Ein gefährlicher Gegner
Seine Augen waren klein und listig und wichen ihrem Blick aus.
«Was wollen Sie?», fragte sie.
Der Mann lächelte. «Ich habe zufällig Teile Ihres Gesprächs mit dem jungen Herrn mit angehört.»
«Und –?»
«Ich dachte, ich könnte Ihnen von Nutzen sein.»
«Sie sind mir hierher gefolgt?»
«Ich habe mir die Freiheit erlaubt.»
«Und in welcher Weise glauben Sie, mir von Nutzen sein zu können?»
Der Mann nahm eine Karte aus seiner Tasche und überreichte sie ihr mit einer Verbeugung.
Tuppence nahm sie und las sie misstrauisch. Zuerst den Namen: «Edward Whittington.» Unter dem Namen standen die Worte: «Estnische Glaswaren-Gesellschaft» und die Adresse eines Büros in der Stadt. Wieder sprach Mr Whittington:
«Wenn Sie mich morgen um elf in meinem Büro aufsuchen wollen, werde ich Ihnen meinen Vorschlag unterbreiten.»
«Um elf Uhr?», fragte Tuppence unsicher.
«Um elf.»
«Gut. Ich komme.»
Mit einer eleganten Bewegung zog er den Hut und ging davon. Tuppence blickte ihm eine Weile nach.
«Das Abenteuer hat begonnen», sagte sie zu sich selbst. «Ich möchte nur wissen, was er von mir erwartet. Mein lieber Mr Whittington, Sie haben etwas an sich, das mir keineswegs gefällt. Andererseits habe ich vor Ihnen nicht die geringste Angst. Und wie ich schon immer gesagt habe, die kleine Tuppence passt schon auf sich auf. Bestimmt.»
Sie warf den Kopf zurück und ging dann rasch weiter. Plötzlich fiel ihr etwas ein, sie bog von ihrem Weg ab und suchte ein Postamt auf. Dort überlegte sie ein paar Augenblicke, während sie ein Telegrammformular unschlüssig in den Händen hielt. Der Gedanke aber, fünf Shilling vielleicht umsonst auszugeben, trieb sie zum Handeln. Sie holte Tommys Bleistift hervor, den sie eingesteckt hatte, und schrieb rasch: «Anzeige stoppen. Erklärung morgen.» Sie setzte die Adresse von Tommys Club ein. Übrigens musste Tommy diesen Club wohl oder übel in einem Monat verlassen, falls nicht ein gütiges Geschick es ihm erlaubte, seine Mitgliedsbeiträge zu bezahlen. «Es könnte ihn noch erreichen», murmelte sie. «Jedenfalls lohnt es den Versuch.»
Kurz vor elf gelangte Tuppence zu dem Häuserblock, in dem sich die Büros der «Estnischen Glaswaren-Gesellschaft», befanden. Sie lagen im obersten Stock. Es führte ein Aufzug hinauf, doch Tuppence zog es vor zu gehen.
Ein wenig außer Atem stand sie schließlich vor einer Tür. Quer über die Scheibe war zu lesen: Estnische Glaswaren-Gesellschaft.
Tuppence klopfte an. Eine Stimme antwortete, sie drehte den Griff herum und trat in ein ziemlich kleines, schmutziges Büro. Ein Mann mittleren Alters erhob sich von einem hohen Stuhl vor einem Pult in der Nähe des Fensters und kam mit fragendem Blick auf sie zu.
«Ich habe mit Mr Whittington eine Verabredung», erklärte Tuppence.
«Kommen Sie bitte mit.» Er ging auf eine Tür zu, auf der Privat stand, klopfte, öffnete und trat zur Seite, um sie hineingehen zu lassen.
Mr Whittington saß an einem großen Schreibtisch, auf dem sich Papiere häuften. Tuppence sah ihr erstes Urteil bestätigt. Mit Mr Whittington stimmte etwas nicht… Diese Verbindung geleckter Wohlhabenheit und unsteter Augen machte auf sie einen seltsam unangenehmen Eindruck.
Er nickte. «Sie sind also gekommen. Setzen Sie sich bitte.»
Tuppence setzte sich ihm gegenüber. Sie wirkte an diesem Morgen besonders klein und ehrbar. Still saß sie da, während Mr Whittington in seinen Papieren etwas suchte. Schließlich schob er sie zur Seite.
«Nun wollen wir mal über das Geschäftliche sprechen, mein liebes Fräulein.» Sein großflächiges Gesicht verzog sich zu einem breiten Lächeln. «Sie suchen Arbeit? Was würden Sie dazu sagen: Hundert Pfund und alle Ausgaben bezahlt?»
Tuppence betrachtete ihn aufmerksam. «Und was für eine Arbeit wäre das?»
«Eine Formsache – eine angenehme Reise, das wäre alles.»
«Wohin?»
«Paris.»
«Ach!», sagte Tuppence nachdenklich. Bei sich selber dachte sie: Wenn Vater das hörte, bekäme er bestimmt einen Anfall. Aber ich kann Mr Whittington nun einmal nicht in der Rolle des fröhlichen Verführers sehen.
«Nun?», fuhr Mr Whittington fort. «Könnte es etwas Angenehmeres geben? Die Uhr ein paar Jahre zurückstellen – nur ein paar, daran zweifle ich nicht – und in eines dieser reizenden pensionnats de jeunes filles einzutreten, von denen es in Paris ja genug gibt.»
Tuppence unterbrach ihn. «Ein Pensionat –?»
«Richtig. Bei Madame Colombier, in
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