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Ein Gebet für die Verdammten

Ein Gebet für die Verdammten

Titel: Ein Gebet für die Verdammten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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gemischten Häusern und Beziehungen zwischen den Glaubensbrüdern und -schwestern«, warf Fidelma ein. »Er soll doch ein strikter Anhänger der römischen Bußvorschriften gewesen sein.«
    »Das kannst du vergessen«, meinte Fergus Fanat verächtlich.»Sein ganzes Gerede war nur nach außen hin. Ursprünglich war Cill Ria ein
conhospitae
. Dann machte er zwei separate Gebäude daraus, eins für Männer und ein bißchen weiter entfernt eins für Frauen und behauptete, in der Gemeinschaft von Cill Ria lebten alle im Zölibat. Ich bezweifle das.«
    »Das sind schwerwiegende Anschuldigungen, die du gegen Ultán vorbringst«, erklärte Fidelma besorgt. »Ich kann nicht umhin, dich zu fragen, ob das einzig und allein deine Ansichten sind, oder ob dein Vetter, König Blathmac, eine ähnliche Auffassung vertritt? Der Abt von Ard Macha zumindest scheint anderer Meinung zu sein, sonst wäre Ultán nicht sein Abgesandter gewesen.«
    »Du befragst sie am besten selbst«, lautete die abweisende Antwort. »Ich kann nur für mich sprechen, und dabei beziehe ich mich auf das, was ich weiß.«
    »Deinen Aussagen nach war Ultán ein Betrüger und Schwindler. Alle Reformen und Forderungen, die vom Comarb von Ard Macha kamen, seien für ihn lediglich Mittel zum Zweck gewesen, seine Machtposition zu festigen.«
    »Das ist eine korrekte Zusammenfassung«, stimmte ihr der Krieger aus dem Norden freundlich lächelnd zu. »Doch wenn ich mich jetzt entschuldigen darf – bei dem Spiel ging es hart und heiß her, ich würde gern gehen und ein Bad nehmen.«
    Mit einer Geste gab Fidelma seinem Wunsche nach. Er hastete zur Burg, während Fidelma und Eadulf ihm etwas gemächlicher folgten.
    »Ich sehe jetzt noch weniger durch als vorher«, maulte Eadulf. »Allem Anschein nach hatten viele guten Grund, Bischof Ultán zu hassen. Aber bislang ist Muirchertach der einzige, den man gesehen haben will, wie er dessen Gemach zu dem Zeitpunkt verließ, als man ihn tot auffand. Er hat denTodesfall niemandem gemeldet und erst Rede und Antwort gestanden, als Caol und Brehon Baithen ihn konkret befragten. Er ist der einzige, der eine Gelegenheit und einen Beweggrund hatte.«
    »Unser Bild von Ultán bleibt lückenhaft. Wir müssen weiterhin das Gespräch mit unseren Freunden aus dem Norden und mit Bruder Drón suchen und uns eine Meinung bilden, ob Ultán ein Heiliger oder eher ein Sünder der schlimmsten Sorte war.«
    »Wie sollen wir das beurteilen können?«
    »Ex pede Herculem«
, zitierte Fidelma.
    »Das verstehe ich nicht«, gestand Eadulf, der mit der Redensart »Aus dem Fuß des Herkules« nichts anfangen konnte.
    »Aus einzelnen Beispielen ergibt sich ein Ganzes«, half Fidelma nach.
    »Ich habe den Denkspruch noch nie gehört.«
    »Er geht zurück auf einen griechischen Mathematiker und Philosophen namens Pythagoras, dem die Leute, die Verbrechen aufspüren, viel zu verdanken haben. Er ging davon aus, daß die Größe eines Menschen im proportionalen Verhältnis zur Größe seines Fußes steht, und errechnete so die Körpergröße von Herkules aus dessen Fußgröße.«
    Eadulf krauste die Stirn. »Woher wollte er die Fußgröße von Herkules kennen?«
    »Er hat die Länge mehrerer Stadien in Griechenland ausgemessen und miteinander verglichen. Aus der Tatsache, daß das Herkules-Stadion in Olympia das längste von allen war, leitete er die These ab, daß dessen Fuß größer als der von weniger bedeutenden Männern gewesen sein muß.«
    Trotz längeren Nachdenkens blieb Eadulf skeptisch. »Die Schlußfolgerung läßt sich anfechten.«
    Lachend hakte sich Fidelma bei Eadulf ein. »Das soll ja auch nur eine Herangehensweise sein, weniger ein zugkräftiger Beweis. Einzelbeispiele öffnen uns den Blick für das Ganze. Deshalb sollten wir uns ein paar weitere Meinungen über Ultán einholen. Zuvor aber möchte ich noch mal einen Blick in das Zimmer werfen, in dem er ermordet wurde.«
    Vor Ultáns Gemach tat ein Wächter seinen Dienst, und wieder war es Enda aus Colgús Leibwache. Er grüßte sie mit einem müden Lächeln.
    »Wenn ich hier fertig bin, brauchst du nicht länger Posten zu stehen, Enda«, stellte Fidelma ihm mitfühlend in Aussicht.
    »Richter Barrán hat gesagt, ich sollte deine Anweisungen abwarten, Lady. Es sind übrigens Leute dagewesen, die hier herein wollten.«
    »Wer, zum Beispiel?«
    »Zwei aus der Begleitung des Verstorbenen. Bruder Drón und eine der Frauen, die mit ihm angereist ist. Schwester Sétach heißt sie, glaub

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