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Ein Gebet für die Verdammten

Ein Gebet für die Verdammten

Titel: Ein Gebet für die Verdammten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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Luxus nicht abgeneigt.«
    »Was willst du damit sagen?« mischte sich Eadulf ein.
    »Zum Beispiel trug er Seide auf der bloßen Haut unter der groben wollenen Mönchskutte, die ihm sein Gelübde vorschrieb.«
    »Das tun doch viele, die es sich leisten können«, wiegelte Eadulf ab.
    »Jedenfalls hat man mir von diesem Abt Ultán erzählt, daß er vorgab, nach den Regeln der Bedürfnislosigkeit, der Keuschheit und der Armut im Geiste zu leben. Er soll überall die strengen Vorschriften der römischen ›Bußgesetze‹ verkündet haben.«
    »Du hörst ja ein Menge in deiner Apotheke, guter Freund«, bemerkte Eadulf ironisch.
    Bruder Conchobhar gab sich selbstzufrieden. »Da ist was dran. Du mußt bedenken, ich bin alt und höre gern zu, was die Leute sich so erzählen. Bei den Jüngeren ist das anders, die sind immer unterwegs, laufen hierhin und dorthin, um ja nichts zu versäumen, und erst später merken sie, daß sie die wirklich wichtigen Dinge des Lebens verpaßt haben.«
    Fidelma blickte sich ein letztes Mal im Raum um. »Ich glaube, wir haben alles gesehen, was hier von Belang ist. Mit dem Gefolge des Abts werden wir uns später unterhalten. Hier gibt es für uns nichts weiter zu tun. Der Leichnam kann aufgebahrt und für das Begräbnis hergerichtet werden, sobald Brehon Ninnid seine Nachforschungen abgeschlossen hat.«
    Draußen schärfte Fidelma dem Wachmann Enda ein: »Kei nem aus dem Gefolge des Abts ist es erlaubt, diesen Raum ohne meine persönliche Einwilligung zu betreten.«
    »Sehr wohl, Lady, ich werde mich daran halten.«
    »Was jetzt?« fragte Eadulf, während sie den Gang entlangschritten.
    »Als nächstes muß ich mit Muirchertach Nár reden und mir seine Darstellung der Vorgänge anhören. Du könntest dich noch einmal hinlegen, Eadulf, oder dein nächtliches Fasten brechen. Ich verspreche dir, ich bin, so schnell ich kann, wieder da und berichte haargenau, was Muirchertach zu sagen hatte.«

KAPITEL 6
    Man hatte Muirchertach Nár, König von Connacht, gestattet, zusammen mit seiner Frau, Lady Aíbnat, in seinen Räumlichkeiten zu bleiben. Als einsamen Wächter vor der Tür fand Fidelma Gormán vor, der zur Leibgarde ihres Bruders gehörte. Er war der Sohn ihrer Freundin Della, die unterhalb der Burg von Cashel in der Stadt wohnte. Gormán war ein großer, gutaussehender junger Mann mit dunklem Haar. Fidelma begrüßte ihn freundlich, und er hob die linke Hand zum Gruß.
    »Man hatte mir gesagt, daß du zu erwarten bist«, äußerte er leise, aber mit sichtlicher Erleichterung. »Es tut mir leid, daß dein heutiger Tag verdorben ist. Meine Mutter hatte sich so darauf gefreut.«
    Erst vor kurzem hatte Gormán Della als seine Mutter anerkennen können; sie war früher eine
bé taide,
eine Prostituierte, gewesen, und viele hatten sie gemieden. Daran änderte sich auch nichts, nachdem Fidelma sie nach einer Vergewaltigung mit Erfolg bei einem Schadenersatzanspruch vertreten hatte. Später hatte man sie dann verdächtigt, Hauptschuldige bei der Entführung von Alchú, Fidelmas kleinemSohn, gewesen zu sein. Die Beschuldigung mußte dank Fidelma rasch fallengelassen werden.
    »Wir können den Vorfall hoffentlich zügig klären. Aufgeschoben ist nicht aufgehoben.« Sie wies mit dem Kopf zur Tür des Gästezimmers. »Alles ruhig da drinnen?«
    Gormán machte eine sorgenvolle Miene. »Wirklichen Ärger hatte ich nicht, Lady. Doch um ehrlich zu sein, ich bin froh, daß du da bist. Gefängnisaufseher zu spielen und über einen König wachen zu müssen ist keine leichte Sache. Wiederum hat mir Muirchertach Nár das Leben nicht schwer gemacht, hat sich höflich verhalten, wie es seinem Adelsstand geziemt. Nur seine Frau, Lady Aíbnat, ist das ganze Gegenteil. Sie verspritzt Gift und Galle für zwei.«
    »In einer Situation wie der ihren kann man nicht unbedingt eine freundliche Gemütslage erwarten«, meinte Fidelma versöhnlich.
    Sie gab sich einen Ruck und strebte aufrechten Ganges dem Gästezimmer zu. Gormán kam ihr zuvor und pochte eindringlich an die Tür. Eine Stimme fragte nach dem Begehr, und der Krieger gab laut und deutlich Auskunft: »Lady Fidelma.« Gleich darauf ging die Tür auf und bot Fidelma Einlaß.
    Muirchertach Nár von den Uí Fiachracha Aidni, König von Connacht, war ein großer, schlanker Mann mit dunklem Haar; die hellen Augen wirkten ausdruckslos und starr und waren von tiefen Schatten umrändert. Blasse, eigentümlich fahle Haut umspannte straff das knochige Gesicht. Auffällig war

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