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Ein Gebet für die Verdammten

Ein Gebet für die Verdammten

Titel: Ein Gebet für die Verdammten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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mehr oder weniger oberflächlich, die haben nur stark geblutet. Jemand muß aufs Geratewohl zugestoßen haben, nachdem er sich in einem plötzlichen Wutanfall auf den Abt geworfen hatte. Eadulf hat recht, Ultán ist bei dem Angriff nach hinten umgekippt, und nach diesem einen Dolchstoß konnte er sich nicht mehr wehren. Seht euch die anderen Wunden an, die sind nicht sonderlich tief. Man könnte meinen, die Hand, die ihm diese Stiche beibrachte, war schwächlich … vielleicht hat sich der Abt sogar nur im Überraschungsmoment rücklings fallen lassen.«
    Fidelma nickte bedächtig. »Mit anderen Worten, wir sollten uns deiner Meinung nach merken, der Mörder hatte nicht viel Kraft.«
    Bruder Conchobhar schob abschätzig die Lippen vor. »Ich denke, ein kräftiger Mann würde nicht so oft zustechen und nichts als oberflächliche Wunden hinterlassen.«
    »Aber auch starke Erregung könnte die Schwäche erklären«, wandte Eadulf ein. »Zügellose Wut kann selbst den stärksten Mann zeitweilig handlungsunfähig machen und ihn seiner Kraft berauben.«
    »Hat man ein Messer oder einen Dolch gefunden?« fragte Fidelma.
    »Wer immer den Abt umgebracht hat, die Waffe hat er mitgenommen.«
    Fidelma untersuchte das Bettzeug und deutete auf einen Fleck neben der Leiche. »O ja … Und die Klinge hat er noch an der Bettdecke saubergemacht.«
    Es war ganz deutlich, ein breiter und blutbeschmierter Gegenstand war am Bettuch abgewischt worden.
    »Das widerspricht aber der Feststellung, daß ein heftig erregter Mörder zugange war«, sagte Eadulf leise. »Wer so etwas macht, handelt doch völlig überlegt. Bloß, warum dann die vielen Wunden?«
    Fidelma antwortete nicht sogleich. Noch einmal schaute sie sich den Leichnam an, lupfte vorsichtig die Robe des Abts ein wenig. »Sieht aus, als ob da ein Stück Papier steckt.« Sie bückte sich und zog einen kleinen zusammengefalteten Zettel heraus; auch der wies Blutspuren auf. Sie faltete das Papier auseinander, blickte darauf und reichte es Eadulf. Der nahm es, las und schmunzelte.
    Dann überflog er es noch einmal und las laut:
    Kalt sind die Nächte, ich kann nicht schlafen,
    ich denke an meine Liebe, meinen Liebsten,
    an die Nächte, die wir zusammen verbrachten,
    ich und meine Liebe von Cill Ria.
    »Das zeigt, daß Ultán doch einen weichen Kern hatte, wenn er so etwas dichten konnte«, gab Bruder Conchobhar zu bedenken.
    Fidelma faltete das Blatt zusammen und steckte es in ihr
marsupium
. »Immerhin können wir ausschließen, daß hier ein Raubmord vorliegt. Er trägt noch die Halskette aus Halbedelsteinen, und auch der goldene Bischofsring steckt an seinem Finger.«
    Bruder Conchobhar wies auf ein Kästchen, das auf einem Tisch an einer Seite stand. Es war halb geöffnet.
    »Das war schon offen, als ich vorhin in den Raum kam. Es ist voll funkelnder Schmucksteine. Vielleicht wollte der Bischof sie als Geschenke verteilen.«
    Fidelma überzeugte sich davon, daß das Kästchen wohl gefüllt war mit geschliffenen Edelsteinen. Doch war ihr nicht der sarkastische Ton in Bruder Conchobhars Stimme entgangen, und sie drehte sich zu ihm um.
    »Meinst du, da steckt noch etwas anderes dahinter?«
    Gleichgültig zuckte der Alte die Achseln. »Man hat mir zugetragen, daß die Mission des Abts nicht nur darin bestand, deiner Hochzeit beizuwohnen, Lady. Er war auch bestrebt, andere Gäste dafür zu gewinnen, die Ansprüche von Ard Macha zu unterstützen, Primas der Christenheit in den fünf Königreichen zu werden. Falls er mit Argumenten allein nicht weiterkommt, hat der Abt vielleicht gedacht, er könnte mit kleinen Geschenken nachhelfen.«
    »Von wem hast du das gehört?« erkundigte sich Fidelma.
    Bruder Conchobhar zögerte ein wenig und sagte dann: »Von Abt Augaire von Conga. Ich habe mich gestern abend mit ihm unterhalten, und dabei hat er mir erzählt, daß derlei kleine Gaben schon unter den Prälaten einiger Abteien im Norden verteilt wurden, um sie gefügig zu machen.«
    »Kleine Gaben? Es handelt sich eher um Bestechungsgaben, mein lieber Freund.«
    »Schon möglich, aber erzählt hat er es mir eben so«, bestätigte Bruder Conchobhar in vollem Ernst.
    »Ist dir vielleicht sonst noch etwas aufgefallen oder zu Ohren gekommen, das erklärt, warum der Abt ermordet wurde?«
    Bruder Conchobhar überlegte kurz. »Aus Beobachtungen etwas zu folgern steht mir nicht zu. Aber wenn du wissenwillst, was mir so aufgefallen ist … Na ja, Abt Ultán liebte seine Bequemlichkeit und war gewissem

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