Ein gefährliches Werkzeug
vorwurfsvollen Ton verfallen, der die Enttäuschung verriet, die ihm Esdens Benehmen bereitete.
»Ich bin überzeugt, Herr Esden,« begann er wieder, »daß Ihre Freunde Sie nicht zur Verantwortung ziehen würden, wenn sie es wüßten – es wäre mir nicht angenehm zu denken, daß sie es thun könnten. – Ich glaube auch nicht, daß ein Gentleman wie Sie schlecht und dumm genug gewesen sein könnte, die eine Hälfte des Werkzeuges mit Absicht zu verlieren, aber dieser Umstand hatte mich in große Schwierigkeiten bringen können, wenn ich nicht vermocht hätte, gestern nachmittag über die Anwendung jeder Minute meiner Zeit Rechenschaft abzulegen. Daß Sie, mein Herr, dies Werkzeug überhaupt benützt haben, ist ein Vertrauensbruch, der von einem Gentleman keineswegs zu erwarten war, und ich möchte nicht beschwören, daß ich Ihnen dies nicht ein wenig nachtrage.«
»Hören Sie auf mit diesem unflätigen Geschwätz, Mensch!« rief Esden, sich in Selbstverachtung krümmend und windend. Die Bemerkung, die Gate über die wahrscheinliche Nachsicht seiner Angehörigen scheinbar zufällig hingeworfen hatte, ließ ihm den Abgrund seiner Schandein einem neuen Licht erscheinen; von wahnsinniger Angst erfaßt, war er bereit, sich an jeden Strohhalm anzuklammern. »Setzen Sie sich,« sagte er, »und teilen Sie mir Ihren Plan mit.«
Dreizehntes Kapitel.
Als Herr Prickelt am andern Morgen in Hemdärmeln und Pantoffeln bei seinem Frühstück saß, las er einen an die Theekanne gelehnten Brief; er wollte sich in seiner Mahlzeit durch denselben nicht stören lassen, aber immerhin war es unverkennbar, daß diese Epistel ihn sehr beschäftigte. Der Brief war von Esdens Wohnung aus an ihn gerichtet und lautete:
»Gale war seinem Versprechen gemäß heute abend hier, aber ich bedaure, Ihnen sagen zu müssen, daß ich durch meine Unterredung mit ihm aufs schmerzlichste enttäuscht wurde. Ich fürchte, Fräulein Pharr wird der Forderung des ›betrübten‹ Vaters entsprechen und sich durch eine Bekanntmachung im ›Standard‹ mit ihm in Verbindung setzen müssen. Es steht nicht in Gates Macht, uns zu helfen. Er ist bei dem Mann gewesen, den er im Verdacht hatte, und hat gefunden, daß dessen Instrument ganz heil war. Er schließt daraus, daß ein viertes Werkzeug nach seinem Muster angefertigt worden sei und daß er dieses irrtümlicherweise für seine eigne Arbeit gehalten habe. Anfangs glaubte ich, er sperre sich, um etwas für sich herauszuschlagen. Vielleicht ist es am besten, Sie sprechen selbst mit ihm, um zu sehen, was davon zu halten ist, obgleich ich ziemlich überzeugt davon bin, daß er so enttäuscht ist wie wir. Er sagte mir, er hoffe sich durch sein Verhalten in dieser Sache mit der Polizei besser zu stellen, denn er habe sich selbst geschworen, auf dem geraden Weg zu bleiben, noch ehe die Geschwornen ihr ›Nichtschuldig‹ gesprochen – damit mag's nun sein, wie's will, aber ich sehe keinen Grund zum Zweifel an seiner bona fides , denn er kann nur verlieren, wenn er sichunwissend stellt. Wenn ich keine andre Anweisungen von Ihnen erhalte, werde ich morgen eine Bekanntmachung im ›Standard‹ veröffentlichen: ›Ein betrübter Vater. – Auf Ehrenwort. – Adresse: W. E. Esq. Oxford- und Cambridge-Klub.‹ Das wird genügen. Ich bin bis Mittag zu Hause, falls Sie mich zu sprechen wünschen.«
»Ob ich Sie sprechen will!« sagte Prickett. »Und zwar sofort will ich Sie sprechen! Sie spielen ein ziemlich gewagtes Spiel, mein Herr Wyncott Esden, und ein recht dunkles Spiel wäre es geblieben, wenn ich nicht die eine Hälfte von Reubens Brechstange gefunden hätte. Aber ich habe sie glücklicherweise gefunden, und das gibt der Sache ein andres Gesicht.«
Damit begann er seinen Rock auszubürsten, während welcher Thätigkeit er vor sich hin brummte: »Ich denke, ich durchschaue die Sache. Es soll aussehen, als ob Gale ganz unbeteiligt sei, während er die eine Hälfte der Belohnung, Herr Wyncott Esden, alias der betrübte Vater die andre Hälfte einsackt. Na, Joseph, wir wollen sehen, daß wir bei der Teilung auch zugegen sind. Sie werden natürlich nicht so dumm sein und einen Check oder Noten nehmen, denn die kann man aufspüren, und wenn es Gold ist, so müssen sie entweder zusammen kommen oder eine Mittelsperson haben. Schon jetzt habe ich genug Beweise beisammen, um Herrn Esden festzunageln, aber ich will mir die Jagd nicht verderben. Er will sich einen Spaß mit dir erlauben, Joseph, dieser schlaue,
Weitere Kostenlose Bücher