Ein gefährliches Geschenk
dann stehen, um sich die Stelle anzusehen, an der Willy gestorben war.
Er würde sie nur anlügen, wenn sich herausstellte, dass sie etwas damit zu tun hatte.
Wenn das so war, dann würde sie allerdings noch Schlimmeres als nur ein paar Lügen ertragen müssen.
Sorgen machte ihm, dass er nichts wusste, nichts ahnte. Normalerweise hatte er ein Gespür für solche Dinge, deshalb war er auch so gut in seinem Job. Aber Laine Tavish hatte ihn geblendet. Er hatte lediglich die langsame, süße Kraft der Anziehung gespürt.
Aber mal abgesehen von ihren großen blauen Augen und dem sexy Lächeln -, Tatsache war, sie steckte bis zum Hals in der Sache. Und er hielt sich stets an die Tatsachen. Willy hatte sie besucht und war genau vor ihrem Laden zu Tode gekommen. Wenn er erst einmal wusste, warum, dann war er der Auflösung ein gutes Stück näher gekommen.
Und wenn er sie benutzen musste, um dorthin zu gelangen, dann war es eben so.
Er ging zurück in sein Hotelzimmer und untersuchte den Beleg sorgfältig auf Fingerabdrücke. Es waren gute von ihrem Daumen und ihrem Zeigefinger darauf. Er machte Digitalaufnahmen davon und schickte sie zu einem Freund, der sie auswerten würde, ohne störende Fragen zu stellen.
Dann setzte er sich, ließ die Finger knacken und begab sich ins Internet.
Er arbeitete durch und trank dabei einen Becher Kaffee, aß ein Hühnchen-Sandwich und ein Stück Apfelkuchen - echt guten Kuchen. Dann hatte er Laines Adresse zu Hause und die Information, dass sie vor vier Jahren ihr Haus gekauft und ihr Geschäft auf der Market Street eröffnet hatte. Davor war sie unter einer Adresse in Philadelphia gemeldet, in einem Mietshaus.
Mit Methoden, die streng genommen nicht ganz astrein waren, schälte er Schicht für Schicht von Laine Tavish herunter und bekam nach und nach ein klares Bild. Sie hatte an der Penn State Examen gemacht, und ihre Eltern waren aufgeführt als Marilyn und Robert Tavish.
Komisch, dachte Max und trommelte mit den Fingerspitzen auf der Schreibtischplatte.
Jack O’Haras Frau - beziehungsweise seine Ex-Frau - hieß auch Marilyn. Das konnte doch kein Zufall sein.
»Du steckst bis zu deinem hübschen Hals drin«, murmelte er und beschloss, jetzt ein wenig ernsthafter an die Sache heranzugehen.
Es gab unterschiedliche Wege, an Informationsschnipsel heranzukommen, die dann wieder zu weiteren Informationen führten. Ihre Betriebsgenehmigung war, wie das Gesetz es vorschrieb, in ihrem Laden deutlich sichtbar ausgehängt. Und die Lizenznummer diente ihm als Sprungbrett.
Mit kreativen Finessen gelangte er an ihre Sozialversicherungsnummer. Er spielte mit den Zahlen, wobei ihm seine Intuition und seine unersättliche Neugier von Nutzen waren, bis er schließlich herausfand, wo sie den Kredit für ihr Haus aufgenommen hatte.
Wenn er jetzt ein paar Gesetze brechen würde, dann könnte er ohne weiteres ihren Kreditantrag aufrufen.
Es würde Spaß machen - und er liebte Technologie -, aber wahrscheinlich war es sinnvoller herauszufinden, wo sie herkam, statt zu erfahren, wo sie jetzt stand.
Also ging er zurück zu den Eltern und begann mit seiner Suche, was noch einen weiteren Kaffee vom Room Service erforderlich machte. Als er schließlich Robert und Marilyn Tavish in Taos, New Mexico, lokalisierte, schüttelte er den Kopf.
Laine kam ihm eigentlich nicht wie eine Blume des Westens vor. Nein, sie war aus dem Osten, dachte er, und sie war in einer Stadt aufgewachsen. Bob und Marilyn besaßen jedoch ein Lokal, das Round-Up hieß und sich als Western-Barbecue-Joint herausstellte. Sie hatten sogar eine eigene Website. Offenbar hatte das fast jeder, dachte Max.
Es gab auch ein Bild der beiden glücklichen Restaurantbesitzer vor einem riesigen Pappcowboy mit Lasso. Max vergrößerte das Bild und druckte es aus, bevor er durch die Website klickte. Die Speisekarte klang nicht einmal schlecht - und man konnte Robs Kick-Ass-Barbecuesauce überall bestellen.
Rob, notierte Max sich. Nicht Bob.
Er fand, sie sahen glücklich aus. Gewöhnliche, arbeitsame Menschen, die sich darüber freuten, ihr eigenes Geschäft zu besitzen. Marilyn Tavish sah nicht so aus wie die frühere Frau - und Komplizin - eines Diebes und Trickbetrügers, der jetzt offensichtlich den großen Coup gelandet hatte. Sie wirkte mehr wie eine Frau, die einem noch ein Brot schmiert, bevor sie sich daran macht, die Wäsche aufzuhängen, Round-Up gab es jetzt seit acht Jahren, was bedeutete, dass sie das Lokal eröffnet hatten,
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