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Ein Gesicht so schön und kalt

Ein Gesicht so schön und kalt

Titel: Ein Gesicht so schön und kalt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Higgins Clark
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alte Halliday-Haus gekauft
hatte, einen Herrensitz mit zwanzig Zimmern, auf einem
Bergkamm gelegen, der einen großartigen Blick auf den
Palisades Interstate Park bot.
    Jason war Anfang Fünfzig, von durchschnittlicher Größe, und
hatte dünnes braunes Haar, lebenserfahrene Augen und eine
guterhaltene Figur. Er reiste ausgiebig, machte vage
Andeutungen von Investitionen im Orient und liebte schöne
Dinge. Sein Heim mit seinen exquisiten Perserteppichen,
antiken Möbeln, glänzenden Gemälden und Kunstobjekten aller
Art war eine Augenweide. Als ausgezeichneter Gastgeber
veranstaltete er üppige Partys, und im Gegenzug konnte er sich
vor Einladungen von den ganz Großen, den beinahe Großen und
den einfach nur Reichen kaum retten.
    Umfassend gebildet und voller Witz, berief sich Jason auf
eine entfernte Verwandtschaft zu den Astors aus England,
obwohl man allgemein annahm, daß diese Verbindungslinie nur
seiner Einbildung entsprang. Man wußte, daß er interessant war,
ein bißchen geheimnisvoll und von absolut gewinnendem
Wesen. Was man nicht wußte, war, daß Jason ein Dieb war.
Worauf niemand kam, war die Tatsache, daß praktisch alle
Häuser, in denen er zu Besuch war, nach Verstreichen eines
angemessenen Zeitraums einem Räuber zum Opfer fielen, der
eine anscheinend unfehlbare Methode hatte, Alarmsysteme zu
überlisten. Jasons einzige Vorbedingung bestand darin, daß er in
der Lage sein mußte, die Beute seiner jeweiligen Eskapaden
forttragen zu können. Kunstgegenstände, Skulp turen, Schmuck
und Wandteppiche hatten es ihm am meisten angetan. Lediglich
bei ein paar Gelegenheiten in seiner langen Karriere hatte er den
gesamten Inhalt eines Anwesens mitgehen lassen. Jene Episoden
hatten ein ausgeklügeltes System von Verkleidungen und den
Einsatz von Umzugsleuten von außerhalb zum Beladen des
Möbelwagens vorausgesetzt, der jetzt in der Garage seines
geheimen Wohnsitzes in einer abgelegenen Berggegend der
Catskills stand.
    Dort hatte er wiederum eine andere Identität und galt bei
seine n weit verstreuten Nachbarn als eine Art Einsiedler ohne
Interesse an Bekanntschaften und Besuchen. Niemand außer der
Putzfrau und dann und wann einem Handwerker erhielt je Zutritt
zum Inneren seines Landrefugiums, und weder Putzfrau noch
Handwerker hatten die geringste Ahnung vom Wert seines
Inhalts.
    War sein Haus in Alpine auserlesen, so war das in den
Catskills atemberaubend, denn dort hatte Jason die Stücke aus
seiner Beute untergebracht, von denen er sich nicht trennen
konnte. Jeder einzelne Gegenstand war eine wahre Kostbarkeit.
Ein Bild von Frederic Remington nahm die Wand im Speisesaal
ein, direkt über einer Sheraton-Anrichte, auf der eine
chinesische Vase mit ihrer purpurrosa Glasur schimmerte.
    Alles, was in Alpine stand oder hing, hatte Jason von dem
Erlös seines Diebesguts gekauft. Dort war nichts vorhanden,
was je die Aufmerksamkeit von jemandem auf sich ziehen
könnte, der ein fotografisches Gedächtnis für gestohlene
Objekte hatte. Jason konnte gelassen und selbstsicher
verkünden: »Das ist doch ein schönes Stück, nicht? Ich habe es
letztes Jahr bei Sotheby’s ersteigert.« Oder: »Ich bin nach Bucks
County gefahren, als das Anwesen der Parkers unter den
Hammer kam.«
    Der einzige Fehler, den Jason je gemacht hatte, war zehn
Jahre her, als seine Putzfrau in Alpine, die immer freitags kam,
versehentlich den Inhalt ihrer Handtasche ausgekippt hatte. Als
sie alles wieder einsammelte, übersah sie den Zettel mit den
Zugangscodenummern für vier Häuser in Alpine. Jason hatte sie
sich daraufhin notiert, den Zettel an seinen rechten Platz
zurückgesteckt, bevor die Frau es bemerken konnte, und war
dann, da er der Versuchung einfach nicht widerstehen konnte, in
die vier Häuser eingebrochen: bei den Ellots, den Ashtons, den
Donnatellis. Und bei den Reardons. Jason lie f es noch immer
kalt den Rücken herunter, wenn er an seine knappe Flucht in
jener grauenhaften Nacht zurückdachte.
    Doch Jahre waren seither vergangen, und Skip Reardon saß
sicher hinter Gittern, seine Revisionsmöglichkeiten waren
erschöpft. Heute abend war das Fest in vollem Gange.
    Jason nahm mit einem Lächeln die Komplimente von Alice
Bartlett Kinellen entgegen.
»Ich hoffe, Bob schafft es noch zu kommen«, sagte Jason zu
ihr.
»Oh, der taucht schon noch auf. Er weiß, daß er mich lieber
nicht enttäuschen sollte.«
    Alice war eine schöne blonde Frau vom Typ Grace Kelly.

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