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Ein Gebet für die Verdammten

Ein Gebet für die Verdammten

Titel: Ein Gebet für die Verdammten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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Conchobhar biß sich auf die Zunge und wurde beim Blick auf Eadulf verlegen. Wer Baithens blindwütiger Vorgänger war, mußte nicht erwähnt werden, hatte der doch den Angelsachsen wegen Mordes angeklagt. »Gewiß wollt ihr, daß ich mitkomme und euch den Sachverhalt erläutere«, fuhr der Apotheker rasch fort.
    »Das wäre gut«, bestätigte ihm Fidelma.
    Bruder Conchobhar stellte die Schale mit der Mixtur beiseite, die er angerührt hatte, und trocknete sich die Hände an einem Leinentuch ab. »Dann kommt, ich zeige euch, was ich an Erkenntnissen gewonnen habe.«
    Sie folgten ihm in den Burgbereich mit den Quartieren für die Gäste. Vor Abt Ultáns Gemach hielt Enda, einer von Caols Kriegern, jetzt Wache. Er neigte ehrerbietig das Haupt und ließ sie eintreten.
    Talgkerzen erhellten den Raum. Die Leiche des Abts lag in merkwürdiger Haltung auf dem Bett. Blut hatte seine Kleidung durchtränkt und das Bettzeug befleckt. Mit raschem Blick machte sich Fidelma ein Bild von dem Umfeld. Bis auf die befremdliche Art, in der die Leiche dalag, herrschte in der Schlafkammer peinliche Ordnung.
    »Ist seither etwas verändert worden?«
    Bruder Conchobhar verneinte ihre Frage. »Der Abt muß ein ordnungsliebender Mann gewesen sein. Alles war sauber aufgeräumt, als ich zum ersten Mal hierherkam, und ist es noch. Baithen hatte mir aufgetragen, alles so zu lassen, wie es war.«
    »Also gibt es keinerlei Anzeichen für ein Handgemenge«, stellte Fidelma fest.
    »Nein, nichts deutet darauf hin«, bestätigte Bruder Conchobhar.
    »Das heißt, er muß den Mörder gekannt haben«, murmelte Eadulf mehr zu sich selbst.
    »Und du hast die Leiche so vorgefunden, wie sie jetzt liegt?« vergewisserte sich Fidelma noch einmal.
    »So und nicht anders. Ich hatte auch gar keinen Grund, sie anzurühren oder zu bewegen. Die Todesursache war zu offensichtlich.«
    Fidelma blickte angeekelt auf das geronnene Blut. »Sieht aus, als ob ein spitzer Dolch benutzt wurde.«
    »Das dachte ich auch«, stimmte ihr der Alte zu.
    »Außerdem können wir davon ausgehen, daß der Abt nicht geahnt hat, daß ihn jemand plötzlich anfällt.« Eadulf betrachtete genau die Lage des toten Körpers.
    »Wie kommst du darauf?«
    »Das ergibt sich aus der Art, wie der Tote rücklings auf das Bett gesunken ist. Er saß auf dem Bett, die Füße hängen jetztnoch von der Bettkante herab und berühren den Boden. Ein Fuß ist nackt … Die Sandale flog weg, als er umsank oder mit Wucht umgestoßen wurde. Die Riemen waren also schon gelöst. Daraus ergibt sich: Er saß auf der Bettkante, zog sich gerade die Sandalen aus, war völlig entspannt. Er war nicht der Mann, und in seiner Stellung als Abt schon gar nicht, der sich so ungezwungen vor einem Fremden benehmen würde.«
    »Genau beobachtet und scharfsinnig geschlußfolgert, Eadulf«, meinte Fidelma anerkennend. Sie bückte sich, schaute auf Ultáns Füße, suchte den Boden der Kammer ab und griff unter ein Nebentischchen. Eine Sandale war dorthin geglitten, und das bestätigte die Vermutung, daß sie fortgestoßen wurde, während die andere noch am Fuß blieb. Fidelma stand befriedigt auf.
    Als nächstes machte sich Eadulf daran, die Wunden in der Brust des Abts zu untersuchen. »Du bist gewiß auch der Meinung, er ist erstochen worden?« vergewisserte er sich bei Bruder Conchobhar.
    Der betagte Apotheker nickte heftig. »Da fällt mir ein, Bruder Eadulf, du hast doch eine Weile an unserer Hohen Medizinschule in … in Tuam Brecain studiert, stimmt’s?«
    »Da hast du recht.«
    »Kannst du auf Grund der Stichwunden noch weitere Schlußfolgerungen ziehen?«
    Eadulf betrachtete eingehend die Wunden, runzelte die Stirn und richtete sich auf. »Auf den Abt ist ein halbes dutzendmal eingestochen worden.«
    Überrascht zog Fidelma die Brauen hoch. Sie neigte sich über Eadulfs Schulter und schaute erneut prüfend auf die Leiche. »Ein halbes dutzendmal?« Weil Kleidung und Bettzeug so stark mit Blut befleckt waren, hatte sie die Wunden nicht gezählt.
    »Und was ergibt sich daraus?« versuchte Bruder Conchobhar einen weiteren Denkanstoß zu geben. »Mir kommt es nicht zu, Schlußfolgerungen zu ziehen, dennoch läßt sich davon etwas ableiten.«
    »Du meinst, hier hat jemand in wilder Erregung gemordet?« erwiderte Fidelma sofort.
    »Schon einer von den Dolchstößen wäre tödlich gewesen«, trieb Bruder Conchobhar die Überlegungen weiter. »Hier, der eine ist zwischen den Rippen in die Brust gedrungen. Die anderen Wunden sind

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