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Ein Geschenk von Tiffany

Ein Geschenk von Tiffany

Titel: Ein Geschenk von Tiffany Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Swan Karen
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Claude umher und begutachtete die Lebensmittel: Steinpilze, Pfifferlinge, Estragon, Knoblauch, Zucker, Butter, Mehl, Pistazien, Äpfel. »Zu sauer … nicht reif genug … zu klein …«
    Schließlich erreichte er Cassie und schaute über ihre Schulter. Sie hielt den Atem an. Sie hatte einen fantastischen Stand gefunden, etwas zurückgesetzt, bei dem sie die Pfifferlinge und die Steinpilze gekauft hatte. Was die Äpfel betraf, vertraute sie dem Urteil der Alten. Nach einer Minute, die sich anfühlte wie ein Monat, spürte sie, wie er nickte. »Nicht ganz so schlecht, wie ich dachte«, brummte er mit einer Stimme, als würde er eine Todesdrohung ausstoßen.
    Cassie begann zu strahlen wie die sprichwörtliche Sonne. Sie musste sich davon abhalten, laut zu jauchzen. Das war das Beste, das irgendjemand zu ihr gesagt hatte, seit sie in Paris angekommen war.

26. Kapitel
    »Was findest du bloß an ihm?«
    »Er ist ein brillanter Koch.«
    »Und hat den Charme eines Holzknüppels.«
    Anouk blies zierliche Rauchwölkchen aus perfekt geformten Lippen. Cassie grinste. Sie konnte Anouk ja verstehen: Claude war wirklich zu uncharmanter Hochform aufgelaufen, als Anouk – neugierig geworden durch Cassies wachsende Begeisterung – einmal mitgekommen war. Claude hatte ihren Gruß nicht mal mit einem Nicken erwidert, und jetzt, vier Stunden später, grollte Anouk noch immer.
    Cassie nahm einen Schluck von ihrem Espresso – sie hatte bisher nichts gefunden, das ihr das Tea & Sympathy ersetzt hätte, und war, aus reiner Not, eine passionierte Espressotrinkerin geworden. Sie schaute aus dem Fenster auf den vorbeiratternden und -ruckelnden Verkehr auf dem Platz. Es wäre ein einwöchiger Kochkurs gewesen, der täglich stattfand, was Cassie aber wegen ihres Jobs nicht machen konnte. Deshalb hatte Claude sich bereit erklärt, sie jeweils an den Samstagen allein zu unterrichten. Henrys kleine Gefälligkeiten reichten verblüffend weit, wie es schien.
    Heute hatten sie sich an einer Feigen-Mandel-Tarte mit Pistaziensplittern versucht. Claude hatte ihr sein spezielles Geheimnis verraten: Die Buttermischung für den Teig im Backofen zum Brodeln bringen. Sie seufzte zufrieden bei der Erinnerung daran – was Anouk noch mehr erzürnte.
    Ihre Freundin nahm einen tiefen, zittrigen Zug an ihrer Zigarette. Sie wirkte fahrig und nervös. In letzter Zeit kam sie immer ziemlich spät aus dem Atelier nach Hause und ging dann meistens gleich ins Bett. Cassie fielen zum ersten Mal die dunklen Ringe unter Anouks Augen auf – eine an sich unvorstellbare Nachlässigkeit bei einer Frau wie ihr, die mehr Zeit brauchte, um ihr Gesicht zu reinigen, als einen Reifen zu wechseln. Und jetzt schien sie Claudes schroffe Gleichgültigkeit, mit der er jeden behandelte, als persönliche Zurückweisung aufzufassen. Sie war sonst eigentlich nicht so empfindlich.
    »Hast du dich mit Pierre gestritten?«, erkundigte sich Cassie.
    »Non« , antwortete Anouk defensiv. »Wie kommst du denn darauf?«
    »Du wirkst unglücklich.«
    Sie schüttelte den Kopf. Ihr Haar streifte ihre Wangen wie ein seidiger Vorhang. »Nicht unglücklich. Gestresst.« Sie rieb sich mit der freien Hand die Schläfe. »Es gibt Probleme mit meinem Diamant-Lieferanten, und Katrina … sie ist es nicht gewöhnt, auf irgendwas zu warten.«
    »Kann ich mir vorstellen«, sagte Cassie mitfühlend.
    »Ich soll ihr bis Ende nächster Woche neun Stücke liefern. Das ist vollkommen unrealistisch.«
    »Glaub ich gern.«
    Anouk zog noch einmal an ihrer Zigarette und drückte sie dann zornig im Aschenbecher aus. »Er glaubt, ich kann einfach alles stehen und liegen lassen, einfach so. Als ob ich sonst nichts zu tun hätte.«
    Cassie glaubte, sich verhört zu haben. »Er? Wer?«
    »Was?«
    »Du hast gesagt: ›Er glaubt, ich kann einfach alles stehen lassen …‹«
    Anouk sah auf. »Ach ja?« Sie begutachtete die Asche im Aschenbecher. »Ich meine, sie. Ich meinte Katrina.«
    Cassie legte seufzend eine Hand auf die ihrer Freundin. »Willst du reden?«
    Anouk zog ihre Hand weg. »Ich hab doch gesagt, es gibt nichts zu reden.«
    »Na gut, wenn du’s sagst.« Cassie lehnte sich zurück und betrachtete ihre Freundin. Sie schwiegen. Cassie dachte darüber nach, wie anders es doch war hier mit Anouk in Paris als mit Kelly in New York. Kelly hatte mehr oder weniger versucht, sie beide zu ein und derselben Person zu verschmelzen – der gleiche Job, die gleichen Klamotten, sie schliefen in einem Schlafzimmer, lebten das

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