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Ein Gebet für die Verdammten

Ein Gebet für die Verdammten

Titel: Ein Gebet für die Verdammten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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noch eine Reihe Personen, die ich befragen muß, zum Beispiel die beiden frommen Schwestern aus Ultáns Begleitung. Vielleicht erfahre ich von denen weitere Einzelheiten über ihn und seine Feinde. Auch mit Fergus Fanat aus Ulaidh und Dúnchad Muirisci will ich noch bis heute abend geredet haben.«
    »Was haben die mit der Sache zu tun?« fragte Colgú überrascht.
    »Möglicherweise gar nichts. Aber ich brauche ihre Aussage als Zeugen für den einen oder anderen Tatbestand.«
    »Bei denen mußt du aber ausgesprochen behutsam vorgehen, Schwester«, warnte Colgú. »Das sind große Herren mit beträchtlicher Macht.«
    »Bist du das nicht auch?« gab sie spöttisch zurück.
    »Die Kunst des Königseins besteht darin, Frieden zu wahren und nicht Streitigkeiten zu schüren.«
    »Sei unbesorgt, Bruder. Mir geht es einzig und allein darum, die Wahrheit herauszufinden.«
    Er verzog das Gesicht. »In dem Stück von Terenz, das vergangenes Jahr hier aufgeführt wurde – ›Das Mädchen von Andros‹ –, gab es eine Zeile, warte mal, ich komm gleich drauf.«
    »Veritas odium parit
«
, half Eadulf.
    »Richtig. Wahrheit gebiert Haß. Sei vorsichtig, wenn du nach der Wahrheit forschst, du könntest leicht Haß ernten.«
    »Solange man von mir erwartet, daß ich meine Arbeit als
dálaigh
tue, wird mich niemand von der Suche nach der Wahrheit abbringen.«
    Colgú wandte sich zur Tür und sagte noch über die Schulter: »Ich stelle eine Liste derer zusammen, die morgen mit auf die Jagd gehen. Ich schick sie dir später.«
     
    Eigentlich wollte Fidelma als erstes dem Hinweis nachgehen, den Abt Augaire ihnen gegeben hatte, und Fergus Fanat aus Ulaidh aufsuchen, aber als sie über einen der Höfe eilten, stießen sie ganz unerwartet auf Dúnchad Muirisci,
tánaiste
des Königs von Connacht. Er war jung und hübsch, hatte sandfarbenes Haar, große blaue Augen und immer ein freundliches Lächeln parat. Haltung und Gehabe waren wie die eines Kriegers.
    »Abt Augaire? Ja, wir waren gestern abend eine Weile zusammen. Er ging spät. Wir haben
brandubh
gespielt. Er ist ein blendender Spieler. Ich mußte am Ende den Verlust des Hochkönigs hinnehmen.«
    Brandubh
oder Schwarzer Rabe war in den fünf Königreichen eins der beliebtesten Brettspiele. Das Brett war in neunundvierzig quadratische Felder unterteilt. Das Mittelfeld symbolisierte Tara, das Zentrum der Welt, und die vier darum herumliegenden Quadrate waren die Hauptstädte der Kleinkönige. Von diesen Feldern aus mußten die Könige die Angreifer in Schach halten und darauf achten, daß der Hochkönig im Mittelfeld ständig geschützt blieb. Für Eadulfs Geschmack war das Spiel zu langsam und verlangte zuviel Kopfarbeit.
    »Abt Augaire hat also das Spiel gewonnen? Weißt du noch, wann ungefähr er zu dir aufs Zimmer kam?« fragte er.
    »Kurze Zeit nach dem Abendessen. Viele der Herren und Damen blieben noch auf ein Gläschen und lauschten denBarden und Geschichtenerzählern. Augaire und ich hatten aber verabredet, uns im Brettspiel zu messen. Er war sogar eine Wette eingegangen, und ich habe verloren, wie ich leider eingestehen muß. Er hat mein Silberstück zum Beweis.«
    »Und wann ist er gegangen?« wollte Fidelma wissen.
    »Gegen Mitternacht, glaube ich. Ich habe mich gleich danach hingelegt, wurde aber wenig später durch laute Stimmen im Gang hochgeschreckt. Ich gab nichts weiter darauf, weil es schon einmal im Verlaufe des Abends draußen laut gewesen war. Erst heute früh ist mir aufgegangen, daß das Stimmengewirr etwas mit der Entdeckung der Leiche von Ultán zu tun gehabt haben muß.«
    »Was ging dir durch den Kopf, als du hörtest, daß man Muirchertach, deinen König, des Mordes beschuldigt?«
    »Willst du meine ehrliche Meinung?«
    »Sonst würde ich nicht fragen«, erwiderte sie mit schneidender Stimme.
    »Ich war aufgeregt. Ich bin sein Thronerbe, und wäre er wirklich des Mordes schuldig, würde ich automatisch seine Nachfolge antreten und König von Connacht sein.«
    »Fürwahr eine ehrliche Antwort«, meinte Eadulf.
    Dúnchad Muirisci lachte, als wäre die Bemerkung ein Witz.
    »Gefühle kann man nicht verbieten«, sagte er.
    »Solange sie Gefühle und unterschwellig bleiben, ohne in Tätlichkeiten umzuschlagen«, warf Fidelma ein.
    Immer noch lächelnd, ging Dúnchad Muirisci auf ihre Bemerkung ein. »Komm, Lady, du willst mir doch wohl nicht unterstellen, daß ich mich ins Gemach von Abt Ultán schlich, um ihn zu töten, und dann Muirchertach die Schuld in die

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