Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ein Gebet für die Verdammten

Ein Gebet für die Verdammten

Titel: Ein Gebet für die Verdammten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
Vom Netzwerk:
sein merkwürdig schwankender Gang wie der eines Seemanns, als er mit ausgestreckter Hand auf sie zukam. Im Grunde genommen paßte seine Körperhaltung zu seinem Namen, der soviel wie »bewährt in der Seefahrt« bedeutete. Er hatte einen festen Händedruck.
    In den fünf Jahren, die Muirchertach nun schon König von Connacht war, hatte er alles darangesetzt, sich einen Ruf zu verschaffen, der ihn aus dem Schatten seines Vaters herausbrachte. Das war ein hartes Stück Arbeit. Sein Vater Guaire Aidne, König von Connacht, hatte als ein Muster an Großzügigkeit und Gastfreundschaft gegolten. Immerhin hatte man Muirchertach den Beinamen Nár zugebilligt, was nicht nur für adlig stand, sondern auch für höflich, ehrlich und kenntnisreich. Trotzdem hatte er etwas an sich, was Fidelma an andere Geschichten erinnerte, die sieüber seinen Vater Guaire gehört hatte. Es hieß, er wäre ehrgeizig und gerissen gewesen, hätte sogar zur Ermordung seiner Rivalen angestachelt. Einem Gerücht zufolge hatte er einige töten lassen, die als Gäste auf seiner Festung in Durlas weilten. Auch kam ihr in den Sinn, daß ihr eigener Vater in einer Schlacht gegen Guaire gekämpft und ihn besiegt hatte. Trotz alledem hatte man Guaire nach seinem Tod unter großem Wehklagen der Äbte und Bischöfe des Landes in die berühmte Abtei von Cluain Mic Noisüberführt, wo er mit allen Ehren begraben wurde. So gesehen waren die Geschichten seiner Missetaten vielleicht doch nur erfunden.
    Eine gewisse Verschlagenheit war leider unverkennbar in Muirchertach Nárs Gesichtszügen, so daß jeder, der ihm gegenüberstand, seine Zweifel haben konnte, ob man ihm trauen durfte. Fidelma war es auf den ersten Blick nicht anders gegangen. Juvenal hatte gut reden mit seinem Ausspruch: »Man kann nicht vom Aussehen eines Menschen auf sein Wesen schließen.« Mehr als einmal hatte sie erfahren müssen, daß die äußere Erscheinung einer Person sehr wohl Rückschlüsse auf ihre Handlungsweise zuließ.
    »Man hat mir mitgeteilt, du wünschst, daß ich dich gegen den Vorwurf des Mordes an Abt Ultán verteidige«, kam Fidelma ohne Umschweife zur Sache.
    »Deshalb haben wir dich ja kommen lassen!« tönte es in schrillem Befehlston. Die Stimme gehörte zu einer Frau, die jetzt aus dem Nebenzimmer trat. Ungehalten drehte sich Fidelma zu ihr um.
    Die Frau war durchaus noch attraktiv, wenngleich die matronenhafte Figur und kleine Fältchen an Hals und Nacken auf ihr Alter hindeuteten. Rotblondes Haar, hellblaue Augen, die helle Haut mit Sommersprossen übersät, im Kontrast zum rundlichen Gesicht schmale Lippen und scharfe, unschöne Falten in den Mundwinkeln. Der ganze Körper strömte förmlich Aggression aus, und auch ihr Gehabe war auf Streitlust angelegt.
    Für einen kurzen Moment suchte Fidelma Blickkontakt mit ihr, ohne sich eine Regung anmerken zu lassen. Dann wandte sie sich wieder Muirchertach zu. Er interpretierte ihre stumme Frage richtig und errötete. »Das ist meine Frau, Lady Aíbnat.«
    Mit einem flüchtigen Umwenden und leichtem Neigen des Kopfes nahm Fidelma sie offiziell zur Kenntnis. »Dich in Cashel willkommen zu heißen macht unter den gegebenen Umständen wenig Sinn«, sagte sie höflich, »auch wenn es normalerweise als Schwester von Colgú meine Pflicht wäre, das zu tun. Hoffen wir also, daß sich die Dinge rasch klären, dann will ich dir gern später meine Gastfreundschaft erweisen.«
    Verächtlich schniefte Aíbnat durch die Nase, eine störende Angewohnheit, an die sich Fidelma würde gewöhnen müssen.
    »Ich bin nur aus Pflichtgefühl meinem Mann gegenüber hier«, erklärte sie kühl, »nicht aus Ehrerbietung gegenüber den Eóghanacht. Ich stamme von den Uí Briúin Aí. Wir haben nichts mit den Eóghanacht im Sinn und erwarten auch nichts von ihnen.«
    Fidelma lächelte verkrampft. »Dann werde ich dich vielleicht gemeinsam mit deinem Mann, dem König, begrüßen dürfen, der uns höflichkeitshalber seine Aufwartung macht«, erwiderte sie gereizt und konzentrierte sich erneut auf Muirchertach. »Wir sollten besser zur Sache kommen, deretwegen ich hier bin.«
    Unglücklich blickte Muirchertach zu seiner Frau hinüber. Sie hatte nahe am Feuer Platz genommen und schien die beiden nicht weiter zu beachten. Fidelma ging ebenfalls zum Feuer, entschied sich für den zweiten bequemen Armsessel und ließ sich nieder. Erneut ein entrüstetes Schniefen.
    »Wie kannst du dich in Gegenwart eines Königs einfach setzen!« ereiferte sich Lady

Weitere Kostenlose Bücher