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Ein Geschenk von Tiffany

Ein Geschenk von Tiffany

Titel: Ein Geschenk von Tiffany Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Swan Karen
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würde er sie nicht mit einem übellaunigen Franzosen zusammenbringen, nur um ihr einen Streich zu spielen.
    Oder doch?
    Sie rannte hinter der Gruppe her. Der Mann war ihr gut zweihundert Meter voraus, doch es gelang ihr, ihn trotz ihrer grässlichen Kopfschmerzen einzuholen.
    »Die gehen also auch mit?«, erkundigte sie sich und wies mit dem Kinn auf das fröhlich schwatzende Grüppchen.
    Er schaute sie irritiert an, als hätte er nicht erwartet, sie noch mal zu sehen. »Und? Hast du ein Problem damit?«
    »Nein, je mehr, desto besser!«, antwortete sie mit einem verbissenen Lächeln. »Und wo gehen wir hin?«
    »Das wüsstest du, wenn du pünktlich gewesen wärst«, brummte er ungnädig. Und beschleunigte seine Schritte.
    Cassie lief ihm erbost nach. Wie ein so liebenswerter Mensch wie Henry sich mit so einem Griesgram einlassen konnte, war ihr schleierhaft, aber sie nahm sich vor, Henry beim nächsten Mal kräftig dafür in den Arm zu kneifen. Das Einzige, was sie jetzt beschäftigte, war, wie schnell sie sich wieder verdrücken konnte.
    Schweigend ging die Gruppe weiter, vorbei an Cafés, die schon seit dem Frühstück voll waren und nun mit Schwung das Mittagsgeschäft angingen, vorbei an Geschäften, in denen man altmodische weiße Spitzentischdecken oder Wachstuchdecken mit fröhlichen Obst- oder Blumendrucken kaufen konnte. Vorbei an verliebten Pärchen, die an Motorrollern lehnten, unter Balkonen hindurch, auf denen Kinder mit Murmeln spielten, vorbei an Touristenläden, in denen Fußballfanartikel und Trikolore-Fähnchen feilgeboten wurden. Dann bogen sie um eine Ecke und befanden sich plötzlich inmitten einer Straßenschlacht.
    Zumindest kam es Cassie so vor. Tatsächlich standen sie vor einem großen Markt mit zahlreichen Buden. Alles war auf einmal lauter, greller, bunter, fröhlicher. Waren wurden brüllend angepriesen, Menschen schwatzten und lachten. Cassies Schädel brummte.
    Die Gruppe kam zum Stehen. Claude wandte sich mit Grabesmiene an sie. »Da wär’n wir«, sagte er trostlos. Sie standen vor einem Tabakladen. Cassie sah sich nach einem Restaurant um.
    Claude griff in eine große Tasche, die er sich quer über die Brust gehängt hatte. Er holte einen Stapel laminierter hellgrüner Karten hervor und verteilte sie.
    »Das ist ja ein Einkaufszettel!« Cassie hob verblüfft den Kopf.
    »Gratuliere, hast meinen Geheimcode geknackt«, brummte er mürrisch. Die zwei Japanerinnen brachen in haltloses Kichern aus.
    Cassie wurde puterrot. Wer zum Teufel laminierte seinen Einkaufszettel? Und wer schickte seine Gäste los, um die Zutaten für das Essen zu besorgen?
    »Also, ihr habt eine Stunde Zeit, um alles zu besorgen. Mir ist wurscht, an welchem Stand ihr was kauft, aber kauft nicht gleich am erstbesten. Es gibt ziemlich große Unterschiede im Preis und in der Qualität. Was ihr kauft, wird mir verraten, ob ihr was taugt, noch bevor wir die Küche betreten haben.«
    Cassie starrte zuerst ihn, dann die Gruppe an. Die sich offensichtlich nicht kannte. Schließlich starrte sie auf ihre Karte. Allmählich dämmerte ihr, dass es sich hier nicht um eine Einladung zum Lunch handelte. Sondern um einen Kochkurs. Der Gedanke begeisterte sie sofort.
    »Was kochen wir denn?«, fragte sie erfreut. Sie konnte förmlich spüren, wie das Brummen in ihrem Schädel nachließ.
    »Das wüsstest du, wenn du pünktlich gewesen wärst«, sagte er brüsk. Ihre Freude erstarb. Er warf einen Blick auf seine Uhr. »Wir treffen uns um Punkt 12:15 Uhr wieder hier an dieser Stelle.«
    Es war, als habe er eine Startpistole abgefeuert. Alles stob auseinander und tauchte in dem riesigen Markt unter. Cassie schaute ihnen seufzend nach. Es wimmelte hier von Menschen, die sich über die Verkaufsstände beugten, Waren begutachteten, hier und da etwas probierten oder einfach nur müßig herumschlenderten. Ein Teil von ihr wollte diesen rüden Franzosen einfach stehen lassen und abhauen, aber ein noch größerer war gespannt auf das Kommende.
    Es konnte ja nicht schaden, sich ein wenig umzusehen. Sie trat vom Gehsteig herunter und ließ sich vom Fluss der Passanten in den Markt ziehen. Im Schneckentempo, das ihrem gesundheitlichen Zustand zupass kam, kroch sie zwischen den Ständen umher. Alle waren mit robuster weißer Leinwand gedeckt, die Ware war appetitlich aufgebaut. Es erinnerte fast an ein holländisches Stillleben: dunkellila glänzende Auberginen, aufgeschichtet wie ein Bund übergroßer Trauben; dicke Büschel rote Chilischoten

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