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Ein gefährliches Werkzeug

Titel: Ein gefährliches Werkzeug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Christie Murray
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würdigern Mann abschreckte, zog ihren oberflächlicheren Vetter gerade an. Wie fast alle Leute mochte auch sie Wyncott Esden gern leiden und beurteilte ihn nicht strenge, allein sie schätzte den andern Mann unendlich höher. Während also Mama wohlwollend für den Advokaten Pläne schmiedete, nahm Fräulein Wyncott die Sache des Geistlichen in die Hand und beschloß, ihr möglichstes für ihn zu thun.
    Eines Morgens waren Fräulein Pharr, Esden und der Arzt draußen mit photographischen Aufnahmen beschäftigt und die alte Dame freute sich in der Stille, daß die beiden jungen Leute soviel zusammen waren. Sie hatte nie gewagt, Edith geradezu fernzuhalten, aber sie triumphierte über die kleine List, mit der sie glaubte, ihre Tochter diesen Morgen im Haus gehalten zu haben. Bald sollte sie aber gewahr werden, daß ein andrer Stratege ihr das Feld streitig machte.
    »Es scheint heute morgen sehr heiß draußen zu sein,« begann die jüngere Dame, nachlässig mit ihrer Nadel spielend, »und ich bin doppelt froh, daß ich im Haus geblieben bin, weil ich dadurch Zeit fand, an Arnold zu schreiben. – Ich weiß nicht, wie es kommt, daß man zu gar nichts mehr Zeit findet.«
    Mit niedergeschlagenen Augen stichelte sie weiter und die alte Dame fragte in möglichst ruhigem Ton: »Was hast du Arnold geschrieben?«
    »Wir würden uns sehr freuen, ihn hier zu sehen.«
    »Edith!« rief die alte Dame scharf.
    »Ja, Mama!« gab Edith zurück und sah sie harmlos an.
    »Um Gotteswillen, stelle dich mir gegenüber nicht in dieser Weise an. Du weißt sehr wohl, daß ich weder Arnold noch sonst einen jungen Mann außer Wyncott hier haben will. Ich verbiete dir, den Brief abzuschicken!«
    Statt jeder Antwort erhob sich Fräulein Wyncott von ihrem Sitz und klingelte. Die Mama fächerte sich mit derMiene siegreicher Entrüstung und ihre Tochter setzte sich wieder an ihre Näharbeit. Als gleich darauf der gewünschte Diener erschien, sagte Edith: »Die Grainger, Fräulein Pharrs Kammermädchen, soll hierher kommen.«
    Nach einer Pause, in der Frau Wyncotts Fächer beunruhigte und zweifelnde Bewegungen ausführte, trat die bescheiden und hübsch aussehende Grainger ins Zimmer. Sie trug ein unscheinbares schwarzes Kleid, Hals und Arme von weißen Leinenstreifen umschlossen, und ihr üppiges schwarzes Haar war in einen großen Knoten geschlungen.
    Die junge Dame nahm sich nicht einmal die Mühe, einen Blick auf sie zu werfen.
    »Sie sind im Dorf gewesen?« fragte sie in eisig sanftem Ton.
    »Ja, Fräulein Wyncott.«
    »Haben Sie den Brief, den ich Ihnen gab, zur Post gebracht?«
    »Ja, Fräulein Wyncott.«
    »Danke; das genügt.«
    Die Grainger ging.
    »Es thut mir natürlich sehr leid, Mama,« sagte Edith, »aber du siehst, es ist zu spät.«
    »Du hast dies nur gethan, Edith, um mich zu ärgern und meine Pläne zu vereiteln,« rief die alte Dame zornig.
    »Aber, liebe Mama, du bist mir ganz unverständlich,« entgegnete Edith; »welche Pläne soll ich dir denn durchkreuzt haben?«
    »O,« entgegnete ihre Mutter, »du stellst meine Geduld auf eine allzu harte Probe! Du nennst dich eine Christin und vergißt, daß eine gesprochene von einer thatsächlich ausgeführten Lüge sich nur dadurch unterscheidet, daß diese noch einen Grad schlimmer ist. Wie kannst du dich unterstehen, mir zu sagen, du kennest meine Pläne nicht!«
    »Mama,« gab Edith zurück, »du wirst dir selbst diesen Ausbruch nicht so bereitwillig verzeihen, als ich es thue.«
    »Possen!« sagte die alte Dame. »Gelingt es dir aber, das zu hintertreiben, was ich anstrebe – und du weißt so gut als ich, was dies ist – so werde ich dir selbst aufmeinem Totenbett nicht verzeihen und jeden Pfennig, den ich habe, Wyncott vermachen.«
    »Ich habe mein eigenes bescheidenes Einkommen, Mama,« sagte Edith in frommem Ton.
    »Du magst sehen, wie weit du damit kommst,« erwiderte ihre Mutter zornig und verließ eiligst und mit Würde den Schauplatz.
    »Geh nicht so rasch, Mama,« sagte Edith mit einer Bereitwilligkeit zu vergeben, die ihre Mutter vollends ganz außer sich brachte. »Du wirst dich sonst nur erhitzen und bist nachher angegriffen.«
    Hätte Fräulein Wyncott ihre Mutter über irgend etwas anderes auch nur zum hundertsten Teil so außer sich gesehen, sie würde das innigste Mitgefühl gehabt haben. Allein hier handelte es sich um eine Liebesgeschichte, und Edith hatte alles daran gesetzt, ihren Kandidaten nicht aus dem Feld schlagen zu lassen. Außerdem lag beinahe etwas

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