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Ein gefährliches Werkzeug

Titel: Ein gefährliches Werkzeug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Christie Murray
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froh wie ein junger Gott durch die ländlichen Fluren. Als er auf dem Bahnhof ausstieg und in eine Droschke sprang, war er so fröhlichen Mutes, daß ihn sogar der Kutscher, sein Lächeln erwidernd, angrinste und ihn mit allerlei Hoffnungen für sich selbst durch die Straßen Londons vor das Langhamhotel rüttelte.
    Allein dort vor dem Portal siel dunkler, mitternächtlicher Schatten über alles ringsum. Brown war fort. Er hatte den Frühzug benützt und keine Adresse hinterlassen.

Siebentes Kapitel.
    Bald nach dem zweiten Frühstück gingen Fräulein Pharr und der Doktor auf die Wiese zurück und nahmen ihre photographische Thätigkeit wieder auf. Frau Wyncott, die Arnold noch immer kühl behandelte, folgte ihnen und nahm ihren alten Platz im Zelt wieder ein. Edith und Arnold blieben eine Weile zurück.
    »Du hast meinen Wink bemerkt, wie ich sehe,« sagte das Fräulein. »Nimm Platz, Arnold, ich habe ernsthaft mit dir zu reden.«
    Edith zog sich einen Stuhl nahe an seinen Sitz heran und legte eine Hand auf seinen Arm.
    »Ich bin reichlich alt genug, Arnold,« begann sie, »um wie eine ältere Schwester mit dir reden zu können, und da ich es nicht liebe, erst lange auf den Busch zu klopfen, komme ich gleich zur Sache.«
    Nach dieser Einleitung begann sie in einer Parabel zu sprechen.
    »Ich kenne einen jungen Geistlichen – einen Freund und nahen Verwandten von mir, der uns voriges Jahr hier besuchte. Gleichzeitig befand sich eine junge Dame hier, und ich habe Grund zu glauben, daß sie und der junge Geistliche anfingen, einander ernstlich lieb zu haben. Plötzlich erfuhr der junge Mann, daß die Dame eines Tagesgroße Erbschaft machen werde, und da er ein außerordentlich donquixotischer, hochgesinnter Junge ist, empfahl er sich, sobald er konnte und ließ das arme Mädchen unter dem Eindruck zurück, es habe ihn irgendwie beleidigt. Solltest du, Arnold, je mit dem jungen Geistlichen zusammentreffen, so bitte ich dich, ihm zu sagen, er habe sehr thöricht und unrecht gehandelt.«
    »Zufällig kenne ich die näheren Umstände,« antwortete Arnold, der wie ein junges Mädchen errötete und die Augen fest auf den Teppich geheftet hielt. »Ich weiß, daß der junge Geistliche das einzig Vernünftige und Ehrenhafte that, was unter den gegebenen Verhältnissen zu thun war.«
    »Wollte ihm die junge Dame kein Gehör schenken?«
    »Nein,« sagte Arnold, »dieser Gefahr hat er sich niemals ausgesetzt.«
    »Lieber Arnold, ich glaube, er hat sie heiß geliebt.«
    »Bitte, sprich nicht mehr darüber,« bat Arnold. »Hast du mich eingeladen, um darüber mit mir zu sprechen, so muß ich dir dafür danken, denn ich weiß, du hast es gut gemeint! Wenn dieser junge Geistliche sich irgend derartigen Träumereien hingegeben hat, so ist er letzten Herbst daraus erwacht und wird sich hüten, sich neue Täuschungen vorzuspiegeln.«
    »Aber wenn es keine Täuschungen waren?« fragte das ältliche Mädchen, »Angenommen, die junge Dame sei auch nicht gleichgültig geblieben?«
    »Es liegt kein Grund zu dieser Annahme vor,« sagte er mit so barscher Entschiedenheit, daß sie beinahe vor ihm erschrak.
    »Wenn ich dieser Ansicht wäre, so thäte ich sehr unrecht daran, dir solche Gedanken in den Kopf zu setzen. Ich glaube, daß sie sogar jetzt noch nicht gleichgültig ist, aber ich weiß auch gewiß, daß sie es mehr ist, als vor einem Jahr.«
    Sie errötete und dies Erröten im Verein mit einem gewissen feuchten Glanz ihrer Augen ließ sie wieder jung und hübsch erscheinen.
    »Ich kannte ein Mädchen,« sagte sie halb lachend, halbweinend, »es ist jetzt mehr als zwanzig Jahre her, das alles darum gegeben haben würde, hätte jemand für sie gethan, was ich jetzt für dich thue. Aber niemand hat es gethan und das junge Mädchen ist jetzt eine alte Jungfer. Wohl ist sie weit davon entfernt, unglücklich zu sein, aber sie ist auch nicht halb so glücklich, als sie hätte werden können.«
    Arnold beugte sich über sie und küßte sie, und einen Augenblick lang ruhte ihr Haupt an seiner Schulter.
    »Auf diese Weise mache ich meine Sache nicht besser,« begann sie dann wieder, »du wird mich höchstens für eine sentimentale alte Jungfer halten.«
    »Ich will nicht leugnen,« sagte Arnold sehr langsam und überlegt, »daß ich mich gewissen Gedanken hingegeben habe, ja, daß mich diese manchmal sehr weit führten. Ich habe Grund zu glauben, daß Fräulein Pharr sich nichts aus mir machte, aber ich würde mein Glück versucht haben, wenn ich

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