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Ein gefährliches Geschenk

Ein gefährliches Geschenk

Titel: Ein gefährliches Geschenk Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J. D. Robb
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vor.«
    Sie fühlte sich elend, als Vince tröstend seine Hand über ihre legte. »Du wusstest doch nicht, was passieren würde. Und du bist als Erste zu ihm gelaufen.«
    »Er lag ja direkt da draußen.« Sie musste einen großen Schluck Kaffee trinken, damit ihre Stimme nicht so traurig klang. »Fast auf der Türschwelle.«
    »Er hat mit dir geredet.«
    »Ja.« Sie griff erneut nach dem Kaffeebecher, damit er ihre Hand losließ. »Nichts Besonderes. Er sagte ein paar Mal, es täte ihm Leid. Ich glaube nicht, dass er wusste, wer ich war oder was passiert ist. Ich glaube, er war schon nicht mehr ganz bei sich. Dann kamen die Sanitäter und … und er ist gestorben. Was wirst du jetzt tun? Ich meine, schließlich ist er nicht von hier. Das ist eine New Yorker Telefonnummer. Ich frage mich, ob er hier nur durchgefahren ist, wohin er wollte und wo er her war.«
    »Wir werden es schon herausfinden, damit wir seine nächsten Angehörigen benachrichtigen können.« Vince stand auf und legte ihr die Hand auf die Schulter. »Ich werde dir jetzt nicht sagen, du sollst nicht mehr daran denken, Laine. Das wird dir sowieso eine Zeit lang nicht gelingen. Aber ich sage dir, dass du alles getan hast, was du konntest. Mehr hätte niemand machen können.«
    »Danke. Ich schließe den Laden für heute. Ich möchte nach Hause.«
    »Gute Idee. Soll ich dich mitnehmen?«
    »Nein. Danke.« Schuldbewusstsein ebenso wie Zuneigung veranlassten sie, sich auf die Zehenspitzen zu stellen und ihm einen Kuss auf die Wange zu geben. »Sag Jenny, wir sehen uns dann morgen.«
    Sein Name, zumindest der Name, den sie gekannt hatte, war Willy Young gewesen.
    Wahrscheinlich William, dachte Laine, als sie über die holperige Kiesstraße fuhr. Er war nicht ihr echter Onkel gewesen - soweit sie wusste -, sondern nur ein Nennonkel, der für ein kleines Mädchen regelmäßig Süßholz in der Tasche gehabt hatte.
    Sie hatte ihn seit fast zwanzig Jahren nicht mehr gesehen. Damals waren seine Haare braun gewesen und sein Gesicht ein bisschen runder. Und er hatte einen beschwingten Gang gehabt.
    Es war kein Wunder, dass sie ihn in dem gebeugten, schmalen kleinen Mann, der in ihren Laden gekommen war, nicht wiedererkannt hatte.
    Wie hatte er sie bloß gefunden? Und warum?
    Da er, soweit sie wusste, der beste Freund ihres Vaters gewesen war, war auch er wohl - wie ihr Vater - ein Dieb, ein Trickbetrüger, ein kleiner Gauner. Solche Leute sollte eine respektable Geschäftsfrau besser gar nicht kennen.
    Aber warum zum Teufel sollte sie sich deswegen schuldig fühlen?
    Sie trat auf die Bremse und starrte durch das stetige Hin und Her ihrer Scheibenwischer grübelnd auf das hübsche Haus auf der hübschen Anhöhe.
    Sie liebte diesen Ort. Ihren Ort. Ihr Zuhause. Das zweistöckige Holzhaus war streng genommen zu groß für eine einzelne Person. Aber ihr gefiel die Weitläufigkeit, und sie hatte jede Minute genossen, in der sie die Räume ganz nach ihrem Geschmack eingerichtet hatte.
    Sie wollte nie mehr, niemals, in die Lage kommen, alles von einer Minute auf die andere einpacken und weglaufen zu müssen.
    Sie liebte es, sich in ihrem Garten zu betätigen, Pflanzen zu setzen, Rasen zu mähen, Unkraut zu jäten. Gewöhnliche Dinge. Einfache, normale Dinge für eine Frau, die in der ersten Hälfte ihres Lebens wenig Normales getan hatte.
    Darauf hatte sie doch ein Recht, oder? Sie durfte doch Laine Tavish sein, mit allem, was das bedeutete. Das Geschäft, die Stadt, das Haus, die Freunde, das Leben. Sie hatte ein Recht darauf, die Frau zu sein, zu der sie sich gemacht hatte.
    Es hätte Willy nichts mehr genützt, wenn sie Vince die Wahrheit gesagt hätte. Ihn hätte es nicht mehr lebendig gemacht, aber für sie hätte es alles ändern können. Vince würde noch schnell genug herausfinden, dass der Mann im Leichenschauhaus nicht Jasper R. Peterson war, sondern William Young - oder was er sonst noch für Pseudonyme hatte.
    Er stand schließlich in der Verbrecherkartei. Sie wusste, dass Willy zumindest einmal geschnappt worden war - zusammen mit ihrem Vater. Waffenbrüder, hatte ihr Vater immer gesagt, und sie hörte noch sein herzhaftes Lachen.
    Wütend schlug sie die Wagentür hinter sich zu. Rasch lief sie die Eingangstreppe hinauf und suchte nach ihren Schlüsseln.
    Als sich die Tür hinter ihr schloss und das Haus sie umfing, wurde sie sofort ruhig. Die Stille, der Duft nach dem Zitronenöl, das sie eigenhändig ins Holz gerieben hatte, die Süße der Frühlingsblumen,

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