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Ein Gebet für die Verdammten

Ein Gebet für die Verdammten

Titel: Ein Gebet für die Verdammten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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Gedächtnis zu zitieren: »Ich kann nicht ersehen, in welcher Weise das Weib dem Manne von Nutzen sein kann, es sei denn dazu, ihm Kinder zu gebären.« Er öffnete wieder die Augen. »Meiner Ansicht nach war Augustinus ein törichter, engstirniger und mit Vorurteilen behafteter Mensch, und ichfinde es reichlich sonderbar, daß andere ihn als großen Philosophen feiern.«
    »Was meinst du, Bruder Eadulf, auf welche Lehren dieses Mannes wird sich Abt Ultán wohl beziehen?« fragte Brehon Baithen.
    »Augustinus glaubte, daß Adam und Eva geschlechtliche Gefühle oder Versuchungen fremd waren, solange sie im Garten Eden lebten«, erklärte Eadulf. »Vor dem Sündenfall und der Vertreibung aus dem Paradies wären ihre geschlechtlichen Triebe dem Verstand untergeordnet gewesen, hat er geschrieben. Aber da die beiden nicht Gott gehorcht haben, hätten die Genitalien ihrer Nachkommen auch nicht länger ihrem Willen gehorcht. Die Menschen hätten die Fähigkeit verloren, ihre sexuellen Wünsche oder die körperlichen Reaktionen ihrer Keimdrüsen zu beherrschen, so daß der einzige Weg, ein gottgefälliges Leben zu führen und die Erlösung zu erlangen, darin bestünde, jeglichem Umgang mit Frauen abzuschwören.«
    »Ist das, was du eben gesagt hast, das Hauptargument derjenigen, die eine Ehelosigkeit befürworten?« fragte Colgú. »Unterdrückung der natürlichen Beziehungen zwischen den Geschlechtern als Pfad zu gläubiger Vollendung?«
    »Es gibt noch einen anderen Gedanken, der, so vermute ich, vielen vom höheren Klerus in Rom mehr zusagt.«
    »Und der wäre?«
    »Das ist eine rein praktische Erwägung. In euren Königreichen hier gilt nicht die Regel, daß aller Grund und Boden im Lande Privatbesitz ist. Daher wird euch dieses Argument weniger berühren. Aber anderswo, vor allem in Rom, ist Besitz von großer Wichtigkeit. Die wirtschaftlichen Belange sind es, die hinter der Forderung nach einem unverheirateten Klerus stehen.«
    Einigermaßen überrascht drehte sich Fidelma zu ihm um, und Eadulf erwiderte ihre unausgesprochene Frage mit einem beruhigenden Lächeln.
    »In Rom habe ich vielen Disputen zu diesem Thema beigewohnt und kenne daher alle wesentlichen Argumente.«
    »Um welche wirtschaftlichen Belange konkret ging es?« erkundigte sich Abt Ségdae.
    »Verheirateten Mönchen oder Priestern den Lebensunterhalt zu sichern ist zu kostspielig. Man muß ihnen Wohnraum geben und sie mit Nahrung und Kleidung versorgen; das gilt nicht nur für sie selber, sondern auch für ihre Frauen und Kinder. Und die Kinder von Priestern können deren Besitztümer erben. Auf diese Weise wird der Besitzstand der Kirche, den sie bewahren will, geschmälert. Das Vermögen der Kirche wird also für die Versorgung der Frauen und Kinder der verheirateten Glaubensbrüder ausgegeben. Dazu kommt, daß vielerorts Priesterdynastien nicht selten sind, ja eigentlich sind sie zur Regel geworden. Söhne von Äbten und Bischöfen werden ihrerseits wieder Äbte und Bischöfe.«
    »Daran ist doch nichts falsch«, fand Abt Ségdae. »In den fünf Königreichen ist es stets so gewesen, daß das Priesteramt in bestimmten Familien von Generation zu Generation weitergereicht wurde. In den Klöstern von Cluain Mic Nois oder Lusea oder Claine wird die Abtwürde innerhalb des Familienverbands vererbt. Der Abt wird von der
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ebenso gewählt wie der Stammesfürst.«
    Eadulf war das durchaus bekannt. »Der Unterschied ist nur, daß dieses Verfahren in eurem allgemeinen Landrecht festgelegt ist und Mißbrauch durch den Umstand verhindert wird, daß die Abtei nicht der alleinige Eigentümer des Grund und Bodens ist, auf dem sie erbaut wurde«, erklärte er. »Das Land wird der Abtei vom Stammesfürsten oder König überlassen,und der in dem Gebiet ansässige Clan beauftragt außerdem einen Laienvertreter, darüber zu wachen, daß Land und Sachgüter nicht veräußert werden. In anderen Ländern ist das nicht so, dort kann sich die Familie des Abts Klosterbesitz aneignen und zum Privateigentum erklären. Das bereitet der
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dem päpstlichen Hof zu Rom, einige Sorgen.«
    Abt Ségdae schüttelte den Kopf und meinte ungehalten: »Das übersteigt meine Vorstellungskraft.«
    Colgú war ebenso ratlos. »Meine nicht weniger, aber soviel begreife ich: Die Befürchtungen Roms sind für uns nicht relevant. Eadulfs Erläuterungen laufen also auf folgendes hinaus, und berichtigt mich, wenn ich irre: Abt Ultáns Ansichten sind weder auf ein Gesetz oder eine Regel

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