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Ein Gebet für die Verdammten

Ein Gebet für die Verdammten

Titel: Ein Gebet für die Verdammten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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Ihm gegenüber saß Fidelma in aufrechter Haltung. Eadulf stand hinter ihr, eine Hand auf der Rückenlehne ihres Sessels. Caol, der Hauptmann der Leibwache, hatte taktvoll in Türnähe Aufstellung genommen, als hielte er dort Wache. Weitere Sessel boten Abt Ségdae Platz und Baithen, dem Brehon von Muman.
    »Ich kann mir vorstellen, daß dich das alles sehr beunruhigt, Lady«, meinte Baithen schließlich und brachte damit zum Ausdruck, was alle empfanden.
    Fidelma begegnete seinem besorgten Blick mit einem Lächeln. »Ich hatte eine Vorahnung, daß die Ankunft von Abt Ultán uns weder zu Glück noch Frohsinn gereichen würde. Doch haben wir Vorhaltungen und Ermahnungen dieser Art mehr als einmal gehört. Stimmt doch, Eadulf?«
    Der Angelsachse nickte. »Wir brauchen nur daran zu denken, wie heftig sich der alte Bischof Petrán unserer Ehe auf Probe widersetzte. Er war darüber so aufgebracht, daß man mich sogar beschuldigte, ihn ermordet zu haben, als er kurze Zeit darauf eines natürlichen Todes starb.«
    Ein unbehagliches Schweigen griff um sich, allen war der Vorfall gegenwärtig. Vorurteil und Unvermögen des früheren Brehon von Muman, Dathal, hatten zu einer Vorverurteilung geführt und fast jeden in Cashel überzeugt, daß Eadulf am Tod des alten Bischof schuld sei. Als die Wahrheit dann ans Licht kam, wurde Dathal genötigt, von seinem Amt zurückzutreten. An seiner Stelle wählte man Baithen zum Brehon.
    »Wir haben diese Einwände hingenommen und werden auch die nächsten überstehen«, bemerkte Fidelma.
    Abt Ségdae seufzte, und das nicht zum ersten Mal seit ihrer Zusammenkunft. »Dennoch, es ist schon besorgniserregend, daß Abt Ultán gerade am Vorabend deiner Hochzeit eintrifft und die Gelegenheit nutzen will, seine Ansichten vor den versammelten Königen von Éireann darzulegen. Das geschieht doch in voller Absicht, denn die Gelegenheit, sich vor so einer Zuhörerschaft zu verbreiten, bietet sich nicht oft.«
    »Schade, daß diesem Scharfmacher auf der Reise hierher kein Ungemach widerfahren ist,« murmelte Colgú finster. Auf die mißbilligenden Blicke seiner weltlichen und geistlichen Berater hin hob er entschuldigend die Schultern und fügte wenig überzeugend hinzu:
» Quod avertat Deus
– was Gott verhüten möge. Allerdings hat mich der Abt wissen lassen, daß er als Abgesandter Ségénes, des Abts und Bischofs von Ard Macha, erschienen ist. Folglich müssen wir ihm keinerlei Autorität zubilligen.«
    »Machtbefugnisse hat er keine«, bestätigte Brehon Baithen. »Weder auf Grund der Gesetze unseres Landes noch, soweit ich mich auskenne, nach den Festlegungen des Neuen Glaubens. Nicht einmal Rom erzwingt das Zölibat unter den dort lebenden Mönchen und Nonnen.«
    »Genauso ist es«, betonte Fidelma mit Nachdruck. »Wenn wir Ultáns Unduldsamkeit nicht über Gebühr beachten, werden unsere Gäste das ebenso halten.«
    »Sind alle Gäste eingetroffen?« Colgús Frage galt Caol. »Und habt ihr sie ordentlich und sicher untergebracht?«
    Der junge Krieger trat einen Schritt vor. »Gegen Mittag ist als letzter Sechnassach, der Hochkönig, mit seinem Gefolge angereist«, erwiderte er. »Vor ihm waren schon Fianamail von Laigin und Blathmac von Uladh angekommen und derKönig von Connacht, Muirchertach Nár. Sie alle und ihre Damen, ihre
tánaiste
und Edelleute haben sich in den Gastgemächern eingerichtet.«
    »Wie ich höre, ist Muirchertach Nár von Connacht in Begleitung von Abt Augaire vom Kloster Conga erschienen«, bemerkte Abt Ségdae und lächelte grimmig. »Caol hat mir erzählt, daß Abt Augaire sich bereits auf einen unfreundlichen Wortwechsel mit Abt Ultán eingelassen hat.«
    Colgú schaute verwundert auf und fragte besorgt: »Un freundlicher Wortwechsel, schon jetzt? Über seine Vorhaltungen, die er uns wegen Fidelma macht? Caol, was war los?«
    »Ein Wortwechsel über etwas Bestimmtes war es eigentlich nicht, soweit ich Ohrenzeuge war. Mir scheint, sie sind einander nicht grün. Abt Augaire redete in wohlgesetzten Worten, doch die klangen verbittert. Er nannte Ultán einen arroganten Botschafter eines arroganten Abts. Dabei wurde er nicht laut, begründete seine Behauptung auch nicht. Ich hatte den Eindruck, sie müssen früher schon einmal aneinandergeraten sein.«
    Abt Ségdaes Miene war bekümmert. »Ich nehme an, es geht um den Streit, den Ultán auch mit mir in Imleach vom Zaun gebrochen hat. Die Abtei Ard Macha will nämlich als Erzbischofssitz anerkannt werden und somit als

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