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Ein Gesicht so schön und kalt

Ein Gesicht so schön und kalt

Titel: Ein Gesicht so schön und kalt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Higgins Clark
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wiedergab und zu dem Schluß kam: »Kerry, nach zwanzig
Jahren im Senat des Staates hat Jonathan eine Menge Einfluß,
aber doch nicht so viel, daß er den Gouverneur dazu bringen
könnte, dich zur Richterin zu ernennen, wenn du seinen von ihm
gewünschten Nachfolger in Verlegenheit bringst. Übrigens«,
fügte sie noch hinzu, »Jonathan hat keine Ahnung, daß ich dich
anrufe.«
    Er muß sich ja wirklich Grace gegenüber Luft gemacht haben,
dachte Kerry. Was sie wohl denken würde, wenn sie sehen
könnte, was ich jetzt gerade mache? Mit dem Gefühl, daß sie die
ganze Zeit auswich, versicherte Kerry Grace so gut sie konnte,
daß sie weder die Absicht noch den Wunsch habe, Staub
aufzuwirbeln. »Aber, Grace, sollte es sich herausstellen, daß die
Zeugenaussage von Dr. Smith nicht der Wahrheit entsprach,
dann würde Frank Green doch nur Bewunderung und Achtung
ernten, wenn er dem Gericht nahelegen würde, Reardon ein
neues Verfahren zu gewähren. Ich bin überzeugt, die
Öffentlichkeit würde es ihm nicht negativ auslegen, daß er sich
damals in gutem Glauben auf die Aussage des Chirurgen
verlassen hat. Er hatte keinen Grund, ihm zu mißtrauen.«
    »Und vergiß nicht«, sagte sie dann noch, »ich bin weit davon
entfernt, tatsächlich zu glauben, in dem Fall Reardon sei der
Gerechtigkeit nicht Genüge getan worden. Ich bin einfach nur
durch puren Zufall auf diese eine Sache gestoßen, und ich kann
nicht damit leben, wenn ich ihr nicht auf den Grund gehe.«
    Nach Beendigung des Gesprächs kehrte Kerry zu dem
Protokoll zurück. Als sie den Band endlich niederlegte, hatte sie
sich seitenweise Bemerkungen und Fragen notiert.
    Die Sweetheart-Rosen: Hatte Skip Reardon gelogen, als er
sagte, er habe sie nicht mitgebracht oder schicken lassen? Falls
er die Wahrheit sprach und sie nicht geschickt hatte, wer hatte es dann getan?
    Dolly Bowles, die Frau, die damals am Mordabend in dem
Haus gegenüber von dem der Reardons die Kinder gehütet hatte:
Sie sagte aus, sie habe um neun Uhr abends vor dem Haus der
Reardons einen Wagen stehen sehen. Doch um diese Zeit hatten
Nachbarn ein Fest, und einige ihrer Gäste hatten ihre Wagen
dort in der Straße geparkt. Dolly machte damals einen besonders
kümmerlichen Eindruck als Zeugin vor Gericht. Frank Green
brachte die Tatsache ins Spiel, daß sie bei sechs verschiedenen
Gelegenheiten innerhalb desselben Jahres »verdächtig
aussehende« Leute in der Nachbarschaft der Polizei gemeldet
hatte. In jedem einzelnen Fall stellte es sich heraus, daß der
»Verdächtige« ein völlig legitimer Bote irgendeiner Firma war.
Das führte dazu, daß Dolly nun als Zeugin völlig unglaubwürdig
wirkte. Kerry war sich sicher, daß die Geschworenen Dollys
Aussage außer acht gelassen hatten.
    Skip Reardon war nie zuvor mit dem Gesetz in Konflikt
geraten und galt als durch und durch solider Bürger, und doch
hatte die Verteidigung nur zwei Leumundszeugen aufgerufen:
Warum?
    Zur Zeit von Suzannes Tod war es zu einer Serie von
Einbrüchen in Alpine gekommen. Skip Reardon behauptete, daß
ein Teil des Schmucks, den Suzanne getragen hatte, fehlte und
daß jemand ihr gemeinsames Schlafzimmer durchstöbert habe.
Aber auf dem Toilettentisch fand sich ein Tablett voller
wertvoller Juwelen, und die Anklagevertretung rief eine
Teilzeithausangestellte der Reardons in den Zeugenstand, die
kategorisch erklärte, Suzanne Reardon habe das Schlafzimmer
stets in einem Chaos zurückgelassen. »Sie hat immer drei oder
vier verschiedene Sachen anprobiert und dann auf den Boden
fallen lassen, wenn sie sich dagegen entschied. Der
Toilettentisch voller Puder, feuchte Handtücher auf dem
Fußboden. Ich hatte oft Lust zu kündigen.«
    Während sie sich nun fürs Bett zurechtmachte, ging Kerry in
Gedanken nochmals durch, was sie gelesen hatte, und stellte
fest, daß es zwei Dinge gab, die sie tun mußte: einen Termin für
die Unterredung mit Dr. Smith vereinbaren und Skip Reardon
im Staatsgefängnis von Trenton besuchen.

Freitag, 27. Oktober

23
    In den neun Jahren seit ihrer Scheidung war Kerry von Zeit zu
Zeit mit einem Mann ausgegangen, aber es hatte nie jemanden
besonderen gegeben. Ihre engste Freundin war Margaret Mann,
mit der sie als Studentin im Boston College zusammengewohnt
hatte. Marg war blond und zierlich, und im College hatte man
die beiden das lange und das kurze Ende genannt. Inzwischen
war Margaret eine Bankexpertin für Geldanlagen mit einem
Apartment

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