Ein Gebet für die Verdammten
weshalb Gott Mann und Frau erschaffen hat?«
»Verstehst du jetzt, daß ich es seltsam finde, daß sich zum gleichen Zeitpunkt auch die Angelsachsen hier einfinden?«
»Quam saepe forte temere eveniunt«
, zitierte Eadulf. »Wie oft geschehen Dinge rein zufällig.«
»Ich wußte gar nicht, daß du Terenz gelesen hast«, reagierte Fidelma überrascht.
»Beim Stöbern in der Bibliothek ist mir eine Abschrift seines Stücks ›Phormio‹ in die Hände gekommen«, erwiderte er.
»Wie gut kennst du eigentlich diese Angelsachsen?«
»Ehrlich gestanden, daß ich sie genau kenne, kann ich nicht gerade behaupten«, meinte er nachdenklich. »Kennengelernt habe ich Berrihert beim Studium in Tuam Brecain, er war dort Schüler wie ich. Im Grunde genommen ist er nicht wirklich ein Sachse, er gehört zu den Angeln in Deira, einem Teil des Königreichs Northumbrien.« Er machte diesen Zusatz, um die Stammeszugehörigkeit klarzustellen, war ihm doch bewußt, daß in den Augen der Iren alle Angeln und Sachsen schlicht als Sachsen galten. »Dann bin ich ihm erst wieder in Whitby auf der großen Synode begegnet, wo ja auch wir uns kennengelernt haben. Er war in sein Heimatland zurückgekehrt und hatte die jüngeren Brüder bekehrt. Ich wüßte nicht, weshalb ich ihre Beweggründe anzweifeln sollte. Schließlich haben sie ihre Heimstatt aufgegeben und sind Colmán hierher gefolgt in der Zuversicht, ihren Glauben in diesem Land so praktizieren zu können, wie man sie es gelehrt hat.«
Recht überzeugt schien Fidelma nicht. »Vielleicht bin ich ein wenig zu argwöhnisch«, meinte sie achselzuckend.
»Nur weil sie Fremdlinge in deinem Land sind? Ein Sprichwort besagt sogar: ›Kalt ist der Wind, der Fremde ins Land weht‹!«
Er erntete nur einen kritischen Blick. »Darf ich dir die Redensart richtig deuten? Sie ist vor allem bei unseren Küstenbewohnern verbreitet und bezieht sich auf deren Befürchtungen, wenn Segel von Seeräubern gesichtet werden.«
Eadulf entging nicht der ihm bekannte bissige Unterton,den sie in bestimmten Situationen an sich hatte. »Und weshalb bist du dann meinen Landsleuten gegenüber so mißtrauisch? Wahrscheinlich sind sie rein zufällig gerade jetzt hier. Schließlich regiert der Zufall die Menschen, und nicht die Menschen regieren den Zufall.«
»Darauf wolltest du vorhin schon hinaus«, bemerkte sie und lächelte. »Vermutlich bin ich nur beunruhigt. Der alte Bruder Conchobhar hat da so etwas fallenlassen …«
»Was hat der alte Wahrsager dir denn diesmal weisgemacht? Hat er wieder den nächtlichen Himmel betrachtet und Düsteres und Verhängnisvolles in den Sternen gelesen?«
Fidelma wußte, daß Eadulf trotz dieser Bemerkung Bruder Conchobhar achtete. »Er legt uns nahe, in den nächsten Tagen achtsam zu sein, das ist alles.«
Eadulf sah den Ernst in ihren Augen, und kurz war auch ihm beklommen zumute, doch gleich gewann die Heiterkeit wieder Oberhand über ihn. »Sei unbesorgt. Was soll schon noch schiefgehen? Caol hat mir verraten, daß selbst der Hochkönig anreist, um unserer Hochzeit beizuwohnen. Und bei all den Adligen und Kriegern, die kommen und dir huldigen wollen, da kann doch gar nichts passieren.«
An der Tür klopfte es, und Muirgen erschien.
»Das Bad ist bereitet«, verkündete sie, »und, Lady, dein Bruder, der König, bittet euch beide heute abend zum Mahl.«
Eadulf stand auf und zog das wollene Tuch fester um sich. »Ich geh also und steige in den Zuber. Langsam gewöhne ich mich sogar an die bei euch üblichen täglichen Waschungen«, fügte er mit einem schelmischen Grinsen hinzu und verließ den Raum.
Muirgen wollte ihm folgen, aber Fidelma hielt sie zurück. Die Amme schloß die Tür hinter Eadulf und wartete geduldig.
»Was macht Klein-Alchú?« fragte Fidelma.
Die Gesichtszüge der Amme entspannten sich. »Er schläft ganz friedlich, Lady«, erwiderte sie liebevoll. »Beunruhigt dich etwas?«
Fidelma wollte schon den Kopf schütteln, gab dann aber zu: »Ich bin irgendwie besorgt, ja. Wie steht es mit den Gästen? Sind die ersten bereits eingetroffen?«
Rasch nickte Muirgen. »Einige sind schon da. Aber die meisten werden erst morgen erwartet. Fürst Finguine will unten auf dem Plateau Zelte aufschlagen lassen, denn man rechnet mit ganzen Heerscharen, und nicht alle können auf der Burg untergebracht werden.« Finguine war der
tánaiste
des Königs, der Thronfolger. »Bist du nervös? Alle fünf Königreiche kommen, um mit dir zu feiern.«
Fidelma zögerte mit
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