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Ein Gebet für die Verdammten

Ein Gebet für die Verdammten

Titel: Ein Gebet für die Verdammten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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Besucher und wurde sich, vielleicht sogar zum ersten Mal, dessen bewußt, daß er im Grunde genommen menschenscheu war. Ausgerechnet ein Mann wie er stand nun im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit und mußte prüfende Blicke von Bewohnern aller fünf Königreiche über sich ergehen lassen. Am liebsten wäre er dem Ganzen entflohen. Er war nicht mehr und nicht weniger als der Erbfolge gemäß ein
gerefa,
ein Friedensrichter in seinem Südvolk, den Ostangeln. In jungen Jahren hatte er sich von den Göttern und Göttinnen seines Volkes losgesagt. Seit der schicksalsträchtigen Synode von Whitby stand für ihn fest, daß er und Fidelma von Cashel für immer zusammengehörten. Trotzdem hatte es einige Jahre gedauert, bis sie sich zu einer Ehe auf Probe entschieden. Nach irischem Gesetz hatten sie sich für ein Jahr und einen Tag aneinander gebunden. Während dieser Zeit war Fidelma seine
ben charrthach,
seine geliebte Frau geworden, und er war in seiner Rolle als ihr
fer comtha
mit allen Rechten als Ehemann glücklich gewesen. Auch Alchú, ihr »kleiner Welpe«, war in dem Jahr geboren worden. Jetzt war die Probezeit vorüber, und beide konnten, jeder für sich, ohne gegenseitige Schuldzuweisung oder Abfindung ihrer Wege gehen. Aber sie hatten beschlossen, ihr Ehegelöbnis zu erneuern.
    Eadulf hatte gedacht, es würde eine ebenso einfache und unspektakuläre Geschichte werden wie damals, als sie sich ihr Versprechen für das Probejahr gaben. Aber es stellte sich ganz anders dar. Er hatte sich nicht bis ins letzte klargemacht, daß Fidelma eine Königstochter der Eóghanacht, des Herrscherhauses von Muman war, und daß ihr Bruder Colgú von denStammbaumforschern als folgerichtiger Nachfahre in der achtzigsten Generation von Gaedheal Glas, auf den der Name der Gaelen zurückgeht, gefeiert wurde, sowie in der neunundfünfzigsten Generation bis auf Eibhear Fionn, Sohn des Golamh, genannt Míldih, zurückzuverfolgen war, der die Kinder der Gaelen nach Éireann brachte. Tausendmal hatte Eadulf gehört, wie die Ahnentafel, die
forsundud,
wie die Barden sie nannten, besungen wurde, aber daß die offizielle Eheschließung von Fidelma dermaßen viele Könige und Edelleute und Schaulustige nach Cashel ziehen würde, hatte er nicht erwartet. Ihm war unbehaglich zumute, und mit der fadenscheinigen Entschuldigung, sich zum Morgengebet in die Kapelle begeben zu wollen, zog er sich zurück.
    In der ruhigen Abgeschiedenheit der Kapelle stellte er überrascht fest, daß er sich innerlich gegen ein Leben in der Königsburg sträubte. Der Gedanke erschreckte ihn. Am liebsten hätte er Cashel verlassen und sich einen friedlicheren Ort gesucht, weit weg von den Menschenmassen, den Würdenträgern und Adligen, weg von dem Gewimmel und Getriebe. Er sehnte sich nach Einsamkeit, einem Ort wie dem Tal von Eatharlaí. Bruder Berrihert hatte sich richtig entschieden. Abgeschiedenheit und Frieden in einem bewaldeten Tal.
    Schuldgefühl überkam ihn. War er egoistisch? Keine Frage, er wollte sein Leben mit Fidelma und Klein-Alchú teilen. Er ging in sich. Sein Leben teilen? Das hieß, die Dinge von einem einseitigen Standpunkt aus betrachten. Ging es nicht ebensogut darum, Fidelmas Leben zu teilen, und war nicht ihr Leben Teil von Cashel und allem, wofür es stand? Er versuchte die Dinge abzuwägen und schüttelte ratlos den Kopf. Fürchtete er sich vielleicht nur vor dem festlichen Begängnis? War das erst mal überstanden und der Ehevertrag geschlossen, würde das Leben wieder seinen normalen Lauf nehmen.
    Wann hatte eigentlich sein Leben einen normalen Lauf genommen? Seit er Fidelma kannte, hatte es eine Aufregung nach der anderen gegeben, hatten sie einen rätselhaften Mord nach dem anderen aufklären müssen. Er mußte lachen.
    »Du scheinst amüsiert, mein Freund?« fragte eine Stimme hinter ihm. Eadulf drehte sich um und sah in die strahlendblauen Augen von Bruder Conchobhar, der ihn leicht spöttisch anblickte.
    »Amüsiert?« wiederholte Eadulf.
    »Du hast eben vor dich hin gelacht.«
    Eadulf verzog das Gesicht. »Mehr über mich selbst«, erklärte er mit einem kleinen Seufzer.
    Bruder Conchobhar wußte es besser. »Über dich selbst hast du dich wohl kaum amüsiert. Dein Lachen klang bitter.«
    »Das kann ich nicht leugnen.«
    »Der morgige Tag macht dir zu schaffen. Bei uns gibt es eine alte Spruchweisheit: Heirate eine Frau aus dem Tal, und du heiratest das ganze Tal mit.«
    »Woher weißt du, was mich beschäftigt?« fragte Eadulf

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