Ein gefährliches Werkzeug
Planes dadurch erschwert, vielleicht sogar unmöglich gemacht wurde.
Allein schon auf dem Heimwege erholte sich sein Gemüt einigermaßen, und er begann sich zu fragen, ob die Mitwissenschaft Gales denn gar so sehr in die Wagschale falle. Selbstverständlich mußte die Belohnung mit ihm geteilt werden und dadurch wurde die Heimzahlung seiner Schuld an Fräulein Pharr verzögert. Insolange hieltihn der Schurke in der Hand, allein sobald Gale seinen Anteil empfangen hatte, waren ihre Beziehungen zu Ende, und die Meinung eines solchen Menschen konnte für ihn nicht von Belang sein. Etwaige Drohungen Gales brauchte er nicht zu fürchten, denn er konnte ihm ja nur schaden, indem er sich selbst auch anklagte. Alles in allem genommen, stand die Sache so übel nicht.
Als er seine Lage in dieser so charakteristischen Weise zusammengefaßt hatte, fuhr er in seinen Klub, wo er speiste. Da er dort wie überall eine sehr beliebte Persönlichkeit war, wurde er von allen Seiten zu seinem letzten Erfolg beglückwünscht und ihm eine glänzende Zukunft verheißen. Dies im Verein mit einer im Kreis der nächsten Freunde getrunkenen Flasche Rotwein und seiner eignen Fähigkeit, unangenehme Gedanken zu verdrängen, versetzten ihn in eine sehr muntre und angeregte Stimmung, in der er gegen zehn Uhr nach Hause fuhr, um seine Verabredung mit Gale einzuhalten. Allein schon während der Fahrt machte sich ein Rückschlag geltend und er fühlte sich unglücklich genug, als er seine Treppen hinaufstieg und das Gas in seinem Wohnzimmer anzündete.
Nachdem er die innere Thür verschlossen hatte, schlich er mit übertriebener Vorsicht in sein Schlafzimmer und ließ die Fensterblenden herab. Dann steckte er eine Kerze an und stahl sich, das Licht mit der Hand beschattend und unwillkürlich um sich blickend, zu einem großen Reisekoffer, in dem er die Juwelen verborgen hatte. Er setzte das Licht aus der Hand und wühlte mit zitternden Händen eine Menge sauber aufgefalteter Kleidungsstücke beiseite, bis er den Boden des Koffers erreichte. Da stieß er plötzlich einen verzweifelten Schrei aus und begann in wilder Hast den Inhalt des Koffers auf den Fußboden zu zerstreuen. Der schlichte Saffianlasten war verschwunden.
Wie lange er fast bewußtlos auf dem Boden gekniet, hätte er nicht zu sagen gewußt; als er endlich wieder zu sich kam, bebte er am ganzen Leib und war von Kopf zu Fuß mit Schweiß bedeckt und flammende Lichter tanzten und zuckten vor seinen Augen. Nach und nach erloschen diesefeurigen Flecken und seine Blicke hafteten wie verzaubert auf einem bestimmten Gegenstand. Er griff darnach: es war ein Brief; langsam las er die Aufschrift: »W. Esden, Esquire.« Noch immer an der Erde knieend, öffnete er mechanisch den Brief und las:
»Geehrter Herr! Die Steine befinden sich sicher in meinen Händen. Ich habe einen Plan, um alles in Ordnung zu bringen, und beabsichtige nicht, eine solche Aussicht unbenutzt zu lassen.
Ihr gehorsamer Diener
R. Gale.«
Zuerst begriff er das Geschehene gar nicht recht, und hatte nur das dumpfe Bewußtsein, daß er in eine entsetzliche Falle geraten war. Den Zettel in einer, die Kerze in der andern Hand, schritt er endlich über die an der Erde zerstreuten Kleider weg ins Nebenzimmer, wo er mit Hilfe des Gaslichtes Reuben Gales kurze Mitteilung nochmals las, als hoffe er, daß ihm das hellere Licht zu besserem Verständnis verhelfe.
Das erste, dessen er sich klar bewußt wurde, war, daß er nun ein Schurke sei: tiefstes Mitleid mit sich selbst überkam ihn und er stöhnte laut auf vor Zorn und Scham. In diesem Augenblick wurde draußen geklopft. Er riß die Thür so hastig auf, daß sie wieder halb zufiel und Gale sich durch die enge Oeffnung förmlich hereinkrümmen mußte, worauf er sofort abschloß. Drohend stand Esden vor seinem Gast und selbst in der Dunkelheit des Vorzimmers war die Blässe seines Antlitzes und das wilde Feuer seiner Augen zu bemerken.
»Ich sehe, Sie haben meinen Brief gefunden,« sagte Gale, während seine Hand mit einer geschäftsmäßigen Bewegung in die innere Tasche seines Rockes griff. Seinem Gesicht, seiner Stimme und seinem Wesen nach, konnte man glauben, er suche ein Notizbuch oder ein Taschentuch, aber statt dessen kam ein Revolver zum Vorschein. »Ich hoffe, Herr Esden,« sagte Gale, »daß keinerlei Schwierigkeiten zwischen uns entstehen werden.«
Er hielt seine unschuldigen braunen Augen fest auf Esdens Gesicht gerichtet, wahrend er sich, wie um Entschuldigung
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