Ein Gesicht so schön und kalt
an der West Eightysixth Street, und sie war Kerrys
Vertraute, ihr spezieller Kumpel und Kamerad. Freitagabends
besorgte sich Kerry des öfteren jemanden, der bei Robin blieb,
und fuhr nach Manhattan hinein. Dann aß sie mit Margaret
zusammen, und die beiden schauten sich eine Show am
Broadway oder einen Film an oder blieben einfach stundenlang
beim Nachtisch sitzen und unterhielten sich.
An dem Freitag abend, nachdem Geoff Dorso ihr das
Prozeßprotokoll gebracht hatte, traf Kerry in Margarets
Wohnung ein und ließ sich erleichtert auf das Sofa fallen, bei
dem schon eine Platte mit Käse und Trauben bereitstand.
Margaret reichte ihr ein Glas Wein. »Trink erst mal einen
ordentlichen Schluck. Du siehst phantastisch aus.«
Kerry trug ein neues jägergrünes Kostüm mit einer langen
Jacke und einem halblangen Rock. Sie schaute an sich herunter
und zuckte die Achseln. »Danke. Ich bin endlich dazu
gekommen, mir ein paar neue Sachen zu kaufe n, und gebe schon
die ganze Woche damit an.«
Margaret lachte. »Weißt du noch, wie deine Mutter sich
immer die Lippen schminkte und sagte: ›Man kann nie wissen,
wo die große Liebe auf einen wartet‹? Sie hatte recht, findest du
nicht?«
»Vermutlich. Sie und Sam sind jetzt seit fünfzehn Jahren
verheiratet, und immer wenn sie zu Ostern kommen oder Robin
und ich sie in Colorado besuchen, halten sie Händchen.«
Margaret grinste vergnügt. »Wir sollten auch mal so ein
Glück haben.« Dann wurde ihr Gesichtsausdruck ernst. »Wie
geht’s Robin? Ich hoffe doch, daß ihr Gesicht gut heilt.«
»Scheint gute Fortschritte zu machen. Ich geh’ morgen mit ihr
zu einem anderen plastischen Chirurgen. Nur zur Beratung.«
Margaret zögerte, bevor sie sagte: »Ich hatte schon überlegt,
wie ich dir das vorschlagen kann. Im Büro hatte ich von dem
Unfall erzählt und Dr. Smiths Namen erwähnt. Einer der
Wertpapierhändler, Stuart Grant, schaltete sich gleich ins
Gespräch ein. Er sagte, seine Frau hätte Smith aufgesucht. Sie
wollte was gegen die Tränensäcke unter ihren Augen
unternehmen, aber sie ist nach dem ersten Besuch nie wieder
hin. Sie fand, daß irgend etwas nicht stimmt mit ihm.«
Kerry richtete sich auf. »Was meinte sie damit?«
»Sie heißt Susan, aber der Arzt hat sich ständig vertan und sie
Suzanne genannt. Dann erzählte er ihr, er könnte ihre
Augenpartie in Ordnung bringen, aber viel lieber würde er ihr
ganzes Gesicht überholen, sie hätte das Zeug zu einer großen
Schönheit und würde ihr Leben vergeuden, wenn sie das nicht
ausnützt.«
»Wie lange ist das her?«
»Drei oder vier Jahre, nehm ich an. Ach ja, da war noch was.
Smith hat Susan offenbar auch so was vorgelabert, daß
Schönheit Verantwortung mit sich bringt und daß manche
Menschen sie mißbrauchen und zu Eifersucht und
Gewalttätigkeit Anlaß geben.« Sie brach ab und fragte dann:
»Kerry, was ist denn los? Du machst so ein komisches Gesicht.«
»Marg, das ist wichtig. Bist du dir sicher, daß Smith davon
geredet hat, daß Frauen zu Eifersucht und Gewalttätigkeit Anlaß
geben?«
»Ich weiß sicher, daß es das ist, was Stuart mir erzählt hat.«
»Hast du die Telefonnummer von Stuart? Ich möchte mit
seiner Frau reden.«
»Im Büro. Sie wohnen in Greenwich, aber ich weiß zufällig,
daß sie eine Geheimnummer haben, also muß es bis Montag
warten. Worum geht’s denn dabei überhaupt?«
»Das erzähl’ ich dir dann beim Abendessen«, antwortete sie
geistesabwesend. Es kam Kerry so vor, als habe sie das
Prozeßprotokoll auf Knopfdruck in ihrem Gedächtnis parat. Dr.
Smith beschwor, seine Tochter habe aus Angst vor Skip
Reardons unbegründeter Eifersucht um ihr Leben gebangt.
Hatte er gelogen? Hatte Suzanne Skip sehr wohl Anlaß zu
Eifersucht gegeben? Und falls ja, dann auf wen?
Samstag, 28. Oktober
24
Um acht Uhr am Samstag morgen erhielt Kerry einen Anruf
von Geoff Dorso. »Ich hab’ meinen Anrufbeantworter im Büro
abgehört und Ihre Botschaft erhalten«, sagte er. »Ich fahre heute
nachmittag nach Trenton, um Skip zu besuchen. Können Sie es
einrichten, mitzukommen?« Er erklärte, sie müßten bis um
Viertel vor zwei im Gefängnis sein, um sich für die Besuchszeit
um drei Uhr einzutragen.
Bevor sie sich versah, hörte Kerry sich sagen: »Das kann ich
mir bestimmt einrichten. Ich muß noch was für Robin
arrangieren, aber ich werde Sie dann dort treffen.«
Zwei Stunden später waren Kerry und eine ungeduldige
Robin in Livingston,
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