Ein gefährlicher Gegner
waren der amerikanische Botschafter, Mr Carter, der, wie er sagte, sich die Freiheit genommen hatte, einen alten Freund mitzubringen, Sir William Beresford, der Erzdiakon Cowley, Dr. Hall, die beiden Jungen Abenteurer, Miss Prudence Cowley und Mr Thomas Beresford, und schließlich Miss Jane Finn.
Hersheimer hatte keine Mühe gescheut, Janes Erscheinen zu einem vollen Erfolg zu machen. Ein geheimnisvolles Klopfen hatte Tuppence an die Tür der Zimmerflucht geführt, die sie mit der jungen Amerikanerin teilte. Draußen stand Hersheimer. In seiner Hand hielt er einen Scheck.
«Hören Sie, Tuppence», begann er, «wollen Sie mir einen Gefallen tun? Nehmen Sie das und lassen Sie Jane für heute Abend richtig ausstatten. Sie werden heute Abend alle mit mir im Savoy essen. Ja? Scheuen Sie keine Ausgabe.»
«Darauf können Sie sich verlassen!», rief Tuppence. «Es wird ein Vergnügen sein. Jane ist wohl das hübscheste Mädchen, das ich kenne.»
«Das finde ich auch», stimmte Hersheimer ihr zu.
Seine Begeisterung reizte Tuppence. «Übrigens, Mr Hersheimer, Sie haben mich doch gefragt, ob ich Sie heiraten will. Ich habe es mir also reiflich überlegt…»
«Und?», fragte Hersheimer. Der Schweiß stand ihm auf der Stirn. Tuppence lachte auf.
«Sie sind doch ein großer Idiot. Ich habe gleich gesehen, dass Sie keinen Penny für mich geben würden.»
«Aber keineswegs! Ich hatte und habe noch immer die größte Hochachtung vor Ihnen, ja, ich bewundere Sie…»
«Schon gut! Das sind Empfindungen, die schnell vergehen, wenn jemand anders – wenn die Richtige auftaucht. Nicht wahr, alter Freund, so ist es doch?»
«Ich weiß nicht, was Sie meinen», antwortete Hersheimer betreten. Tuppence lachte und schloss die Tür.
Der Neunundzwanzigste verlief genauso wie jeder andere Tag. Diejenigen Zeitungen, die auf möglicherweise drohende Terrorgefahren hingewiesen hatten, machten nun verlegene Rückzieher. Niemand wusste mehr recht, wie eigentlich die Nachrichten von bevorstehenden Unruhen oder gar von einem Staatsstreich entstanden waren. In den Sonntagszeitungen erschien eine kurze Nachricht über den plötzlichen Tod von James Peel Edgerton, dem berühmten Kronanwalt. Die Montagszeitungen befassten sich ausgiebig mit der Laufbahn des Verblichenen. Niemals jedoch verlautete etwas darüber, auf welche Weise er eigentlich den Tod gefunden hatte.
Tommy hatte mit seiner Beurteilung der Sache Recht behalten. Es war wirklich eine Organisation gewesen, die von einem einzigen Mann geführt wurde. Ihres geheimnisvollen Führers beraubt, zerfiel sie. Kramenin hatte England Sonntagfrüh verlassen. Die Bande war panikartig aus Astley Priors geflohen und hatte in ihrer Eile einige Schriftstücke hinterlassen, die sie hoffnungslos kompromittierten. Dazu kam noch ein kleines braunes Tagebuch aus der Tasche des Toten, das ein freilich nicht ganz klares Resümee der ganzen Verschwörung enthielt.
In Mr Carters Bewusstsein freilich hatte sich unauslöschlich die Szene eingebrannt, deren Zeuge er am Abend zuvor in Soho geworden war.
Er hatte den unheimlichen Raum betreten, in dem nun der Mann, der ein ganzes Leben hindurch sein Freund gewesen war, still dalag – ein Opfer seiner selbst. Aus der Brieftasche des Toten hatte er den unheilvollen Vertragsentwurf genommen und ihn an Ort und Stelle sogleich in Flammen aufgehen lassen.
Und nun also empfing am Abend des Dreißigsten Mr Julius P. Hersheimer seine Gäste im Savoy.
Als erster traf Mr Carter ein. In seiner Begleitung befand sich ein cholerisch aussehender alter Herr, bei dessen Anblick Tommy errötete. Er trat auf ihn zu.
«Was?», rief der alte Herr und musterte ihn, als würde ihn sogleich der Schlag rühren. «Du bist also mein Neffe! Keine sehr eindrucksvolle Erscheinung – aber du scheinst gute Arbeit geleistet zu haben. Deine Mutter hat dich offenbar doch anständig erzogen. Wollen wir den alten Streit begraben? Du bist mein Erbe und ich will dir in Zukunft eine feste monatliche Zahlung zukommen lassen. Chalmers Park solltest du nun als dein Heim betrachten.»
«Das ist wirklich sehr nett von dir.»
«Und wo ist die junge Dame, von der ich so viel gehört habe?»
Tommy stellte ihm Tuppence vor. «Was!», rief Sir William und betrachtete sie genau. «Die Mädchen sind auch nicht mehr das, was sie zu meiner Zeit waren!»
«Aber doch», antwortete Tuppence. «Ihre Kleider sind vielleicht anders, aber sie selber sind noch immer die Gleichen.»
«Na ja, Sie mögen Recht
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