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Ein Gesicht so schön und kalt

Ein Gesicht so schön und kalt

Titel: Ein Gesicht so schön und kalt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Higgins Clark
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Interesse bis jetzt«, antwortete Geoff.
»Ist das der Grund, weshalb Sie sich mit Kerry treffen?«
    »Bob, ich finde nicht, daß Sie auch nur das geringste Recht
haben, diese Frage zu stellen. Ich will sie aber trotzdem
beantworten. Ich war froh, für Kerry dazusein, als Sie mit der
Neuigkeit herausgeplatzt sind, daß Ihr ruhmreicher Mandant ihr
Kind bedroht. Hat Sie schon jemand zum Vater des Jahres
vorgeschlagen? Falls nicht, dann verschwenden Sie lieber keine
Zeit damit, aufs Läuten des Telefons zu warten. Irgendwie
glaube ich nicht, daß Sie das Rennen machen.«

77
    Am Montag morgen blieb Grace Hoover länger als
gewöhnlich im Bett. Obwohl es im Haus angenehm warm war,
schien die Winterkälte auf irgendeine Weise bis in ihre Knochen
und Gelenke vorzudringen. Ihre Hände und Finger, Beine, Knie
und Fußgelenke verursachten entsetzliche Schmerzen. Sobald
die derzeitige Legislaturperiode zu Ende ging, würden sie und
Jonathan zu ihrem Haus in New Mexico reisen. Sie hielt sich
vor Augen, daß das warme, trockene Klima ihre Beschwerden
lindern würde.
    Vor langen Jahren, zu Beginn ihres Leidens, hatte Grace
beschlossen, sich niemals dem Selbstmitleid zu überlassen. Es
war für sie der trostloseste Gemütszustand schlechthin. Und
doch gestand sie sich an ihren schlimmsten Tagen ein, daß es,
wenn man einmal von den beständig zunehmenden Schmerzen
absah, niederschmetternd war, daß sie ihre Aktivitäten immer
mehr einschränken mußte.
    Sie hatte zu den wenigen Ehefrauen gehört, die tatsächlich
Freude daran hatten, zu all den gesellschaftlichen Anlässen zu
gehen, bei denen sich ein Politiker wie Jonathan blicken lassen
mußte. Zwar lag es weiß Gott nicht daran, daß sie dort gern
stundenlang verweilte, aber sie genoß es, wie sehr die Leute sich
bei Jonathan einzuschmeicheln suchten. Sie war so stolz auf ihn.
Er hätte Gouverneur werden sollen. Das war ihr bewußt.
    Nachdem
Jonathan dann seine Pflichtbesuche bei diesen
Ereignissen abgestattet hatte, pflegten sie damals ein ruhiges
spätes Abendessen zu genießen oder auch spontan den
Entschluß zu fassen, irgendwohin fürs Wochenende zu
entwischen. Grace mußte lächeln, als ihr wieder einfiel, wie
ihnen einmal, als sie schon zwanzig Jahre verheiratet waren,
jemand an einem Urlaubsort in Arizona bei einem
Zufallsgespräch erklärt hatte, sie sähen aus, als seien sie auf der
Hochzeitsreise.
    Nun aber machten der lästige Rollstuhl und die
Notwendigkeit, eine Pflegerin mitzunehmen, die ihr beim
Waschen und Anziehen half, jeden Hotelaufenthalt zu einem
Alptraum für Grace. Sie wollte es nicht zulassen, daß Jonathan
ihr bei diesen Verrichtungen zur Seite stand, und so war sie zu
Hause besser dran, wo täglich eine Pflegeschwester Dienst tat.
    Es hatte ihr Spaß gemacht, als sie neulich abend zum Essen in
den Klub ausgingen. Es war seit vielen Wochen das erstemal
gewesen, daß sie aus dem Haus kam. Aber dieser Jason Arnott
ist es nicht komisch, daß er mir einfach nicht aus dem Sinn
geht? dachte sie, während sie unermüdlich versuchte, ihre
Finger zu beugen. Sie hatte Jonathan erneut nach ihm gefragt,
doch er konnte sich nur vorstellen, daß sie ihn vielleicht auf
irgendeine Wohltätigkeitsveranstaltung begleitet hatte, wo auch
Arnott aufgetaucht war.
    Es war jetzt zwölf Jahre her, seit Grace an einem dieser
festlichen Anlässe teilgenommen hatte. Damals mußte sie sich
bereits mit zwei Krücken behelfen und vermied lieber jedes
Menschengedränge. Nein, es war bestimmt etwas anderes, was
die Erinnerung an ihn auslöste. Ach, laß mal, sagte sie sich, das
kommt schon, wenn die Zeit reif ist.
    Carrie, die Haushälterin, betrat mit einem Tablett das
Schlafzimmer. »Ich dachte, Sie haben inzwischen vielleicht Lust
auf eine zweite Tasse Tee«, erklärte sie mit munterer Stimme.
»Ja, gern, Carrie. Danke.«
     
Carrie stellte das Tablett hin und klopfte die Kissen zurecht.
    »Sehen Sie. So ist’s besser.« Sie griff in ihre Schürzentasche und
holte ein gefaltetes Stück Papier hervor. »Ach, Mrs. Hoover, das
lag im Papierkorb im Arbeitsraum vom Senator. Ich weiß, daß
es der Senator weggeworfen hat, aber ich möchte Sie trotzdem
fragen, ob es Ihnen recht ist, wenn ich’s mir nehme. Mein Enkel
Billy redet ständig davon, daß er später mal ein FBI-Agent
werden möchte. Er würde total ausnippen, wenn er ein echtes
Flugblatt zu sehen kriegt, was die vom FBI rausgeschickt
haben.« Sie faltete das

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