen und dingfest machen.«
»Das verstehe ich noch«, räumte der Abt ein, »doch wie wird deine Analogie mit dem Spiel in der Wirklichkeit aufgehen?«
Sie richtete sich auf und setzte ihre Erklärung fort. »Das
brandubh- Brett
verwandelt sich in die Große Halle, in der sich Spieler und Spielfiguren versammeln. Ich eröffne den Angriff und führe in Anwesenheit des Obersten Richters Barrán aus, warum die Verdächtigten die Tat nicht begangen haben, und treibe den Mörder schließlich in die Enge.« Schon war sie mit den Gedanken woanders, wandte sich zur Tür und sagte: »Bevor es soweit ist, muß ich noch ein paar Dinge mit Eadulf besprechen.«
Eine Stunde später saßen Fidelma und Eadulf in ihrem Gemach und ließen sich von Muirgen verwöhnen. Sie berichteten einander, was sich zugetragen hatte, seit sie sich tags zuvor getrennt hatten.
»Und wo ist Schwester Marga jetzt untergebracht?« erkundigte sich Fidelma.
»Weil sie dazu neigt, sich davonzustehlen und die Flucht zu ergreifen, habe ich sie in einem der Gästezimmer einschließen lassen. Willst du sie jetzt befragen?«
»Nicht sofort.« Sie winkte Muirgen, die mit Alchú spielte, zu sich und beauftragte sie, zu Marga zu gehen. »Nach dem Ritt vom Eatharlaí-Tal wird sie ein Bad nötig haben. Beschaffe ihr alles, was sie braucht, Duftstoffe, Öle, Seife und dergleichen. Sag ihr, Bruder Conchobhar kann sie mit wohlriechenden Zusätzen für ihr Bad versehen, falls sie das möchte; sie soll keine Hemmungen haben, um etwas zu bitten. Wenn sie gebadet hat, suche ich sie auf und unterhalte mich mit ihr.«
Muirgen war ein einfaches Gemüt und nahm Fidelmas Weisungen unbesehen hin, nur Eadulf betrachtete seine Frau, als hätte sie den Verstand verloren. Doch die blieb völlig ernst und tat, als bemerkte sie seine stumme Frage nicht.
»Und schick eine Dienerin her, die sich um Alchú kümmert, solange du weg bist«, gab sie Muirgen noch mit auf den Weg.
Sobald die Hilfsamme da war, konzentrierte sich Fidelma auf ihre nächste Aufgabe. »Jetzt können wir uns endlich Bruder Drón vorknöpfen.« Rasch schilderte sie Eadulf, wie Caol und seine Krieger den Glaubensbruder aus dem Norden abends im Gasthaus in Rath na Drínne überrascht und zurück in die Festung gebracht hatten.
Bruder Drón schaute finster auf, als sie den Raum betraten, in den man ihn gesperrt hatte.
»Eine Närrin bist du, Schwester Fidelma! Die ganze Zeit bin ich Marga nachgejagt, weil ich wußte, sie hat Abt Ultán getötet,wie sie zweifelsohne auch Muirchertach umgebracht hat, nachdem der dahintergekommen war, was sie getan hatte.«
Fidelma nahm sich einen Stuhl. »Berichte erst einmal, was dich zu dieser Ansicht veranlaßt.«
Bruder Drón runzelte die Stirn und war drauf und dran, sich mit ihr anzulegen, aber Fidelma drängte ihn, seine Gründe darzulegen.
»Schwester Marga war eine Versucherin, eine Sirene, aus der Unterwelt heraufbeschworen, um den gottesfürchtigen Abt zu verführen. Sie zwang ihm eine unnatürliche Beziehung auf.«
»Räumst du etwa ein, daß zwischen dem Abt und Schwester Marga ein sexuelles Verhältnis bestand?« fragte Fidelma mit eisiger Miene.
»Die Schuld lag völlig bei ihr«, erwiderte Bruder Drón. »Wie sonst wäre er der Versuchung erlegen, hätte sie ihn nicht verführt?«
»Soweit mir bekannt ist, bedurfte er kaum einer Versuchung«, warf Fidelma spitzzüngig ein. »Hältst du deine Präambel für nötig, um deine Behauptung zu begründen, Marga hätte ihn getötet?«
»Marga haßte ihn mit der Zeit. Höchstwahrscheinlich, weil er zuletzt ihre Annäherungsversuche von sich wies. Deshalb hat sie ihn ermordet.«
»Ich weiß von vielen, die Abt Ultán aus weit triftigeren Gründen haßten.«
»Ich war Zeuge in jener Nacht. Ein Zeuge des Mords.«
»Ein Zeuge?« Zum ersten Mal war Fidelma ehrlich überrascht.
»Ich bin in jener Nacht noch ziemlich spät zu Bischof Ultán gegangen.«
»Warum?« forschte Eadulf.
Bruder Drón blinzelte, die Unterbrechung kam unerwartet. »Warum?« Er zögerte. »Abt Ultán arbeitete an der Protestdeklaration gegen eure Heirat am nächsten Tag. Er
Weitere Kostenlose Bücher